AW: Metastasen vom Glioblastom
Liebe Anita,
ja, du sprichst mir aus dem Herzen. Genauso fühle ich mich.
Das mit der Angst kommt jedoch immer stärker. Bisher hatten wir immer noch Hoffnung, auch wenn wir wußten, dass die Zeit die uns gemeinsam bleibt, begrenzt ist. Nun befürchte ich, dass das was ich von mir geschoben habe immer näher rückt. Ich kann mich dem einfach nicht stellen.
Zum Luftholen fehlt mir irgendwie die Zeit. Wenn ich dann mal nichts zu tun habe, kreisen die Gedanken nur noch schlimmer, also baggere ich mich mit Arbeit zu.
Heute habe ich zumindest den Schritt gewagt, meiner Chefin reinen Wein einzuschenken und sie auf meine persönliche Situation aufmerksam zu machen. Sie war natürlich geschockt, doch ich glaube weniger von der menschlichen Seite sondern mehr weil sie Panik kriegt, wenn ich ausfalle. Doch das ist mir ziemlich egal.
Ich habe eine ganz liebe Freundin, mit der kann ich auch ganz offen reden, doch leider finden wir viel zu selten die Zeit um miteinander zu quatschen. Sie ist voll berufstätig und wenn Sie nach Hause kommt, erwarten Mann und zwei fast erwachsene Söhne, dass daheim alles gerichtet ist. Die reißt sich für ihre Family den Hintern auf und kommt auch zu nichts. Sie schafft es einfach nicht, etwas daran zu ändern. So bleibt für uns wenig Zeit.
Manchmal denke ich wirklich, ich schaff es nicht mehr. Doch ich muss durchhalten, für meinen Mann und für meine Kinder.
Immer wieder sagen Menschen zu mir, sie bewundern meine Stärke. Die haben überhaupt keine Ahnung. Ich bin gar nicht stark, im Gegenteil ich muss nur die Starke spielen. Diese Riesenverantwortung erdrückt mich total. Also denke ich lieber gar nicht drüber nach und tue, was zu tun ist, fertig. Die Angst vor der Zukunft zermürbt mich mehr und mehr. Ich habe auch Angst, dass diese andauernde seelische Belastung mich eines Tages selbst von den Füßen holt. Wer ist dann für meine Kinder da. Und wer für mich?
Ohwei, ich höre lieber auf, sonst krieg ich gleich noch das große heulen. Ich bin einfach eine arme Socke. Irgendwie gehts schon weiter. Es hat mich aber sehr gefreut, dass du so liebe Worte an mich gerichtet hast.
Hier im Forum kann man mit wildfremden Menschen über seine Ängste sprechen und das tut gut. Warum fragt das nächste Umfeld nicht mal nach einem? Das ist doch echt schade. Ich bin bestimmt ein positiver Mensch, doch die Erfahrungen in meinem Leben haben mir schon viele menschliche Enttäuschungen bereitet und das tut weh. So bin ich froh, dass ich hier so nette Menschen finde, die ihr Herz und ihre Ohren öffnen. Danke dafür.
Was machst du hier, bist du betroffen oder Angehörige?
Erzähl mir doch von dir. Ich würde mich freuen.
Herzliche Grüße, Benita
|