Thema: Gedicht
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Alt 17.06.2003, 19:41
Gast
 
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Standard Gedicht

heute mal eine Geschichte von mir hier. Hab ich mal irgendwo im Netz gefunden:

Vom Segen der Last

Jeder von uns kann so sein Lied singen von täglicher Mühsal, von manchmal unerträglicher Belastung. Solche Klagen sind berechtigt, und doch ist nicht zu übersehen, daß ein Leben ohne jegliche Last und Belastung sich gar nicht voll entfalten könnte, ja , es regelrecht verkümmern würde, weil, wie jeder Muskel im menschlichen Körper, auch Herz und Seele nur im Rhythmus von Anspannung und Entspannung gesund bleiben.
Das ist schon seltsam: was wir eigentlich spontan lieber vermeiden oder abzuschütteln wünschen, - das brauchen wir auch geradezu von Natur aus: Gefordert und belastet zu werden. Ein afrikanisches Märchen beschreibt dies in sehr tiefsinniger Weise:
"Durch eine Oase ging ein finsterer Mann: Ben Sadok. Er war so gallig in seinem Charakter , daß er nichts Gesundes und Schönes sehen konnte, ohne es zu verderben. Am Rande der Oase stand ein junger Palmenbaum in bestem Wachstum. Der stach dem finsteren Araber in die Augen. Da nahm er einen schweren Stein und legte ihn der jungen Palme mitten in die Krone. Mit einem bösen Lachen ging er nach dieser Heldentat weiter. Die junge Palme schüttelte und bog sich und versuchte, die Last abzuschütteln. Vergebens. Zu fest saß der Stein in ihrer Krone. Da krallte sich der junge Baum tiefer in den Boden und stemmte sich gegen die steinerne Last. Er senkte seine Wurzeln so tief, daß sie die verborgene Wasserader der Oase erreichten, und stemmte den Stein so hoch, daß die Krone über jeden Schatten hinausreichte. Wasser aus der Tiefe und Sonnenglut aus der Höhe machten eine königliche Palme aus dem jungen Baum.
Nach Jahren kam Ben Sadok wieder, um sich - wie er meinte - an dem Krüppelbaum zu erfreuen. Er suchte vergebens. Da senkte die stolze Palme ihre Krone, zeigte den Stein und sagte. "Ben Sadok, ich muß Dir danken; Deine Last hat mich stark gemacht."
Wer von uns könnte nicht auch auf Phasen seines Lebens zurückblickend im Nachhinein in diesen Dank einstimmen! Im Augenblick der Prüfung freilich waren wir kaum auf Danken eingestimmt. Erst später sehen und spüren wir die Frucht und die Ernte solcher Belastungen. Ein berühmter Künstler sagte einmal, er sei nicht so sehr jenen Menschen dankbar, die Beifall geklatscht hätten, sondern eher jenen, die sich seiner Karriere in den Weg gestellt hätten. Und wer junge Menschen erziehen und ausbilden will, weiß, daß man sich mit dem jeweils Erreichten nicht vorschnell zufrieden geben darf, will man ein Mehr an Fähigkeiten herauslocken. Man muß den Menschen immer wieder zum Wagnis ermutigen, sich Bewährungsproben auszusetzen, um ihn auch zum Ertragen von Leiden und Lasten zuzurüsten.
Allerdings bedarf es dazu zweier Voraussetzungen: so muß, wer sich einem Hochmaß an Belastung aussetzen will, andererseits unnötigen Ballast abwerfen. Kein Sportler kann ohne Einschränkung und Verzicht auf mancherlei Annehmlichkeiten Höchstleistungen erbringen. So muß im Menschen die Gabe der Unterscheidung wachsen: was brauche ich, was brauche ich nicht?
Und zum anderen sollte unter uns allen das Wort des heiligen Paulus gelten: "Einer trage des anderen Last": Das heißt nicht, daß wir uns unsere Lasten gegenseitig abnehmen könnten - aber, daß wir mit-tragen können, selbst im Äußersten wir "zur Seite" stehen können. Das ist eine beglückende Einsicht wie sie uns Jesu Wort und Leben zu vermitteln vermag, aus der sich unser Leben nährt, wie von dem Brot, das wir miteinander teilen. Unser Lebensweg kennt Verluste, die heimlich zu Gewinnen werden, Lasten, die plötzlich als Gnade erfahren werden. Schon die Dombaumeister des Mittelalters kannten das Geheimnis: Festigt man nicht auch ein hohes Gewölbe dadurch, daß man einen besonders schweren Stein als Schlußstein aufsetzt? Wie sehr litt ein Paulus unter seiner Krankheit, seiner menschlichen Schwäche, den Anforderungen seiner Arbeit und den ständigen Querelen, den Anfeindungen, Verfolgungen! Und welche Erkenntnis ließ ihn des Nachts aufatmen? "Gottes Kraft kommt in meiner Schwachheit zur Vollendung". Und selbst Nietzsche -kaum unter die Gläubigen zu zählen-, aber ein Lebens- und Seelenerfahrener wie kaum ein anderer, kennt die Belastbarkeit des Menschen, solange ihm der Sinn seines Lebens und Handelns nicht verschüttet wird: "Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie".
Die junge Palme verzweifelte nicht, sondern "bäumte" sich auf und stemmte sich mit all ihrer Energie gegen ihr scheinbares Schicksal - und veränderte es. Das ist eine Antwort auf die dunklen Horizonte unseres Lebens. Unser Leben ist in Gottes Hand. Die Gesetze und Vorlagen Seiner Natur und Schöpfung und unseres Lebens sollen uns zum Heil gereichen. Und: die "Herausforderung" durch die "Hürden" unseres Lebenslaufes ist noch immer das beste Heilmittel gegen Langeweile, Lebensüberschuß, Pessimismus, und Depression. Kein Mensch kann verzweifeln, solange er noch "etwas zu tun" hat. So sagte es schon der hl. Benedikt vor 1500 Jahren einem von Depressionen heimgesuchten Mönch. "Geh wieder an die Arbeit und sei nicht traurig!"
So getröstet möchte uns auch der heutige Festtag in den Alltag entlassen, in die Straßen, Häuser, Betriebe, Behörden und Kirchen unserer Stadt, in deren Mitte wir heute feiern und den Segen Gottes mitnehmen, den wir heute am Ende dieses Gottesdienstes feierlich spenden werden in unser Leben und Arbeiten, in die Familien und an den Arbeitsplatz und nehmen diesen Gedanken mit nach Hause: "Geh wieder an die Arbeit und sei nicht traurig."

Drückt mir bitte alle die Daumen für meine Prüfung am Freitag und am 26./27.06., hab schon Bammel davor.

Liebe Grüße
Marlies(Maryjoe)