AW: Chemo wirkt nicht
Ihr Lieben,
für euren Beistand danke ich euch von Herzen.
Ihr wisst und habt es sicher selbst schon erlebt, wie hilfreich die Unterstützung von vielen ausgestreckten Händen und vielen mitfühlenden Seelen sein kann, auch virtuell.
Mir hat das sehr viel bedeutet und es hat mich sehr getröstet.
Ich kam zu dieser Trauer, zu diesem Tief, als ich zwei BH's anschaute, die ich meiner Schwester gerade gekauft hatte. Einen schönen cremfarbenen mit blauer Paspel und einen rosafarbenen Spitzen-BH. Ich wusste, so etwas wird sie nicht mehr tragen können, sondern BH's mit Prothese aus dem Sanitätshaus. Nun ist das ja wirklich der allernebensächlichste Aspekt des Ganzen, und trotzdem: es wirkte als Auslöser an diesem Tag und als i-Tüpfelchen auf die Nachricht "Ablatio".
Mir geht es wieder besser nach eurer Anteilnahme und eurem Trost und euren klugen Anregungen, und auch der Hauptbetroffenen, nämlich Siegrid, geht es gut. Sie wartet ganz gefasst auf den Tag der Operation.
Es ist sehr beruhigend, finde ich, zu hören und zu wissen, dass es Frauen gibt, die das gleiche und ähnliches erlebt haben wie Siegrid momentan. Und auch bei ihnen hat es einen Ausweg gegeben, eine andere Therapieform ...
Und da kommt dann ja auch wieder das Thema "Angst" ins Spiel, das bei mir so deutlich sichtbar wurde und das ihr aufgegriffen habt.
Ich glaube, dass sich für mich als Strategie gegen die Angst am besten dieses Konzept eignet: ich möchte in meine Überlegungen einbeziehen, dass Siegrid an diesem Krebs sterben kann. Das heißt, ich möchte es nicht in meine Überlegungen einbeziehen, denn als Kopfgedanke ist es ja sowieso schon da. Ich möchte es als Möglichkeit in mein Herz einlassen und mich vertraut machen mit dem Allerschlimmsten. Sonst stürze ich bei jeder neuen Untersuchung, bei jedem zu Ende gegangenen Hoffnungsweg (wie jetzt dieser Chemotherapie) in ein neues Angstloch.
Aber in allererster Linie möchte ich mich dem Leben zuwenden, dem Leben, das noch vor ihr liegt, und dem Leben mit ihr. Ich möchte nicht die Hoffnung und das Vertrauen verlieren in die Kunst der Ärzte und in die Fähigkeiten von Siegrids Seele, selbst auch an ihrer Heilung mitzuwirken.
Letztlich möchte ich es lernen, jeden Moment und jeden Tag als Geschenk anzunehmen und mir bewusst zu machen, dass er uns die Möglichkeiten bietet, einander Liebe zu geben und voneinander Liebe zu empfangen.
Eine Unterstützung ist mir auch mein Glauben. Auf diesem Weg mit Siegrid fühle ich mich von unser aller Vater begleitet.
Und last but not least habe ich zu spüren bekommen, dass ich hier sehr viel Hilfe und Unterstützung habe und diese euch ebenfalls geben möchte.
Herzlichst
Reinhild
Ann, ich fühle mit dir in der Trauer um deine Schwester, und ich umarme dich.
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Tag des Heils - heute!
Zeit der Gnade - jetzt!
Geändert von Marienkäfer1346 (02.11.2007 um 15:56 Uhr)
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