Wünsche für Michi
Liebe Michi
Nach einer Sturmnacht in den Bergen bin ich wohlbehütet und gefestigt wieder im Tal unten angekommen.
Ich habe da oben auf 2300 m schon so etwas wie Todesangst gespürt, als ich merkte, dass ich es nicht mehr ins Tal schaffe an dem Abend sondern unfreiwillig in einem Stall ausharren muss, in dem aber keine Tiere waren - nur Gespenster, die sich durch Knarren und Rascheln und Türenschlagen nur allzu häufig bemerkbar machten.
Blitz und Donner sowie stürmischer Wind und peitschender Regen, das anschwellende Tosen des nahen Bergbaches, das alles ergab eine Kulisse, die schon Angst schürte.
Am Morgen aber ging das Zittern der Nacht leise vorüber mit dem prächtigen Morgenrot, mit den ersten Vögeln, die ich singen hörte, mit der ersten Hummel, die in den Stall geflogen kam, mit dem ersten Pfeifen eines Murmeltiers und der Antwort eines Ziegenbockes.
Ich trat hinaus aus dem Stall, sah zwei junge Arven, die dem Sturm nicht standgehalten hatten, sah die Dreckpfützen vor der Hütte und trat an den Brunnen, von dem sich wie ein bunter aufsteigender Regen sicher 50 Schmetterlinge jubelnd in die Lüfte erhoben.
Aus dieser Sturmnacht mit ihren ausgestandenen Ängsten ist für mich das Vertrauen in die Zukunft gewachsen, für die bevorstehende Therapie, überhaupt für das Leben. Ich denke, dass ich behütet bin von irgendetwas, das auf mich acht gibt, egal in welcher Lage.
Vielleicht ist dieses Gefühl, das ich nun in mir habe, jenem ähnlich, das Du fühlst, wenn Du sagst, dass Du Frieden geschlossen hast.
Gleich ist es Zeit für unsern Strahlenhimmel voller Gedanken an Dich.
Liebe Grüsse
Ladina
PS: Bitte schreib mal wieder, wie es Dir geht.Alles, alles Liebe
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