AW: Stammtisch
Hallo zusammen,
bei diesem schönen Sonnenschein hat es mich recht früh sehr lange auf die Felder gezogen. Musik im Ohr, Rosenstolz – Herz. Mein Lied, Willkommen in unserer Welt. Viele Gedanken, Erinnerungen, Päckchen kamen angehuscht, aber es kam keine Wut mit dazu. Verwunderung, daß ich kein Blatt mehr im Wind sein möchte. Die Erkenntnis, daß ich wieder wissen möchte, was ich denn nun möchte. Ich kam heute nicht dahinter – vielleicht ein anderes Mal? Vielleicht doch noch ein bißchen ein Blatt im Wind?
Ja Annett, das Buch „Himmelblau und rabenschwarz“ ist wunderschön und es endet mit den Worten „es ist okay“. Ist es das? Manchmal vielleicht, manchmal auch nicht. Und nun, jetzt, nach der letzten Seite würde ich mir ein Buch wünschen, welches von dem 2. und 3. und vielleicht auch von dem 5. und 10. Jahr von diesem verflixten Leben erzählt. Ja, Erinnerungen kommen angehuscht, von vor der Krankheit. Ich wußte nicht, wie sehr mir diese Bilder fehlten. Mein Jürgen, scheinbar gesund und dieses unglaublich stille Lachen. Sein Blick, das Zwinkern, er. Kein Fotoalbum kann mir diese Bilder geben, diese Bilder habe ich ganz tief in meinem Herzen, leider nicht auf Papier.
In letzter Zeit träume ich sehr viel und es kommen doch ab und zu komische Dinge darin vor. Wortfetzen, er war nicht willkommen – wie geht so etwas? Nicht willkommen? Er? Bei einem Freund der anscheinend die größte Herzensgüte hatte? Nun, ich dirfte ab, ins hier und heute – und das gehört ganz sicher nicht hierher. Und dennoch werde ich in meinem ganzen Leben nicht verstehen, warum man eine Tür mit solcher Wucht zuknallt, daß ein wieder öffnen fast unmöglich ist.
Nach dem Film dachte ich, ich würde schreiben ohne Unterlaß, all die queren Gedanken, all die „komischen“ Gefühle die dieser Film in mir wach rufte auf Papier bringe, sortiere und verschnürre. Ich habe es nicht gemacht, es grummelt in mir ohne Unterlaß, im gestern, im heute.
Ein Wochenende unvergleichbar und ich bin sehr dankbar dafür. Für das nicht alleine sein nach dem Film, für den Arm, den Abend/Nacht, die Küche und das „ich und ich“ Konzert am nächsten Tag. Schwierig das in Worte zu fassen. Grummelt es in mir seit diesem Wochenende? Kommt mir deshalb alles irgendwie so schwierig vor. Ich bin jetzt, nach dem Kochen mit dem Weinglas, wütend und grummle vor mich hin, verdammt noch mal. Nein, das Wochenende war ich pur, eingetlich wie immer wenn ich bei Euch bin, ohne Maske, konnte endlich weinen über etwas was ich überhaupt nicht verstehen kann.
Ich habe meinen Mann verloren, wurde mit 40 Jahren Witwe. Und dabei habe ich mich gefreut, daß er meinen 40. Geburtstag noch erlebte, meinen 40., nicht nur seinen…
Kommt, lasst uns ein Yammas in den Himmel schicken bevor ich morgen wieder vernünftig bin..
Bruni
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