hallo,
meine mutter (68), zu der ich immer schon ein sehr angespanntes verhältnis hatte, weiß seit etwa zwei wochen von ihrem kleinzelligen lungenkrebs mit metastasen in den lymphen.
erst wußt ich nicht so recht wo meine gefühle hingehen, sogar erleichterung war mit im spielt. doch dann kam eine ganz tiefe traurigkeit. in diesen beiden wochen sind wir uns sehr nahe gekommen. waren wir wohl schon immer, nur nach spätestens einen halben tag waren gegenseitige verletzungen da und ein zusammensein anstrengend bis unmöglich.
sie wird ihren krebs sicher nicht überleben, da sie seit 4 jahren sklerodermie und lungenfibrose hat. das ist eine recht grausame erkrankung bei der das lungengewebe versteinert und nach und nach alle organe durch mangelnde sauerstoffversorgung in mitleidenschaft gezogen werden. mittlerweile sieht sie in ihrem lungenkrebs sogar eine art erlösung - auf keinen fall wollte sie erblinden oder sehr langsam bewegungsunfähig und schmerzvoll sterben.
natürlich hatte meine mutter auch vor dieser diagnose schon eine lebensbedrohliche, nicht heilbare krankheit, aber sie hat sich wacker geschlagen und ihr leben lief mit der zeit einfach nur langsamer. außerdem sieht sie sehr gut aus, man sieht ihr ihre krankheit nur bedingt an.
wir (die Familie, mein Vater und meine jüngere Schwester) haben uns mit ihrem tod nicht auseinandergesetzt. ihr rapider gewichtsverlust, ihr körperlicher verfall, ist sehr schmerzlich mitanzusehen.
viel mehr noch steht für uns die frage im raum - was nun? sie ist und war immer sehr bestimmend, die zügel der familie fest in der hand haltend, die nachgebende als auch die finanzministerin - und sie will nun auch nicht mehr. irgendwie unfassbar, mal kein netz mit doppeltem boden mehr zu haben, auch wenn es so viel kraft gekostet hat, sich gegen ihre bevormundung zu wehren.
nun sind wir gezwungen erwachsen zu werden, auch mein vater mit seinen 73 jahren.
meine familie ist chaotisch, weit entfernt von klaren wirklich sinnvollen verhaltensweisen, jeder läuft emotional in eine andere richtung, jetzt in dieser zeit spührt man aber den starken zusammenhalt. Wir sind bereit, den für sie besten weg zu suchen/umzusetzten und dabei vorallem ihre wünsche zu respektieren/erfüllen. erstmal haben wir uns jetzt ein ziel gesetzt und wollen zu ostern noch einmal eine kurze reise nach holland (alle zusammen) unternehmen. es ist schön zu sehen, dass meine mutter neuen mut hat und sich auf diese reise freut.
jetzt möchte sie auch die erste chemo mitmachen damit wir danach fahren können.
gerade jetzt wo sich unsere beziehung entspannt, wird sie bald gehen.
vielleicht ist es ja gerade diese hassliebe die mich jetzt so in die tastaur heulen lässt

. es scheint, als könnten wir in frieden auseinandergehen, nur wäre es schön diesen frieden noch ein wenig genießen zu können.
danke fürs lesen
birgit