[Pflegefrau]

Liebe Stella,

auch ich möchte Dich ein wenig trösten. Nach der Erledigung der ganzen Formalitäten, nach der Beerdigung, dann kommt der Schmerz erst recht. Da ist mehr Zeit, an den lieben Verstorbenen zu denken und nun beginnt die Trauer sehr, sehr weh zu tun. Aber für mich ist das Grab meiner Tochter der Ort, wo ich ihr ganz, ganz nahe bin. Ich spreche mit ihr, fühle mich befreiter und verstanden, kann erleichterter nach Hause fahren und bin fürs erste ein wenig gelöster.
Jeder verarbeitet seine Trauer für sich, aber es tut so gut, nette Menschen um sich zu haben, die einem etwas Kraft geben. Ich habe sehr viele davon, und diese Menschen wünsche ich Dir auch so sehr.
Für mich ist das Wichtigste, dass meine Tochter nun keine Schmerzen mehr ertragen muß und ich sie gut aufgehoben weiß bei all den Sternenkindern. Durch all die trauernden Mütter fühle ich mich mitgetragen, denn auch sie haben das Gleiche erleben müssen, das Liebste herzugeben was eine Mutter besitzt -ihr Kind-!
Ich habe meine Mutter vor über 30 Jahren verloren, war damals 22 Jahre. Ich habe auch sehr, sehr lange getrauert, tue es auch heute noch, aber ganz anders. Meine Gedanken heute sind voller Liebe an meine Mutter, ich bin dankbar sie gehabt zu haben, und ich hätte ihr kein Leben im Rollstuhl gewünscht. Somit ist ihr ein qualvolles Leben erspart geblieben, und dafür bin ich Gott dankbar. Nur Gott weiß, warum es so sein sollte! Auf unsere Fragen -wieso und warum- werden wir nie eine Antwort bekommen, aber ich konnte sie mir schon oft nach vielen Überlegungen selber geben. Und dann ist es gut gewesen so wie es gekommen ist.
Liebe Stella, ich wünsche Dir in den dunklen Tagen, die nun vor Dir liegen, ganz viel Kraft, Geduld und Zufriedenheit.

Sei gedrückt von
Hedwig