AW: Adenokarzinom inoperabel
Liebe Christel,
da kann ich ja gleich wieder Aufmunterndes vermelden, um Deine Stimmung vielleicht wieder etwas zu erhellen:
Wir sind gestern aus Madrid wieder gekommen und es war einfach toll. Ich habe alles supergut überstanden; sowohl das Fliegen war unproblematisch als auch vier ziemlich vollgepackte Tage. Auch ich war vorher überhaupt nicht auf die Idee gekommen, daß das Fliegen Probleme bereiten könnte. Wir haben die drei wichtigsten Museen besucht (Prado, Reina Sofia und Thyssen), haben mittags in der Sonne (!) draussen (!) gesessen und das Madrider Leben genossen und sind abends von Tapa-Kneipe zu Tapa-Kneipe gezogen. Also das ganz normale Leben, das uns ja so oft mal zwischendurch verloren geht. Und weisst Du was: ich habe über lange Strecken den Adeno einfach vergessen, ist das nicht toll ??
Morgen bekomme ich wieder mein Avastin und habe dann in den ca zwei Tagen, an denen ich müde bin, was Tolles, an das ich denken kann, um diese zwei Tage zu überbrücken.
Michaela: ich nehme an, Du stimmst mir zu, was den ausgesprochen aufbauenden Charakter von Reisen, bzw. vom Unterwegssein an sich angeht und hast in diesem Sinne auch gerade schöne Tage irgendwo weit weg von der onkologischen Praxis.
Was Deinen Haarverlust betrifft, so kann ich Dein Entsetzen voll nachvollziehen - mich traf es dann auch zu Beginn der Carboplatin/Taxol/Avastin-Nummer. Die Verzweiflung kann man wohl auch niemandem so richtig beschreiben, wenn man plötzlich ohne ein einziges Haar vor dem Spiegel steht. Ich hatte mir glücklicherweise rechtzeitig eine sehr gute Perücke machen lassen. Die ist (fast) nicht erkennbar und sitzt so gut, dass ich sie schon mal vergesse. Aber jetzt kommt`s: die Haare fingen bereits während der Dreier-Kombination wieder an zu spriessen und jetzt ist schon wieder Hoffnung in Sicht, daß ich in vielleicht zwei Monaten wieder ohne Kopfbedeckung rumlaufen kann. Also Kopf hoch, man bzw. frau erträgt es nach dem Anfangsschock recht gut.
Als ein wenig mühsam empfinde ich auch die Klimmzüge, die ich mache, damit mein Schatz mich nicht ohne Haare sieht (wir haben ein gemeinsames Schlafzimmer und das wollen wir Beide auch eigentlich so beibehalten - das abendliche Einkuscheln ist schon ein wichtiger Wohlfühlfaktor. So gibt es also je nach Tageszeit Perücken, Mützen, Schlafkappen, Tücher etc. und nur ganz manchmal, so zwischen 2 und 5 Uhr nachts, wenn es gaaaanz dunkel ist, liege ich mal mit bloßem Haupt im Bett.
So, ich hoffe, daß ich Dir trotz aller Malässen ein paar positive Dinge vermitteln konnte und der/dem einen oder anderen Leser hier auch.
Wolf: toll, daß Du wieder da und offenbar auf dem aufsteigenden Ast bist !
Euch allen noch einen schönen Sonntag und eine gute, ergebnispositive und nebenwirkungsarme neue Woche !
Liebe Grüsse, Gabi
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