Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 14.05.2008, 07:57
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.493
Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Ein liebes "Gutenmorgenhallo" an alle hier.

Wenn ihr bloß wüßtet, wieviel (manchmal sarkastischen) Humor ihr hier alle an den Tag legt, wieviel Kampfgeist und auch wieviel Ehrlichkeit... mich haut das manches Mal so sehr um. Und ich finde, genau das ist Leben. Mit allen Tiefen. Mit allen Höhen. Ich fand den Beitrag von Gitta in vieler Sicht gut. Tiefs hat es vorher bestimmt auch gegeben, sie waren aber nicht so dominant - und ein Streit mit der Tochter nicht so schlimm. Meine Mama hat mir letztes Jahr Ostern gesagt, dass sie eine neue Familie hat. Sie hat gesagt, dass es ihr zuviel sei dass meine Oma und ich fast jeden Sonntag da sind. Ich habe mich sofort zurück gezogen. Meine Mutter auch. Einen Monat später kam die Diagnose, wir sehen uns mit ganz wenigen Ausnahmen jeden Tag. Wir hatten auch schon 1,5 Jahre gänzlich ohne Kontakt, so sehr hatten wir uns gestritten.

Heute würden weder sie noch ich einen solchen Streit riskieren. Bitter wäre es, wenn sich das nicht abwenden ließe. Es ist eben genauso. Eine Faust in der Tasche fällt leichter als zuvor und ein Streit wiegt viel schwerer als zuvor. Man geht ruhiger, besonnener miteinander um. Auf einmal kann ich Launen ertragen - Junge junge, da hätte man früher nicht mehr als einen Kondensstreifen am Horizont von mir sehen können.

Genauso, wie es oft gefallen ist, sehe ich es auch. Man ist sich plötzlich der "Vergänglichkeit" bewusst. Einfach alles ist viel, viel bewusster. Man entdeckt auf einmal viel mehr, dass das Gefühl der Liebe eben doch viel toleranter sein kann als man es bisher gelebt hat.

Es ist einfach alles sehr viel tiefer und ich bin froh um die Chance, jetzt seit einem Jahr so für meine Mutter da sein zu können. Auch wenn es manchmal Druck macht wenn ich später komme und sie anruft, es ist trotzdem ein schönes Gefühl da sein zu können.

Liebe Ute, das hier über das Thema Tod gesprochen wird heißt für mich nicht, dass ich kapituliert habe oder meine Mutter aufgegeben habe - ganz und gar nicht. Aber es symbolisiert für mich eben die Angst, die Angehörige und Betroffene in gleichem Maß beschäftigt. Den einen, weil er zurück lassen muss, den anderen weil er gehen lassen muss.

Und auf einmal weiß man, dass das Leben nicht unendlich ist.

Liebe Östel, klar ist Glitzerteil und Trauung nicht das gleiche. Aber der Hintergrund. Wozu knausern udn warten, für andere Zeiten aufheben? Das Leben findet jetzt statt. Und wenn doch jemand ein paar Dinge verdient hat, die ein bißchen mehr Strahlen lassen, dann doch Menschen wie ihr, die 24 Stunden täglich damit umgehen müssen.

Ich möchte meine Mutter am liebsten auch immer glücklich sehen. Aber inzwischen habe ich gelernt, auch traurige, wütende und frustrierte Phasen anzunehmen. Das zwanghafte "Hochholenwollen" hat dem Verständnis Platz gemacht. Und meist schafft sie es ganz alleine aus Ihrem Loch. So seid ihr alle - und ich bewundere Euch dafür.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens

Geändert von Bianca-Alexandra (14.05.2008 um 08:04 Uhr)
Mit Zitat antworten