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Alt 14.05.2008, 16:04
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Betroffene, liebe Angehörige,
auch auf die Gefahr hin, mich jetzt unbeliebt zu machen, schreibe ich hier, ermuntert durch eine liebe Mitgenossin, doch einige Zeilen:
Als erstes möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Ausgangsbasis natürlich die ist, dass man als "Nur-Angehöriger" niemals wissen kann, wie der Betroffene selber sich tatsächlich fühlt und wie dessen Gedanken sind.
Zweitens, um das leidige Thema Statistik abzuschließen: Laut Statistik habe ich 1,5 Kinder, esse zwei Eis am Tag, trinke 2 Tasen Kaffee, usw. usw. Ich habe aber 2 Kinder, esse manchmal kein Eis am Tag, manchmal auch mal drei und Kaffee trinke ich mindestens acht Tassen am Tag (ja ich weiß, ist ungesund). Soviel zum Wertgehalt von Statistiken.
Ich finde es gut, dass Bibi diesen Thread eröffnet hat. Ich denke auch nicht, dass er zu dem Angehörigenforum umgeleitet werden soll. Ich bin gerade deswegen nicht bei den Angehörigen, weil ich gerade von den Betroffenen Erkenntnisse über ihr Denken, Handeln, ihre Ängste, ihre Sicht, usw. erhalten will, genauso wie von den Angehörigen. Natürlich können sich die Betroffen bei manchen Themen (wie z. B. das Empfinden bei manchen Behandlungsarten, Chemos, Nebenwirkungen, usw.) besser austauschen, weil sie das gleiche durchmachen. Aber bei anderen Themen, dem täglichen Miteinander, dem gemeinsamen Durchleiden, usw., denke ich doch, dass es dem einen oder anderen Betroffenen auch wichtig ist, darüber von den Angehörigen zu lesen. Wozu man natürlich auch erwähnen muss, dass jeder Mensch anders ist, andere Sichtweisen hat. Jeder geht mit der Krankheit anders um. Als Beispiel: Christel möchte alleine zu den Chemos, einem anderen ist wiederum nicht vorstellbar, bei der Chemo alleine zu sein. Beides ist richtig, weil eben individuell. Ich denke auch, dass es viele Faktoren zu bedenken gibt, beim Umgang zwischen Betroffenen und Angehörigen. Z. B. das Verhältnis zueinander: Mutter und Kind, Ehepartner, Freunde, usw. Wie war das Verhältnis vorher? Wie hat es sich geändert? Wie ist die häusliche Situation? Sogar finanzielle Aspekte muss man teilweise bedenken. Es gibt so viel, was eine Rolle mitspielt. Trotzdem sitzen wir, sowohl die Betroffen wie auch die Angehörigen in einem Boot. Um auf meinen Eingangssatz zurückzukommen, ist es natürlich so, dass die Betroffenen auf der gefährlicheren Seite des Bootes sitzen. Das ist uns Angehörigen schon klar. Aber wir rudern kräftig mit. Vielleicht so sehr, dass vor lauter Mitrudern das Boot manchmal etwas mehr schaukelt. Aber wir tun es nur, weil wir helfen wollen, weil wir alles richtig machen möchten. Auch wir Angehörige haben Angstmonster, und nicht zu knapp. Andere vielleicht, aber wir haben sie. Täglich, stündlich, minütlich. Was macht man richtig, was macht man falsch, usw. Wie kann man unterstützen? Welche neuen Therapien gibt es, welche Studien? Wo und wann? Ist das richtig oder doch eher das? Habe ich was falsches gesagt? Habe ich mit meinen unbedachten Worten verletzt, obwohl ich es gar nicht wollte? In meinem Kopf ist ein Bienenschwarm, ständige Gedanken, Tag und Nacht. Die Gedanken kreisen nur noch um dieses Thema. Und obwohl einem völlig klar ist, dass man nur "Angehöriger" ist, verletzt es, wenn man dann hört, Du bist ja nicht Betroffener und kannst Dich nicht reinversetzen.
Ich hoffe, Ihr versteht, was ich meine, ohne dass ich jetzt einen seitenlangen Roman schreibe. Irgendwie meine ich einfach nur, dass der Angehörige auch Betroffener ist und der Betroffene wiederum Angehöriger. Wieder auf den Ausgangssatz verweisend: Der Betroffene natürlich in einer anderen Art.
Ich hoffe, dass ich niemanden mit meinem Statement verletzt habe. Wenn doch, bitte ich jetzt schon recht herzlich um Entschuldigung und hoffe, hier auch weiterhin in Eurer Gunst zu sein.
Herzliche Grüße an alle Betroffenen und Angehörige
Mapa
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