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Alt 04.06.2008, 12:59
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Registriert seit: 09.04.2008
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Bibi,

ich freue mich für Euch und so gut, wie es ihr jetzt geht soll es auch bleiben.

Du hast irgendwann mal geschrieben (war erst vergangene Tage in einem Thread), dass man natürlich irgendwo immer versucht die positiven Verläufe von hier, auch auf den eigenen Angehörigen zu projezieren (sinngemäß etwa) und ich hoffe auch für meine Mama, dass sie mit der Chemo und überhaupt mit der Erkrankung eine lange Zeit mit guter Lebensqualität hat. Deine Mama macht mir in der Hinsicht immer viel Mut und gibt mir Hoffnung.

Meine Mutter ist heute wieder zur Chemo (4/6) und ich habe schon ein wenig Muffe, weil sie in den letzten Tagen wieder stärker gehustet hat. Jetzt warte ich gespannt auf ihren Anruf und ich hoffe, dass das vor der Chemo angefertigte Röntgenbild nur Gutes hergibt *daumendrück*. Sie bekommt auch Cisplatin + Etoposid ...aber frag mich nicht nach den Einheiten..da hüllt sie sich in Schweigen bzw. sie fragt selber gar nicht nach. Meine Mutter hält z. Zt. immer noch diesen perfekt entfalteten Verdrängungsmechanismus in Gang und lebt nach dem Motto:"Was nützt es wenn ich´s weiß, ändert auch nix dran". Wenn´s ihr gut geht, fahr ich heute nachmittag für´n Stündchen rum. Der Große hat Musikschule und dann hab ich immer Leerlauf zwischen Hinbringen u. Abholen.


Das mit dem Händewaschen beherzige ich auch. Meine Mutter rennt auch permanent mit irgendwelchen Sagrotan-Tüchern durch die Gegend und Mundschutz u. dergleichen liegen ebenfalls parat.

Zitat:
Und dann sitze ich zuhause. Mir ist zum Heulen, aber irgendwie geht es nicht. So schnell klappt das wohl nicht mit dem Umschalten zwischen Beherrschung und gehen lassen. Und dann frage ich mich, Wie geht es mir eigentlich?

Wie geht es Euch?
Das ist ständiges Bungee-Jumping der Seele bei mir. Ich bin zwischen Verzweiflung, Hoffnung, Schwarzsehen, Mutmachen, Auffagen und Aufgefangenwerden. Es gibt Tage da würd ich am liebsten nur schlafen...nichts hören, nichts sehen und vor allem nichts fühlen müssen 24 h durch. Dann gibt es Bruchteile von Sekunden, ein Lächeln, ein Zuspruch, ein gutes Ergebnis der Blutwerte die machen so viel wieder gut. Ausgepowert fühl ich mich...seelisch. Dann reiß ich mich am Riemen und bin wieder, nach außen hin, auf voller Höhe da und funktioniere. Ist halt meine Mama - nicht mehr - nicht weniger - sondern alles für mich. Aber ich bin ja auch Mama und dann verkneif ich mir so viel, weil ich weiß, dass ich Verantwortung für die kleinen Scheisser hab, und die wiederum traurig wären, wenn ich zu traurig wäre.

Du schreibst, Du hast das Gefühl Du bist ihr Seelenklo. Das sei Deine wichtigste Aufgabe. Hmm...Du bist ihr das, was ihr am engsten vertraut ist - ein Teil von ihr halt (ich weiß, dass Du das selber weißt). Diese Offenheit und Verbundenheit hat nicht jeder Bibi und ich kenne viele Menschen, die mit ihren Eltern bei weitem kein so enges Verhältnis haben und auch nie haben werden. Nur der Umstand, durch den dieses enge Miteinander zwischen Dir u. Deiner Mama ans Tageslicht tritt, ist besch.... aber ansonsten könnt ihr stolz auf Euer Miteinander sein. Du hast mal geschrieben, dass Deine Mama manchmal "die Auster" ist, die verschlossen ist. Umgekehrt sind wir doch auch so und geben uns stärker als wir sind. Vielleicht wartet Deine Mama manchmal auch darauf, dass Du mit ihr gemeinsam traurig sein kannst und nicht immer nur "Seelenklo" und unendlich stark bist, sondern auch mal Deinen Kummer abladen kannst.

LG

Annika
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