AW: Ich zünde eine Kerze an für...ULLA
Weihnachten 2005 hattest Du Husten, er wurde nicht besser, nach den Feiertage wurdest Du untersucht - nach den letzten Untersuchungen war Ende Januar 2006 klar, dass Du einen kleinzelligen Lungentumor hast. Von da an wurde es nur noch schlimmer: Biopsien, Chemo, Portsetzen mit Zusammenfallen der Lunge, Hirnmetastasen, Bestrahlungen, Haare weg, epileptsche Ausfallerscheinungen - es war grausam.
Deine Familie stand hilflos dabei, alle wollten helfen, aber jeder war auch mit sich beschäftigt.
Du warst meine beste Freundin - wir haben oft und lange geredet, zusammen geweint und manchmal auch zusammen gelacht, auch als es immer schlimmer statt besser wurde. Im Oktober 2007 haben wir noch einmal alle zusammen die Silberhochzeit von Freunden gefeiert und Du warst lustig und ausgelassen, bis Du beim Tanzen Atemnot bekamst. Von diesem Fest gibt es ein Bild, das seitdem mein Begleiter ist. Dein Mann hat Dich im Arm und guckt so wissend und Du schmiegst Dich an ihn und guckst auch so wissend .....
So ging die Zeit dahin mit Hoffen und Bangen. Am 26.01.07 rief Dein Mann mich spätabends an, Du wolltest mit mir reden. Alles stehen und liegen lassen und zu Dir. Du lagst in Deinem Krankenbett, Deine Haut so kühl und porzellanfarben, auf Deinem kahlen Kopf die Stelle der Meta sichtbar, aber Du freutest Dich, mich zu sehen (wir sahen uns fast jeden Tag!). Wir knuddelten, ich erzählte Dir vom Tag, dann batest Du mich, mich um Deine Kinder zu kümmern, falls Du "es" nicht schaffen würdest, aber "eigentlich will ich aus diesem blöden Bett ja wieder raus .....". Dann wurdest Du müde und wolltest schlafen. Ich drückte und küsste Dich und ging, in der Tür drehte ich mich noch mal um, Du winktest mir nach ...... Im Wohnzimmer saß Dein Mann und weinte, wir nahmen uns auch in den Arm, dann ging ich mit schwerem Herzen heim.
Am nächsten Tag - es war Samstag, der 27.01.08 - kamst Du mittags mit Erstickungsanfällen ins Krankenhaus. Es war genau ein Jahr nach der offiziellen Diagnose. Nachmittags saß ich - in Gedanken versunken - im Wohnzimmer. Plötzlich ging die auf dem Tisch brennende Kerze aus - ich hatte Angst wie nie. Stunden später rief Dein Mann an und sagte, das Du gegangen seiest .....
Es sind seitdem schon fast anderthalb Jahre vergangen, ich kann Dich einfach nicht vergessen. Mal gehts besser, mal gehts schlechter ...
Du hast inzwischen Deine letzte Ruhe in Deiner heissgeliebten See gefunden und immer, wenn ich nach Rügen fahre, denke ich in Stralsund besonders an Dich.
Dein Mann versucht seitdem tapfer, allein zurecht zu kommen. Deinen Kindern gehts gut (so gut wie es denn gehen kann), sie haben ihr Leben so gut es geht im Griff. Du hast sie gut vorbereitet. Aber Dein Mann vermisst Dich. Er hat grade ein neues Auto bekommen. Im Kennzeichen Deine Initialen und Dein Alter, als Du starbst.
Er feiert mit uns, aber alles wirkt künstlich und aufgesetzt. Aber so ist er - wir kennen ihn und wir wissen auch, dass er in Ruhe gelassen werden möchte ....
Weisst Du, wie vielen Menschen Du so unendliche fehlst? Du hast immer bedauert, dass Du keine Eltern mehr hast und Deine Brüder ihr eigenes Leben leben - aber uns, Deinen Freunden, fehlst Du unermesslich. Und Deinem Mann sowieso .....
Toll, dass ich dieses Forum gefunden habe, jetzt konnte ich endlich mal ein wenig von dem Druck ablassen, der sich in der ganzen Zeit in mir aufgebaut hat.
Ulla, Du weisst, was ich Dir verdanke - ich werde Dich nie vergessen.
Vielleicht schreibe ich Dir hier noch mal.
Ich hab Dich lieb - Karin
.... und trotzdem ist diese Geschichte eine von vielen .....
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