
Hi, Ihr Lieben,
Anno 1999, im Herbst, weilten mein kürzlich verstorbener Mann, das liebste Kind von allen und meine Wenigkeit zu einem 2-wöchigen Badeurlaub in der Türkei, in Marmaris.
In der 3. oder 4. Nacht suchte uns das Erdbeben heim.
Eigentlich hatten wir 2 Zimmer gebucht, verbrachten aber diese Nacht aus mir nicht mehr erinnerlichen Gründen in einem Zimmer, alle 3 in dem großen Doppelbett.
Ich wurde wach, weil ich glaubte geträumt zu haben, wir seien in ein Erdbeben geraten (schließlich war 14 Monate zuvor das Große Beben in der Türkei gewesen). Also richtete ich mich auf und wunderte mich, dass man so "real" träumen kann, schließlich hatte ich das Wackeln des Bettes deutlich gespürt. Um mich herum schliefen die Herschaften friedlich.
Während ich mich wieder zurück lehnte gab es einen heftigen Schlag, das Bett wackelte total und aus dem Bad hörte man Scheppern und Klirren.
Erst jetzt wurde mir klar, dass der Traum wohl doch kein solcher war, zumal auch Göga inzwischen verwundert die Augen reibend im Bett saß - das liebste Kind von allen schlief unbekümmert weiter.....
Also stand ich mal vorsichtshalber auf, um aus dem Fenster zu schauen. Auf dem Hotelvorplatz hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt...
Jetzt konnte ich nur noch schreien, zieht euch was an, wir wüssen hier raus (unser Zimmer befand sich in der 2.von insgesamt 7 Etagen dieses Hotels).
In Windeseile hatten wir Klamotten an und rannten als 3er-Kette Hand in Hand durch das Treppenhaus nach unten. Dabei konnten wir sehen, dass an vielen Stellen abgebrökelter Putz auf den Treppen lag...
Wir hatten schon die Hotelhalle erreicht und konnten durch das gläserne Foyer den Vorplatz sehen.... da gab wieder einen heftigen Schlag. Wir riefen uns zu weiter laufen, weiter laufen, wir müssen nach draußen. Als wir die Eingangstür passierten gab es ein fürchterliches Geräusch von knirschendem Glas (der Eingang war überdacht und die Überdachungen war mit Spiegelscheiben verkleidet...). Wir sind die letzten Meter quasi gehechtet und fanden uns endlich bei den anderen Menschen wieder, die in heller Aufregung wild durcheinander riefen.
Nach uns kam nur noch ein älteres Ehepaar aus dem Hotel...auch das gesamte Personal war bereits draußen. Es folgten noch 2 kleine Erschütterungen und dann blieb es ruhig. Auch die Stimmung unter den Menschen war recht ruhig, am unruhigsten waren die Türken, verständlicherweise, da viele von ihnen ja erst vor Kurzem das Große Beben mitgemacht hatten oder in irgendeiner Form davon betroffen waren.
Das Ganze spielte sich kurz nach 02.00 Uhr ab und schon bald wurden wir mit Decken und Wasserflaschen versorgt. Da es an der Straße nicht so prickelnd war, führte man uns seitlich am Hotel vorbei in den Garten, an den Pool und in Strandnähe. Aus allen Ecken wurden Handtücher und Auflagen für die Liegestühle herbei geschleppt. So haben wir uns dann am Pool mit 3 Liegen ein ganz gutes Nachtlager hergerichtet und haben den Rest der Nacht am Pool verbracht. Dabei konnten wir an Hand der Wasseroberfläche noch weitere kleine, sonst kaum fühlbare Nachbeben erkennen, da sich das Wasser dann plötzlich leicht kräuselte.
Als es hell war, bin ich über die Feuertreppe in die 2. Etage geklettert und habe vorsorglich aus dem Safe unsere Papiere geholt, schließlich wusste ja keiner, wie es weiter gehen würde.
Provisorische Mahlzeiten gab es auf der Hotelveranda, im Laufe des Tages konnten wir alle Engländer bei der Abreise beobachten, unsere Reiseleitung von Herrn Alltours blieb unauffindbar. Also beschlossen wir, einfach mal abzuwarten. Wir haben noch weitere 2 Nächte lauschig am Pool verbracht, schließlich wurde uns durch die Hotelleitung mitgeteilt, dass ein Statiker das Hotel inzwischen für weiter bewohnbar erklärt habe.
Folglich haben wir unseren Urlaub entspannt fortgesetzt und uns über das engländerfreie Hotel amüsiert.
Der Urlaub war auch noch ganz schön, wenn man mal von der Messerstecherei absieht, die sich kurz vor dem Ende der Reise am Pool abspielte.
Zwei Kellner hatten sich um ein paar Nüsse gestritten und -wie das bei temperamentvollen Südländern manchmal so ist - einer ging mit einem Messer auf den anderen los. Ein Oberkellner ging dazwischen und bekam einen Stich in die Oberschenkelvene ab. Stark blutend nahm er die Verfolgung des flüchtenden Stechers auf, der kurz vor dem Hotel gestellt werden konnte.
Nachdem der Oberkellner ärztlich versorgt, die lange Blutspur beseitigt und die Schaulustigen wieder abgezogen waren, konnten wir uns auf das Kofferpacken konzentrieren.
Also insgesamt hatten wir einen recht ruhigen Urlaub, der Herr Alltours "entschädigte" uns für die plötzlich fehlende Reiseleitung mit einem Reisegutschein in Höhe von 100,00 DM (klasse, was???) und meine Tochter weigert sich aus unverständlichen Gründen, nochmal in Marmaris Urlaub zu machen.....komisch(???).
Jetzt muss ich aber mal schlafen, allen eine ruhige Nacht ohne Erdbeben
Beate