Hallo ihr Lieben,
zu allererst meinen großen Dank für Eure Mühe. Ich werde ihn Ruhe stöbern. Gestern bekam ich zum ersten Mal einen Befund in die Hände, den ich selbst mit Roche-Lexikon und Brockhaus nicht mehr alleine aufdröseln konnte. So habe ich eine 3/4 Stunde mit dem KID telefoniert - und die Dame, laut meinen bisherigen Erfahrungen sind dort nur Engel beschäftigt (

) hat mit mir gemeinsam sehr viel auseinander gepflückt. Ich schreibe Euch hier den Befund ab. Aus zwei Gründen. Zum Einen kriege ich nicht mehr alles sortiert, es muss wohl noch sacken, und zum Anderen setze ich in Klammern hinter die Wörter, die sich mir nicht sofort erschlossen haben, die Bedeutungen. Vielleicht hilft es dem ein oder anderem beim lesen des eigenen Befundes.
Zum Vergleich liegen Bilder und Befund der Voruntersuchungen, zuletzt 09.07.08 vor.
Im Vergleich zur Voruntersuchung lassen sich aktuell multiple größenprogrediente Lymphknotenmetastasen in der Fossa supraclavicularis bds. (= Jeweils in der Vertiefung des Schlüsselbeines, rechts- und linksseitig vom Hals) (ima 35, 37) retrotracheal (= hinter der Luftröhre) (ima 47) abgrenzen, neu aufgetretene pulmonale Rundherde paratracheal rechts (= neben der Luftröhre, rechts in der Lunge) sowie im Lingualbereich ventral der pulmonalen Ausflussbahn (= Unteres Ende des Oberlappens der linken Lunge, Position unterhalb des Herzens), deutlicher Befundprogress der rechts perihilären dystelektatisch DD tumorbedingten Strukturen (= DD: differentialdiagnostisch; Strukturen die entweder durch die Kompression und die fehlende Belüftung entstanden sind, oder tumoröse Masse was wahrscheinlicher ist) mit wiederum zunehmender Bronchuskompression, Progress auch der peripheren (= Abseits des Zentrums, am Rand) rechtsseitig und geringer auch linksseitigen Rundherde. Jetzt neu aufgetreten auch infradiaphragmale (=unterhalb des Zwerchfells) Lymphknotenmetastasen paracaval (= vena cava; sauerstoffarme, vom Herz wegführende Hohlvene, paracaval: Meta um die Vene herum), paraaortal (= Hier ist die Aorta umschlossen; sauerstoffführend vom Herzen weg) und retroperitoneal (=außerhalb des Bauchfells nach hinten hin zum Rücken). Weiterhin kein Hinweis auf eine hepatische (= Leber, Galle betreffend) Filialisierung. Im Knochnfenster weiterhin kein Hinweis auf ossäre Filialisierung.
Beurteilung:
nach zwischenzeitlicher Befundbesserung zwischen der vorletzten und letzten CT Untersuchung mit Regredienz des Tumors um 30 bis 50% jetzt erneuter deutlicher Progress mit ca. Verdoppelung bis vereinzelt auch verdreifachung des Tumors, insbesondere rechts hilär (= Hilus ist die Stelle, wo die Hauptbronchien in die Lunge stoßen). Erstmalig auch aufgetrene Lymphknotenmetastasen infradiaphragmal retroperitoneal. Bislang kein Hinweis auf eine parenchymorganische oder ossäre Filialisierung.
Ich weiß was jetzt vermutlich kommen wird.Ihr sucht vermutlich genau wie ich das positive und werdet mir schreiben dass Gott sei Dank noch kein weiterer Organ- und Skelettbefall besteht. Ich weiß. Ich habe auch das positive gesucht. Aber der Tumor hat, wenn ich das richtig verstehe, die Lunge sehr im Griff. Auch wenn es aus diesem Bericht nicht hervor geht: Bisher war nie von der linken Lunge die Rede. Im Schlüsselbein gab es auch nur rechts die Meta. Es ist so viel neues dazu gekommen. Abgesehen von der Vergrößerung der bereits bestehenden Tumore. Es ist zum Kotzen.
Der KID hatte keine Studie wie meine Mutter die Medikation bekommt. Noch eine Ergänzung: Da bei einer Studie weder der Arzt noch der Patient wissen, welches der beiden zur Wahl stehenden Medis verabreicht wird, möchte meine Mutter das nicht. und ich verstehe sie. Sie erhält das Medi also außerhalb der Studie. Der KID kennt eine Studie in der die Verabreichung folgendermaßen ist: Irinotecan 60 mg Tag 1,8,15. Cisplatin 60 mg Tag 1. Wiederholung 21 Tage. Sie recherchieren nun nach den Ergebnissen und wollen sich in den nächsten Tagen bei mir melden. Ich kann mich nur widerholen, wenn ihr etwas nicht versteht, wendet Euch dahin. Sie sind so nett, geduldig, kompetent.
Sie bekam gestern 100 mg Irinotecan und 50 mg Cisplatin. Das ganze wird nächste Woche widerholt, dann zwei Wochen Pause.
Wenn ihr sie nur sehen könntet. Ich möchte dieses Chemo Gruselgespenst am liebsten in die Flucht schlagen. Sie blüht im Moment vor Leben. Es geht ihr GUT. Sie ist kurzatmig. Ja. Aber ansonsten geht es ihr gut. Sie lacht, sie ist aktiv. Mit Aktivität meine ich keine Spaziergänge oder große Aufgaben, aber sie nimmt wieder am Leben teil. Vermutlich hört sich dass für Euch komisch an weil ihr es Euch anders vorstellt. Wie sie im Moment wirkt lässt nicht glauben wie der Tumor unterwegs ist. Sie fährt heute in die Sauna, vermutlich bleibt sie dort bis zum Nachmittag, macht viele Aufgüsse mit, legt sich in die Sonne.
Vor allem Dir, liebe Kyria möchte ich etwas sagen. Bei dem Vater Deiner Kinder konnte nicht mehr viel geschehen. Meine Mutter lebt aber schon seit letztem Jahr Juni mit der Diagnose. Sie hat inzwischen die 6. Medikamenten Kombination, ungezählte Zyklen (ich glaub, wir sind jetzt bei der 16. oder 17. Chemoverabreichung). Viele davon haben ihre Wirkung nicht erreicht, aber einige schon. Aber hätte man am Anfang entscheiden sollen, die dritte wegzulassen? Ohne zu wissen, ob es nicht genau die ist, die bei ihr anschlägt? Die erste hat gewirkt. Danach die zweite (nur kurz), die dritte und vierte gar nicht, die fünfte (nur kurz).... Siehst Du, was ich meine? Wir konnten nicht mal wissen, dass es ihr so "gut" dabei geht. Wie hätten Ärzte bei Deinem MAnn entscheiden sollen, aufzugeben ohne es zu versuchen? In meinen Augen tut man nciht mehr was nur um etwas zu tun. ICh denke, das Bild hat sich gedreht und man achtet sehr auf das Allgemeinbefinden. Trotz Krebs. Natürlich waren die letzten Wochen schlimm. Aber weil sie lethargisch war. Sich zurück gezogen hat. Das war für uns Angehörigen schlimmer als für sie. Sie hatte keine Schmerzen, sieht man von Nebenwirkungen ab die zwar da, aber nicht bestimmend waren.
Ich stehe nach wie vor dahinter dass der Arzt gut behandelt und die Chemo die richtige Entscheidung war. Natürlich würde ich genauso nachvollziehen können wenn meine Mutter sagt, sie hat die Schnauze voll. Aber dem ist noch nciht so.
Gestern hat sie die Chemo gut weg gesteckt. Angst hatte ich vor der NW innerhalb 24h, Herzrasen. Aber das trat Gott sei Dank nicht auf.
Ich kann im Moment nicht auf Euch alle eingehen. Aber ich danke Euch sehr udn werde Stück für Stück die Links durchstöbern.