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Alt 10.09.2008, 16:21
Tristanne Tristanne ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Didi,

meine Mam und ich waren auch keine großen Redner. Wir haben uns immer alles gesagt, auch ohne viel oder überhaupt etwas sagen zu müssen. Es hat dann auch oft ein "Du weißt schon....." gereicht. Und man wußte.... Oder ein Blick, eine Berührung...
So scheint es euch bei euch zu sein, und dann ist doch alles gut, wenn Dir nichts mehr auf der Seele brennt und wenn Du vor allem spürst, daß es Deiner Mutter auch so geht.

Wie Du bin ich auch keine Freundin von großen (Dankes)Reden.
Und ich finde allgemein, man sollte man auch unterscheiden und sich wohl überlegen, ob das, was man glaubt noch alles sagen oder machen zu müssen, der Mutter hilft, oder ob man "nachher", doch eigentlich aus egoistischen Gründen sagen will: "Ich habe alles gesagt/getan ich habe mir nichts vorzuwerfen, ect."

Ich sage es ehrlich, ich habe meiner Mutter nicht gesagt, daß ich sie "gehen lasse" oder ich sie "loslasse" (diese Begriffe, besonders letzterer in der Kombination mit "müssen" sind aus meinem Sprachschatz eigentlich gestrichen und meine Mutter hätte diese Formulierungen auch unangebracht und fremd für ihre Tochter gefunden - aber das weiß jeder selbst), denn ich wollte nicht, daß sie sich irgendwie bedrängt fühlt oder daß sie sieht, daß ich es nicht mehr aushalten kann.
Als der Zeitpunkt da war, bevor sie die Augen geschlossen hat, habe ich ihr gesagt, daß sie sich um mich keine Sorgen zu machen braucht, ich käme schon klar.. (aber heute brauche ich sie doch so sehr, brauche ihre Hilfe... ) Doch damals ging es nur um sie. Und daß ich das gesagt habe, geschah plötzlich ganz ohne Vorbereitung.

Aus Deiner Sicht gesehen: Ich kann mir auch vorstellen, daß es vielleicht etwas beruhigend sein könnte, daß Deine Mam gesagt hat, daß sie nicht mehr möchte. Meine Mam hat das nie gesagt, sie hat bis zum Schluß noch an ein Wunder geglaubt - heute glaube ich, daß es mir jetzt in meiner Trauer leichter fallen würde, wenn sie nicht mehr gewollt hätte.
Aber heute weiß ich auch, daß das Wunder, nicht immer "überleben" bedeuten muß. In all dem großen Leid bin ich dankbar für das Geschenk, daß sie mir gezeigt hat, daß das Sterben etwas ganz Natürliches ist, vor dem man keine Angst zu haben braucht. Und daß ich in ihrem Sterben erfahren habe, daß der Tod nicht das Ende ist und eigentlich ein Erwachen. Danke Mami.

Obwohl ich, ehrlich gesagt, auch Angst hatte und in ihrem großem Leid nur noch gehofft und gebetet habe, daß sie es bald geschafft hat.
In diesem Sinne denke ich auch, daß Deine Frage mit der "Vorbereitung" auch aus der Angst kommt, nicht? Ich kann es so gut nachfühlen.

Du wirst Deine Mutter in Liebe begleiten, zusammen geht ihr immer ein Stückchen weiter... und darauf braucht man sich nicht vorzubereiten und mann kann es auch gar nicht.
Ja, es ist die Liebe. Sei einfach Du selbst, so wie Deine Mutter dich liebt und so wie Du sie liebst. Auch dazu braucht es keine Vorbereitung.

Alles Liebe,
Anne
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Mami *12. Juni 1938 †3. August 2007
Danke. Hab Dich so lieb. Für immer.


"Weißt Du, ich glaube nicht, daß man völlig tot sein kann. Wir haben doch auch nicht völlig gelebt".
aus: Thomas Lehr "Die Erhörung"
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