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Alt 11.09.2008, 12:30
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Thessa,

was ich mit meinen Worten sagen wollte, vor allem auch mit der offensichtlichen und ernst gemeinten Kritik an Tristanne war, dass jeder seinen eigenen Weg wählt, Dinge auszusprechen. Es gibt den Weg, Gefühle zu benennen, weil man vielleicht auch einfach so tickt und so erzogen wurde, und den Weg, sie einfach nur zu zeigen. Es gibt auch beides zusammen. Es gibt ebenso Menschen, die in der Familie Gefühl nicht zulassen. Für alles gibt es manigfaltige Gründe. Wichtig ist nur, dass es echt ist. Und das es ein Bedürfnis ist.

Ich glaube, wer von Liebe und nicht Besitztum geprägt ist, der verwechselt das NIEMALS mit Egoismus. Das war in meinen Augen eine dumme Wortwahl, denn ich schrieb nie davon, dass ich meine Mutter zur Rede gestellt hätte, dass ich ihr meine Gefühle aufgezwungen hätte. Schade wenn manche das Wechselspiel des Ganzen nicht herauslesen konnten.

Was mich aber viel mehr beschäftigt als das (denn ich weiß ja - und zwar nicht nur subjektiv - wie es bei uns zuhause ist), weil ich diesen Weg für mich gewählt habe heißt es noch lange nciht, dass es auch Euer Weg ist. Wenn ihr Euer Leben lang Liebe gezeigt habt, indem einfach Dinge ohne Worte erledigt wurden, man über seine Grenze manches Mal hinausgeht, ihr Euch in den Arm nehmt und einfach nur, egal wie schwer es gerade ist, füreinander da seid, dann kann das soviel mehr wert sein als ein Satz den man sagt, bei dem man sich aber nicht wohl fühlt - eben weil es nie so war.

Bei mir war es damals so, dass ich im Nachhinein wünschte, ich hätte meinem Vater noch einiges gesagt. Ja. Aber ich kann den Egoismus darin nicht finden. Ich habe mir damals zum Beispiel gewünscht, ich hätte eine Lüge die mir damals über die Lippen kam (bitte bedenke, ich war 15) gerade gestellt und ich hätte mich getraut, ihm zu sagen dass ich ihn lieb habe. Schriftlich habe ich das damals gemacht. Eine Zeit lang habe ich fast täglich einen Brief ins Krankenhaus geschickt.

Natürlich ist es auch dieses Gefühl von damals, was mich heute im Bezug auf meine Mutter beschäftigt. Meine Mutter und ich hatten aber auch schon immer ein sehr "verbales", ein sehr emotionales, häufig sehr wechselhaftes und aufbrausendes Verhältnis. Meine Mutter zum Beispiel fordert mich sehr, sehr oft zum Reden auf wenn sie merkt dass mich etwas beschäftigt und hört manches Mal nicht eher auf bis ich weine und sie mir dann sagt: Es ist gut so. Lass es raus, ich weiß doch dass Du mich lieb hast und ich finde es auch schlimm, dass ich gehen muss.

Lange hatte ich Schwierigkeiten damit. Wollte sie nciht belasten. Und dann sagt sie mir, manchmal habe sie das Gefühl, ich sei abgeklärter, würde Emotionen nicht mehr zulassen. Sie fühlt sich dann ausgeschlossen aus meinem Leben.

Weißt Du, mir schrieb hier im Forum damals jemand (ich glaube Krabbe, Gitta, und Lissi wählten damals ähnliche Worte) eine Mutter spürt das.

Das hat damals gesessen. Seit dem versuche ich immer "authentisch" zu sein. Wenn ich traurig bin versuche ich schon, das in den Griff zu bekommen. Natürlich. Aber manchmal gehört eben auch das dazu. Ich versuche, meinem Bauch zu folgen. Sehr habe ich Berührungen vermisst. Und genau deshalb weiß ich, dass das schlichte in den Arm nehmen kann manchmal soviel wichtiger ist als ein Satz oder ein Wort.

Bitte mach Dir nicht so viele Gedanken. Aus Deinem Text spricht soviel Liebe dass ich mir nciht vorstellen kann, das sich Deine Mom dessen nicht bewusst ist. Handele so, wie Dir in dem Moment danach ist. Und wenn Dich das wirklich so beschäftigt, dann sag ihr dass Du sie lieb hast. ICh wüßte nicht, was daran falsch sein kann.

Meine Mutter kannte als Angehörige meines Vaters, der ja nunmal auch Krebs hatte, auch diese SEite. Daher weiß sie auch, was sie damals vermisst hat. Wir sind einfach etwas anders als die anderen Kinder. Aber ich glaube nicht, dass es falsch ist. Denn ich glaube, jeder Weg, der so gegangen wird wie er gegangen wird, eben weil man sich lieb hat, ist richtig. In dem Wort "Liebe" ist kein Platz für Egoismus. Deswegen schließt sich das für mich ohnehin aus.

Meine Mom fordert ständig dass ich ihr alles sage. Manchesmal ist das schlimm, denn manchmal will sie eben auch alles wissen, was mit der Krankheit zusammen hängt und hinterfragt Dinge, die ich lieber für mich behalten würde. Eben um sie zu schützen.

Jede Beziehung ist anders. Bitte wäge ncith immer ab, was jetzt richtig wäre. Lass Dir ruhig mal freien Lauf, ich denke, schaden würdest Du Deiner Mom bei der Liebe, die Du empfindest, im Leben nicht. udn die Rücksicht und das gute Gefühl für unsere Mütter, die steckt uns im Blut.

Liebe Tristanne,

"Warum den Toten Blumen schenken?
Warum denn im Leben nicht?
Wenn lebend man mehr Blumen schenkte -
so lebte länger manches Herz"

Ich finde, Liebe zu empfinden ist auch eine Blume.
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Liebe Grüße - Bibi
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Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
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