Liebe Ina
für Deinen heutigen Köln-Tag wünsche ich Dir alles Gute und daß Deine Ärzte Dir möglichst viele Deiner Sorgen mindern oder gar nehmen können! (Du wirst diese Zeilen sicherlich erst nach Deiner Rückkehr lesen, aber ich schicke sie auch noch mal als Gedankenpost.)
Du bist wirklich tapfer mit Deiner Esserei! Kannst Du die Zusatznahrung noch sehen? Ich fand die vorhandenen Geschmacksrichtungen sehr bald einfach schrecklich. Aber vermutlich tust Du für die ersehnten Pölsterchen fast alles, so durchhaltestark wie Du bist.
Ach, es ist so anstrengend, ständig so vernünftig zu sein, zu essen, um zuzunehmen, zu trinken, um genügend Flüssigkeit aufzunehmen, Übungen zu machen, um seine Muskeln zu stärken, Arzttermine wahrzunehmen, um den Gesundungsprozeß bestmöglich zu unterstützen usw. usf. Hoffentlich gönnst Du Dir auch genügend Zeiten, in denen Du wieder Kraft schöpfen kannst und tust viele Dinge, die Dir Freude bereiten und Entspannung bieten.
Ich denke, daß diese Zeiten, die man für sich selbst nutzt, immer noch unterschätzt werden. Vorgestern hat mir meine Yogalehrerin, in einer Randbemerkung einen Zusammenhang eröffnet, den ich vorher noch nicht begriffen hatte. Es ging darum, daß man - den Yogi zufolge - auf verschiedene Weisen Lebensenergie aufnehmen kann: durch das Atmen, durch das Essen und Trinken und durch das Sehen. Da mußte ich an meine schlimmsten Depressionslöcher denken, in denen ich nur ganz flach und angestrengt atmen und kaum essen und trinken konnte. In dieser Zeit wurde mein Bedürfnis nach Farben so groß, daß ich mich einfach mit ihnen beschäftigen und mich mit ihnen umgeben mußte. So sind die Karten entstanden, an die Du Dich vielleicht noch erinnerst. Jedenfalls fühlte es sich für mich so an, als seien diese Farben lebenswichtig für mich. Vielleicht waren sie zu diesem Zeitpunkt des Kaum-Atmens und -Essen ja meine hautsächliche Lebensenergiequelle? Unter diesem Gesichtspunkt wäre es oft sinnvoller ein Bild zu malen als Fenster zu putzen (es sei denn, sie sind so dreckig, daß man beim malen nichts mehr sieht

- trotzdem: ich habe Dich aufrichtig für diese heldische Aktion bewundert, als ich davon las, mal sehen, wann ich mal wieder selber Fenster putzen werde

)
Liebe Ina, ein möglichst gutes, erholsames Wochenende wünscht Dir
Deine Linnea