AW: Aus Rücksicht "lügen"?
Hallo zusammen,
ich bin Betroffene. Mir hat man damals die Diagnose mit drei Schlagworten um die Ohren gehauen. War etwas heftig. Dann habe ich mich mit einer Onkologin unterhalten, das war noch heftiger. Aber ich für meinen Teil hatte dann die Realität vor Augen geführt bekommen. Ich lebe heute noch, länger als die Prognose der Ärzte vorgesehen hat. Nach zwei Tagen und einer Nacht mit vielen Überlegungen habe ich mich entschieden das Gespräch mit der Onkologin zu ignorieren und zu schauen was ich aus der ganzen Geschichte mache. Verheimlichen bringt nichts, denn der Kopf gaukelt einem dann die tollsten Sachen vor, das kann alles nur noch schlimmer machen. Man muss manches verdrängen, um einfach einen klaren Kopf zu behalten. Aber meine Einstellung ist eine Einstellung von vielen. Es gibt Betroffene, die müssen verdrängen, nicht annehmen, am besten garnichts wissen, da sie mit dem, ich nenne es mal, "Wahnsinn" nicht umgehen wollen und können. Auch das muss man mit berücksichtigen. Es ist ein Schutzmechanismus von Körper, Geist und Seele. Gerade die Vorstellungen, zum Beispiel mal wieder ins Auto zu steigen, wenn auch nur als Beifahrer, motiviert ungemein, man glaubt es nicht. Die Wünsche werden kleiner, übersichtlicher. Man traut sich nicht an die grossen Wünsche heran, man weiss ja garnicht, ob es überhaupt dazukommt. Außerdem wird man dankbar für kleine Glücksereignisse. Ja, die Welt verändert sich. Auch geht jeder anders mit seiner eigenen Sterblichkeit um. Klar, Gedanken hat man sich bestimmt früher schon mal darüber gemacht, aber es ist was anders, wenn man weiss, da steht was im Raum, nicht irgendwann, sondern in absehbarer Zeit. Ich denke, das Problem ist die Vorstellungen des Patienten mit den ärztlichen Vorgaben und den Vorstellungen und Hoffnungen der Angehörigen unter einen Hut zu bekommen. Hier brauchen alle Seiten starke Nerven und Verständnis. Und das wünsche ich uns allen!
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