
Hallo liebe Alicia...................sooooo lieb von Dir,- daß Du schreibst und uns Mut gibst.................bist Du doch sicherlich selbst noch in einer gewissen Phase von Trauer und loslassen....................also ein ganz liebes Dankeschön von uns allen an Dich.
Gestern früh wurde der Papa aus der Palliativen im Virchow vorerst nach Hause entlassen,- da doch seine Schwester mit Mann aus Mannheim extra gekommen sind,- um ihn zu besuchen..............man hatte nicht das Gefühl,- daß er sich wirklich auf zu Hause freut,- im Krankenhaus konnte er mehr schlafen und sich ausruhen,- wann immer er wollte..............und meine Mutter neigt doch immer wieder dazu,- seine gesundheitlichen Schwächen und Einschränkungen nicht akzeptieren zu können,- sie sträubt sich dagegen ihn nur noch im Bett zu belassen,- wo er sich persönlich aber am wohlsten und aufgehobensten fühlt.............dann tut ihm nichts weiter weh,- und er entspannt am besten im Schlaf............das sagt er auch so.........sprechen tut er fast gar nicht mehr mit uns............und das Leben "da draußen" interessiert ihn auch nicht mehr,- also fernsehen,- Zeitung etc.
Telefonate führt er auch nicht mehr,- freut sich wohl....wenn wer nachfragt und Anteilnahme zeigt,- aber sprechen strengt ihn einfach zu sehr an.
Gestern war ich also bei den Eltern und auf dem Weg zur Toilette (er hätte auch die Ente benutzen können,- will aber immer wieder auf's Klo am Rollator,- was ja einige Monate lang auch gut ging.................)........tja,- also beim Versuch aus dem Rollstuhl aufzustehen,- wäre er beinahe gestürzt ,- dann kam er mit Mutters Hilfe an die Toilette ran,- wäre wieder beinahe gestürzt,- dann kam er nicht mehr von der Toilette hoch,- es braucht vier Arme die ihm dabei helfen................und dann kam er aus dem kleinen Gästebad nicht mehr über die Messingschwelle,- die ja grad mal einen Zentimeter hoch ist, ...er hatte nicht mehr die Kraft sein linkes Bein über die kleine Kante zu heben,............ich mußte mich bücken um sein Bein dort rüber zu heben...........Katastrophe,- vor wenigen Wochen ist er zwar unter großen Schmerzen der Gelenkentzündung im Oberschenkel wegen selbstständig den ganzen Tag immer wieder auf's Klo gegangen am Rollator,- heute nicht mehr dran zu denken.
ERSCHRECKEND IST DAS ..............ihn so schnell verfallen zu sehen.
Meine Mutter vermutete es könne am Morphium liegen,- was gegen die Hüftschmerzen bislang null hilft,- aber laut Pflegedienst,- der unmittelbar nach der Geschichte mit der Türschwelle auftauchte,- bekäme mein Vater die geringste Menge Morphium die es eigentlich gibt,- also die Schwäche käme nicht durchs Morphium.........sollte das heißen.
Heute Nacht gab's Pinkelalarm,- er hatte wohl nicht die Kraft,- die halbgefüllte Ente festzuhalten,- bevor er überhaupt zum Pinkeln kam,- und sie rutschte ihm aus der Hand...............meine Mutter (ist ja hochgradig schwerhörig)........hörte ihn nicht rufen,- so mußte er sich das ganze Bettzeug vollpieseln.......................meine Mutter mußte selbst gegen 4.30 mal auf's Klo und hat die Bescherung dann gesehen..............anstatt sie meine Tante im oberen Geschoß wecken täte,- hat sie den Vater allein aus dem Bett bugsiert,- was ich nach den Fall-und Sturzanfällen gestern Abend überhaupt viel zu gefährlich finde,- er fällt wie ein Stein,- meine Mutter wiegt nur knapp 50kg........wie könnte sie einen Sturz verhindern.................warum nur ist meine Mutter so unfähig um Hilfe zu bitten,- wenn doch welche vor Ort da wäre??
Immer hat Sie das Bestreben alles alleine bewältigen zu wollen, nur langsam kann man das nicht mehr verantworten,- wenn er sich bei einem Sturz was bricht..........was dann??
Sie hat dann alles bezogen,- aufgewischt.........und Vater wieder ins Bett gehieft,- morgens um 7.30 das gleiche vorgefunden,- Ente am Fußboden ,- der Inhalt im Parkett verteilt.........................er hat keine Kraft mehr irgentetwas festzuhalten.
Meine Tante sagte ich solle mal die Ärztin fragen,- ob Papa evtl. nen leichten Schlaganfall gehabt haben könne,- hab lange mit dem Notdienstpfleger gesprochen der den Wochenendnotdienst vom "Home-Care-Service" verständigen wollte...........es kommt also noch ein Arzt demnächst und wird nach ihm sehen.........der Pfleger sagte, daß mein Vater psychisch auch am Ende ist,- er weiß nun Metastasen in Magen (4cm),- Metastasen in der Speiseröhre 4,7cm),- drei Metastasen in der Lunge,- alle um 7mm groß/klein,- viele auffällige Lymphknoten.................er weiß,- Nichts auf dieser Welt wird ihn jemals wieder auf die Beine bringen,- der Pfleger meint,- jetzt wo ihm das seit einigen Tagen so klar geworden ist,- gibt er sich auf............nun endgültig,- das könne die Schwäche noch voran treiben,- er ist auch wieder leichenblaß,- wahrscheinlich hat er wieder eine Phase von der Tumorbluterei,- die die Blutarmut wieder steigert.................zu Hause kann man ihm keine Blutkonserven anhängen,- dazu müßte er in die Praxis...................abwarten,- ob das die Tage mal gemacht wird,- auf jeden Fall scheint klar zu sein,- daß wir ihn nicht wieder in die Palliativstation zurückbringen Mitte der Woche,- wozu auch...........................er soll zu Hause sterben dürfen,- das wünscht er sich...............ganz sicher.
Nur wie können wir das händeln??
Schwester und ich fahren nacher runter zu den Eltern,- einen NOtfallplan entwickeln,- daß Papa keine Sekunde mehr allein im Haus bleibt,- meine Mutter zwei Stunden im Supermarkt ist,- er womöglich verwirrt ist und aufstehen will,- nein es ist nicht mehr zu verantworten,- es so weiterlaufen zu lassen wie in den vergangenen Monaten,- da ging es ihm verglichen zu heute SUPER.
Der Pfleger sagte vorhin,- es bestünde die Möglichkeit dem Papa nen Dauerkatheder anzulegen,- damit er nicht ständig die Arie mit der nächtlichen Pinkelei und das ständige Wachwerden dadurch haben müsse.................ich hoffe der Arzt schlägt das auch nochmal vor und es wäre auch für meine Mutter viel, -viel einfacher...nicht zwei dreimal pro Nacht das ganze Bett abzuziehen und dann wieder neuzubeziehen,- den Vater zu waschen,- wann soll Sie schlafen???
Ich habe nun x-mal vorgeschlagen mitsamt meiner Katze für die nächsten (wahrscheinlich auch die letzten) Wochen zu Ihnen zu kommen,- aber ich bekomme keine Antwort von ihr,- einzugestehen, daß ihr Unterstützung gut täte,- bringt meine Ma einfach nicht fertig.
Ich könnt mir die Haare raufen,- hab ne halbe Schachtel Zigaretten intus, -noch nicht einen Futzel Essen im Bauch,- der ganze Vormittag war Aufregung,- Tränen ,- Verzweiflung...............und der Gedanke daran,- daß der Papa vielleicht nichtmal mehr das letzte Weihnachtsfest erleben darf............und wenn doch,- dann bleibt noch die Frage nach dem WIE???
Es ist so traurig,- Nichts mehr tun zu können,- außer das was wir tun,- ohne daß es an seiner Gesundheit auch nur irgentetwas verbessern würde..........die Hilflosigkeit und das Unabänderliche akzeptieren ist der reinste Horror...........................aber da gehen wir jetzt gemeinsam durch,- ich hoffe das wir ihm seine letzte Lebensphase so angenehm wie möglich gestalten können.
Ganz traurige und hilflose Grüße an Dich Alicia und an die Anderen Alle hier..........sollte ich hier einige Tage oder Wochen nicht mehr zu lesen sein,- dann wohl deswegen,- weil ich dann mitsamt der Mieze zu den Eltern gehe um ständig da zu sein.
Die beiden haben keinen Internetanschluß, und der Weg von dort zu mir hier nach Kreuzberg ist zu weit um mal eben herzufahren.
Aber wiegesagt,- noch bin ich hier und schreibe gelegentlich ein wenig über unseren familären Supergau.
Schön daß man sich hier immer den Kummer von der Seele schreiben kann.
Schön daß es dieses Forum mit all seinen lieben Mitgliedern gibt.
Euch einen gemütlichen zweiten Advent noch.
Auf bald.........................Grüße von Marion und Familie.