Liebe Brigitte,
mal so kurz zwischen Haarewaschen, Bügelwäsche und Kochbücher wälzen (ich kann mich noch nicht entscheiden, wie ich heute Mittag unseren Red Snapper machen will) ...
Meine Mutter hat inzwischen 100 % zugestanden bekommen, dazu die Buchstaben B (also Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmitteln nötig) und G (gehbehindert).
Wegen eines Wannenlifts soll mein Vater mal bei der Krankenkasse fragen (die zuständige AOK hat sehr nette und hilfsbereite Mitarbeiter, ganz anders als die Geschäftsstelle, die für meine Eltern vor ihrem Umzug in unseren Ort zuständig waren ...) - muss man da viel am Bad umbauen? Ist doch eine Mietwohnung, und ich weiß nicht, ob die Vermieterin da so mitspielt ... Zumindest wehrt sich deren Mann heftig gegen einen Handlauf an der unteren Treppe, weil er nicht will, dass in die Hauswand gebohrt wird

Mein Vater ist ja selber nicht so gut beieinander: kaputte Knie (vom Fußball früher, jetzt durch's heftige Übergewicht noch zusätzlich gequält ...), Bluthochdruck, 100 % vom Herzschrittmacher abhängig, ein früherer Schlaganfall (durch eine Gehirnblutung, er ging dann in EU-Rente, weil er z. B. nicht über Kopf und gebückt arbeiten durfte), ein Bauch, wie ich ihn im 10. Monat nicht hatte (da kannst du locker ein Kuchengedeck drauf abstellen ...) .... Also nicht grad in der Verfassung, meine Mutter auf Dauer in die Wanne und wieder heraus zu hiefen ... Da kannst du bald sagen, der Blinde führt den Lahmen ... Und so arg, dass ich da einspringen darf, ist es für meine Mutter noch nicht - das wird erst kommen, wenn mein Vater gar nicht mehr kann ... Ich bin eher für Wäsche und Bügeln zuständig
Meine Eltern sind ja im örtlichen Verein für Alten- und Krankenpflege - vielleicht sollte ich da mal anrufen und mich schlau machen, was die für Hilfsmitteln haben? Ich weiß, dass man dort z. B. Pflegebetten u. ä. ausleihen kann, bis es von der Kranken- oder Pflegekasse genehmigt wird ...
Das war ein guter Tipp von dir - vielen Dank!
Mit der Chemo bin ich halt hin- und hergerissen - einiges, was da an häufigen NW (also im Bereich von über10 %) genannt wird, hat ja meine Mutter eh schon ... Und du weißt ja, wie's mit Schluckbeschwerden usw. ausschaut, wenn man ein Ca. im Mundbereich hatte - man hat bei meiner Mutter damals die Speiseröhre erst aus Dünndarm nachgebildet, als das abgestoßen wurde, hat man Brustmuskulatur genommen, die natürlich keine Schleimhaut hat ... Und wenn sie sich so verschluckt - das versetzt sie natürlich immer in Panik, die Woche hab ich's mal erlebt, ich hatte den Eindruck, sie hätte Todesangst gehabt ... Und das wenigstens zweimal am Tag? Grauenhaft ...
Ich weiß nicht, ob der Nutzen der Chemo die evtl. bzw. wahrscheinlichen NW aufwiegt und meiner Mutter mehr Lebensqualität bringen kann. Es wird ja sehr häufig über Empfindungsstörungen in den Extremitäten geklagt - und die einzige Freizeitbeschäftigung meiner Mutter (neben dem Lesen von Heimat- und Arztromanen

) ist das Sockenstricken ... Wenn sie das dann nicht mehr könnte, wäre es für sie schon eine große Einschränkung ... Auch ein Haarausfall würde sie treffen, sie hat sich doch grade so schöne Strähnchen machen lassen, ist ganz stolz, dass sie endlich mal eine Haarfarbe an, an der ich nichts rumzumeckern hab (sonst hat sie sich immer so künstliche Rottöne aufschwatzen lassen ...).
Angst machen mir auch die NW im Bereich von Magen und Darm - sie hat da ja durch ihre vielen anderen Medis schon Probleme mit der Verdauung, dazu kommt das Risiko einer "Magersucht", und sie ist doch eh schon so dünn ...
Zumindest bei normaler Dosierung von Taxotere treten ja häufig auch Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerzen auf - und ihr tut doch jetzt schon so vieles weh ... Ich hatte eigentlich gedacht, dass diese Chemo z. B. Schmerzen durch Knochenmetas reduzieren würde - vielleicht tut sie das in abgeschwächter, dafür häufigerer Dosierung? Wenn ich wenigstens mal einen finden würde, der mit dieser "Erhaltungschemo" Erfahrungen hätte ...
Wenn ich das alles so betrachte, halten sich für mich Nutzen und Schaden höchstens in der Waage - und wenn dann eben "nur" eine Milderung von Beschwerden zu erwarten ist, die wahrscheinlich ebenso mit Schmerzmitteln möglich wäre ... Dass ihr diese angedachte Chemo keinerlei Zeit verschaffen wird, das ist meiner Mutter halt noch nicht klar - meinem Vater schon, und deshalb ist er auch so skeptisch ....
Liebe Diana,
wenn dein Liebster deine Bügelwäsche auf Babygröße verkleinert, müsste sie doch ins Laufwerk passen, oder? Dann immer her damit
Meine Mutter kann sich grad noch die Zähne putzen, das Gesicht, den vorderen Oberkörper und die Hände waschen ... Sonst ist sie einfach zu unbeweglich - ihre Füße muss sie sich allerdings immer selber abtrocknen, außer von der Fußpflegerin (wegen ihres Diabetes) kann sie sich da von niemandem anfassen lassen .... also hängt sie immer irgendwie zwischen Klodeckel und Badewannenrand, hat panische Angst, dass mein Vater sie nicht halten kann, und fummelt selber mehr schlecht als recht rum ... Zum Haarewaschen und Fönen komm entweder ich vorbei, oder meine Mutter geht zum Friseur (dann kommt sie wenigstens mal raus, hört ein bisschen "Lokal-Klatsch"), beim Kämmen hilft ihr mein Vater ...
Dann muss er ja ihre vielen Medis zurecht machen (Tabletten müssen gemörsert werden, wenn sie mal welche im Ganzen schlucken muss, kriegt sie wieder ihre Panikattacken, dass sie dran erstickt ...), dafür sorgen, dass sie jeweils zur richtigen Zeit das richtige nimmt ... Sie selber wäre damit völlig überfordert, kann die Medis auch in der Packung teilweise gar nicht unterscheiden (das ist mir letzt erst aufgefallen) - sie meint dann oft, diese oder jene hätte sie doch vorhin erst genommen ...
Ich musste so lachen, als du meinen Mann "diplomatisch" genannt hast - er ist vieles, aber das ganz bestimmt nicht

- und das ist eigentlich gut so, nicht immer bequem, aber er ist halt sehr ehrlich, sagt seine Meinung grad raus ... Nur bei meiner Mutter hält er sich sehr zurück, seit sie krank ist - spuckt sich dann halt bei mir aus, darf er auch ... Aber er hat ja recht - es ist MEINE Mutter, wie kann er mir da bei der Entscheidung helfen, welche Behandlung ich ihr raten soll oder welche nicht? Er will sich die Infos nachher noch mal durchlesen und überlegen, was er SEINER Mutter in dem Fall raten würde ... Mehr kann ich wirklich nicht von ihm erwarten ...
Unser Hund ist grad mit Herrchen auf einer ausgedehnten Tour - ein bisschen Kalorien abbauen für heute Nachmittag ... Mein Schwager ist doch so "zittrig", dem fällt dann immer was vom Tisch runter, und dass der Hund so passend dasitzt, dafür kann er doch nicht, oder? Es ist nur so schwierig, weil viele Leute einfach nicht wissen, dass es für Hunde gefährliche Lebensmittel gibt. Am Heilig Abend konnte ich grad noch verhindern, dass mein Vater dem "Sarge" eine Weintraube gibt - dass die für Hunde giftig sind, wusste er nicht, weil "Sarge" doch sooo gerne Obst frisst (vor allem Äpfel und Mango). Schokolade, Rosinen und Nüsse sind auch nicht gut für die Wuff's .... also nix mit Stollen und Weihnachtskuchen ... Dafür hat "Sarge" Heilig Abend von uns ein großes Stück Ochsenschwanz (roh natürlich - da war er eine Stunde innigst beschäftigt

) und von meinen Eltern geräuchertes Forellenfilet gekriegt - war ein schönes Weihnachten für Wuffi
Jetzt sollte meine Bügelstation aufgeheizt sein, da kann ich mich mal dranmachen - den Red Snapper gibt's jetzt mit Tomaten-Zwiebel-Knoblauch-Topping, dazu Risotto .... Und die Haare sind mittlerweile auch von alleine trocken ...
Einen schönen zweiten Feiertag wünsche ich euch,
Karin (schon 3 Pfund schwerer - hätte ich doch bloß keine Plätzchen mehr gebacken

)