AW: Meine Schwester hat BSDK
Hallo liebe Queeny,
ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es tut mir so unendlich leid, dass es nun einen solchen Verlauf nimmt und ihr so plötzlich mit einem Zustand konfrontiert werdet, den keiner voraussehen konnte und euch somit völlig unvorbereitet trifft. Irgendwie habe ich gehofft, ich lese heute hier, dass es doch wieder besser geworden ist. Ich weiß nicht, wann man akzeptieren muss, dass es so für den Betroffenen gewiss leichter ist, wann es fast töricht scheint, etwas anderes zu hoffen- theoretisch ist einem da so vieles klar, doch dann in der Situation zu sein, ist halt etwas völlig anderes.
Ich denke, Kirsten bringt da eine gute Sichtweise ein: Wenn sie selbst nicht entscheiden kann, wie hat sie sich geäußert, wie wäre ihr Weg gewesen?
Weißt du, das Gefühl mit dem "Ich kann nicht mehr heulen" hatte ich auch die ganze Zeit, wohl desahlb, weil ich so funktioniert habe und nichts an mich herankommen lassen habe. es ist ein normaler Vorgang, dass solche Gefühle bis zu einem bestimmten Zeitpunkt "abgespaltet" werden, wir sie zwar benennen können, aber dennoch nicht wirklich in dieser Intensität erleben, weil wir das einfach nicht aushalten könnten.
Ich glaube, heute ist das bei mir gekippt: ich war heute morgen bei meinen Eltern, es geht meinem Stiefvater ganz, ganz schlecht. Er war so schwach, dass er nicht mehr aufstehen wollte, sieht ganz eingefallen und müde aus... Habe dann Opa versorgt usw., bin dann wieder hin, weil ich keine Ruhe hatte und es war kein Stück besser. Wenigstens hat er ein bisschen was gegessen, aber sonst nur vor sich hingedämmert. Meine Mutter war ziemlich aufgelöst und sagte nur "Martina, ich glaube, er stirbt in den nächsten Tagen und er spürt das auch." Wie gerne wüßte ich, dass es nicht stimmt.Wie gerne hätte ich ein Wunder. Bin dann zur Arbeit gefahren, dachte, ich hätte mich im Griff- und bin dann kurz vor der Besprechung in Tränen ausgebrochen, konnte mich gar nicht fangen und reden usw. Was soll ich sagen? Es war erleichternd. Ich weiß, ich muss nun auch andere Gedanken zulassen und nicht mehr so wegschieben, auch wenn doch irgendwo die Hoffnung noch überwiegt...die Realität ist hart und gemein, aber sie rückt näher und es tut sehr, sehr weh.
Liebe Queeny, ich hoffe, du hast die Kraft gefunden, deine Schwester zu besuchen. Du wirst sie so nehmen müssen, wie sie gerade ist, so gerne du auch mit ihr sprechen würdest. Ihr ist es wohl leichter so im Moment, vielleicht rettet dich dieser Gedanke, wenn du zu ihr gehst.
Denken wir aneinander, vielleicht hilft es.
Liebe Kirsten, danke für die Wünsche, schaue bei dir gleich mal rein.
Liebe Evi, auch dir viel Kraft und Trost nach diesen Verlusten.
Alles Liebe,
Martina
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An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser
-Charlie Chaplin-
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