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Alt 30.01.2009, 17:56
winnetou winnetou ist offline
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Standard AW: watch & wait- positiv & negativ ...?

Hallo Birgit,
Du bist ja immer noch so aufgeregt. Ja und Dein Vater plant eine Reise. Das kommt mir so bekannt vor. Ein Freund von mir hat schon lange eine Reise geplant und zwischenzeitlich Darmkrebs bekommen und rechnet sich die Zeit aus, ob es mit Chemotherapie und dem ganzen Operationsnachlass möglich ist, den Segeltörn zu machen, auf den er lange gespart hat und sich schon lange drauf freut. Ich drücke ihm die Daumen und bin sicher, er macht den Törn, auch wenn es jetzt an den operierten Stellen kneift und ihm seine schöne weiße Haarpracht nicht mehr zieren wird. Und ich wünsche es ihm und seiner Freundin, die beiden haben es verdient. Mein Freund hat keine Lust seinem Krebs unnötig etwas zu geben. Er sieht es als Reparatur an, wenn er so radikal operiert wird. Er ist übrigens 65 Jahre alt. Es gibt viele Leute die machen sich Sorgen um ihn. Er hat mir anvertraut, dass die Operation fies ist und die Chemotherapie ekelhafte Nebenwirkungen hat. Wenn er rausgeht, sieht er aus wie ein Polarforscher, denn die Kälte tut ihm weh. Ich will hier kein Horrorszenario aufbauen.
Jedenfalls standen wir neulich bei uns in der Küche und er erzählte mir davon. Aber das wichtigste in seinen Worten war immer die Zeit nach der Behandlung. Seine Reise hat er auch im Auge. Er hat ein Ziel.

Eigentlich wollte ich ja gar nicht soweit ausholen, aber immer wieder merke ich, dass es für viele Leute nach der Diagnose weitergeht. Die Therapie und danach ist noch was. Vor ein paar Jahrzehnten hätte mein Freund diesen Plan mit der Reise nicht gehabt. Er hätte sterben müssen. Jetzt hat der Arzt ihm geraten, den Plan nicht zu kippen. Er wird fahren.

Ich bin irgendwie überzeugt davon, NHL wird mich nicht umbringen. Und ich denke auch die Onkologin Deines Vaters wird aufpassen, dass Dein Vater zur rechten Zeit die richtige Behandlung bekommt. Wenn die Ärzte meinen, es lohnt sich nicht, die unnötigen Zellen umzubringen und der Vater braucht keine Chemo., ist es doch gut so. Und wenn die Zellen dann wieder vernünftig reagieren und ihre Lebensdauer einhalten und keine dicken Lymphknoten bilden, haben wir eine gewisse Ruhe.
Angst werden wir immer haben, aber Angst ist ein Gefühl oder so was. Das passt nicht immer mit dem zusammen, was da wirklich passiert. Wenn man überlegt, wie alles wäre, wenn alle unsere Ängste sich bewahrheitet hätten, wäre die Erde eine Wüste oder gar nicht mehr da. Statt dessen scheint draußen die Sonne und die ersten Frühlingsblumen kommen ganz vorsichtig aus der Erde.
Meine Familie hat ja auch Angst um mich. Klar. Und es ist auch schön zu wissen, dass die mich lebend haben wollen und nicht wünschen, dass ich leide. Aber es ist auch mir als Kranker wichtig, das die Angst für meine Kinder nicht zur seelischen Last wird. Wir sprechen immer mal drüber, das hilft uns, da wissen wir wo wir stehen.

Alles Gute Klaus
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