AW: Stammtisch
Hallo Illy,
natürlich stimmt das. Es ist viel leichter, wenn man den Alltag nicht mehr alleine bewältigen muss. Ganz klar. Und es stimmt auch, dass es bestimmt besser ist, mit einem Partner, wie in meinem Fall, der weiß, was es bedeutet hat, einen geliebten Menschen zu verlieren.
Die Beziehung an sich ist jedoch sehr belastet durch diesen Schicksalsschlag auf beiden Seiten. Belastet in der Art, dass die Unbeschwertheit, an die ich mich so gerne in meinem "alten Leben" erinnere, nicht mehr da ist. Auf jeder Seite. Ich habe meinen Mann verloren, meine Kinder ihren Vater, mein Mann im neuen Leben seinen Sohn. Und das Trauertier packt uns alle immer wieder und zwar meistens zu unterschiedlichen Zeiten. Das bedeutet, dass wir eigentlich nach wie vor ganzjährig mit Trauerarbeit beschäftigt sind. Und doch wieder hast du Recht, wir sind alle nicht mehr alleine. Wir wissen gegenseitig, was den anderen beschäftigt.
Was ich meinte - und natürlich gilt es selbstverständlich wahrscheinlich nur für mich - wenn man aus einer wunderbaren Beziehung gerissen wurde (auch ich durfte meiner großen Liebe bereits mit 16 begegnen) zieht man nicht einfach einen Schlussstrich und beginnt von vorne. Man steht sich selbst immer mal wieder im Weg, verzweifelt über das was war und tut sich schwer, das Geschenk, das das Schicksal einem nach dem Tag X bereitgehalten hat anzunehmen. Der Schmerz vergeht nicht, die Trauer bleibt. Und eine riesengroße Angst kommt dazu: Nochmal so verletzbar zu sein, nochmal einen Menschen zu verlieren, den man so sehr liebt. Aber auch das ist klar: Die Alternative vor dem Schmerz verschont zu bleiben wäre, nicht mehr zu lieben. Das wiederum ist nicht mein Naturell.
Ich hatte es eigentlich vor, nie wieder, keinen Menschen mehr in mein Herz lassen, dann kann es auch nicht wieder brechen. In meinem Leben bin ich auch oft enttäuscht worden, Freundinnen, die keine waren. Immer wieder der Vorsatz: Das passiert nicht wieder. Aber man kann es nicht steuern, Gefühle sind nicht vorhersehbar und das Risiko war es schließlich doch wert. Und sollte mich die Freundin, die seit drei Jahren an meiner Seite ist doch einmal enttäuschen oder mein Mann im neuen Leben oder das Schicksal nochmal seltsame Wege für mich bereithalten, so haben wir bis dahin doch eine wunderbare gemeinsame Zeit. Die von vornherein nicht zu haben, nur um nicht verletzt zu werden, würde mein Leben bis dahin doch unendlich ärmer machen.
LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
|