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Alt 24.05.2009, 00:16
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Mmute Mmute ist offline
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Standard AW: Angst um meine Mutter

Hallo Nicky ,
womit sich Todkranke in den letzten Wochen ihres Lebens beschäftigen, beschreibt die Diplom- Psychologin Dr. Daniela Tausch ( zusammen mit Lisa Bickel als freiwillige Mitarbeiterin ) - beide Stuttgarter Hospiz- Dienst - so:

" In dieser Zeit hat der sterbende Mensch immer weniger körperliche Energie. Er zieht sich mehr und mehr von der Außenwelt zurück, schläft oder ruht viel. Er hat vielleicht kein Interesse mehr an der Zeitung oder dem Fernsehen oder auch an den Menschen. Er möchte nicht mehr, dass Nachbarn oder Bekannte kommen. Er möchte vielleicht nur noch wenige, ihm vertraute Menschen um sich haben, manchmal auch alleine sein.
Es ist eine Zeit, in der er sich von allem, was außen geschieht, zurückzieht und sich nach innen wendet.
In Träumen, im Halbschlaf oder auch im monologhaften Gespräch hält er Rückblick auf sein Leben, zieht gleichsam Bilanz. Einige machen diesen Rückblick in der Stille, ganz für sich allein- anderen wiederum hilft die stille Anteilnahme einer anderen Person. Er möchte dann in uns den Raum finden, sich selbst, seinem Leben, seinen Erinnerungen begegnen. Es mag ein Raum der teilnehmenden Stille sein, der es ihm ermöglicht, Erinnerungen in sich aufsteigen zu lassen.
Es kann dann geschehen, dass für den Sterbenden Ordnungen, Zusammenhänge und Sinnhaftigkeit erkennbar werden, dass Ereignisse sich zueinanderfügen und alte Schulden in einem anderen Sinnzusammenhang angenommen werden können. "
Ich habe in so vielem meine Ma wiedergefunden und für mich auch irgendwie die Antwort, die mir fehlte...

Die Ausführungen von Kübler- Ross sind zwar auch sehr interessant, müssen aber nicht genauso eintreten. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Phasen vermischen oder auch einzelne Phasen nicht gegeben sind. Das finde ich nicht ungewöhnlich, denn diese Krankheit ist nicht vergleichbar mit dem "Alterstod". Auch die Erleichterung, von der Mirjam spricht, ist bei mir spürbar gewesen. Aber das weißt du ja noch. Endlich hatte sie vor dem sch... Vieh Ruhe, sie wurde nicht weiter gequält und zerfressen.Ich habe in den letzten Stunden das Ende herbeigesehnt, unter den Medikamenten hat meine Ma ja nicht mehr viel mitbekommen... Dennoch: ich habe ihr ja in der letzten Nacht gesagt, dass sie nun gehen kann und sich um uns keine Sorgen machen muss und dass mein Pa auf sie wartet. Sie hat es bestimmt gehört. Am nächsten Tag, als alle da waren ( bis auf mich ), hat sie uns verlassen....

Wenn deine Mutter sich in diesem "Raum" befindet, von dem der Hospizdienst spricht, merkst du das an diesem Blick "ins Leere" ..... Laß' sie dort, zwing sie nicht zu dir zurück. Ich habe das leider nicht sofort begriffen, ich denke aber, dass das für sie ganz wichtig ist. Irgendwann schläft sie mehr, als dass sie wach ist. Sie wird aber in dieser Zeit mehr verarbeiten, als für uns erkennbar ist. Je mehr sie sich nach innen zurückzieht, desto weniger hat sie das Bedürfnis zu sprechen, Worte verlieren ihre Wichtigkeit. Still sein wird wichtiger und so entsteht eine Zeitlosigkeit. Wenn du dich darauf einläßt, merkst du, dass du genauso diese Stille brauchst. Belaste dich nicht mit Gedanken an die Zukunft, du brauchst die Kraft jetzt. Der Moment ist leichter zu ertragen, als eine gedachte Zukunft. Streichele sie, berühre sie. Wenn sie das nicht möchte, wirst du es merken. Dann ist es wohl gerade so, dass sie mit sich und ihrem Leben beschäftigt ist.

Hoffentlich konnte ich dir etwas helfen... ich bin bei euch
Ute
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Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten.

Geändert von Mmute (24.05.2009 um 00:19 Uhr)
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