Liebe Cori,
es tut mir so leid zu hören, dass dein Vater dement ist. Diese Situation muss für dich und ebenso für deine Mutter sehr bedrückend sein. Mein Vater ist Gott-sei-Dank relativ fit, insbesondere, wenn man bedenkt, dass er vor 1,5 Jahren von den Ärzten schon aufgegeben worden war, als er im Koma lag. Da hatte es geheißen, er würde nie wieder der Alte.

Als er aufwachte, hat er erst mal die gesamte Intensivstation zusammengeschrien, so wütend war er, weil man ihm beim Aufwachen nur lauter "blöde" Fragen stellte ("Wissen Sie, wo Sie sind?" etc.), statt ihn einfach aufzuklären, was passiert war.

Ich höre ihn in Gedanken heute noch krakelen. Er war im Handumdrehen wieder ganz der Alte.

Ich bin so froh, dass er da ist. Ohne ihn wüsste ich nicht, wie ich alles schaffen sollte. Ich kann mich nicht so intensiv um meine Mutter kümmern, schließlich muss ich auch Geld verdienen, sonst ist das Haus weg, in dem wir alle leben... Immerhin arbeite ich im Home Office, sodass ich mir die Arbeit oft einigermaßen einteilen kann (so wie die Projekte es halt zulassen). Ich bin sehr froh, dass ich derzeit nicht jeden Tag weit fort zur Arbeit fahren muss, sondern im Notfall eben nur ein Stockwerk tiefer bin. Ich bin übrigens auch Einzelkind, und auch meine Freunde sind nicht nah bei. Hinzu kommt, dass es vielen Bekannten und auch Freunden schier die Sprache verschlägt bei all dem, was wir hier durchleben. Ich kann es ja sogar verstehen. Die wissen einfach nicht, wie sie reagieren sollen und reagieren dann gar nicht mehr. Aber dafür lernt man dann andere kennen, die Ähnliches durchgemacht haben oder gerade durchmachen, mit denen man sich austauschen kann. Alleine das Aussprechen hilft ja schon.
Beginnt die Chemo deiner Mutter heute schon?
So, nun muss ich wieder an die Arbeit. Ab und an gönne ich mir eine Pause, so wie diese hier, aber nun muss ich wieder ranklotzen. Ich will bis Ende der Woche unbedingt noch ein größeres Projekt abschließen, damit ich etwas mehr Puffer habe, wenn meine Eltern am Wochenende aus Frankfurt zurückkommen.
Beste Grüße,
Yvonne