Liebe Heike,
ich schreib zwar sehr selten bei dir, lese aber immer bei dir mit. Heute ist es mir ein Bedürfnis, dir ein paar Zeilen zu schreiben.
Ich hatte dir mal geschrieben, dass ich in der gleichen Situation bin wie du. Auch mein Mann hat fortgeschrittenen Darmkrebs (T 4) mit vielen, vielen Metastasen im Bauchfell, Leber und jetzt auch noch in der Lunge. Es geht ihm erstaunlich gut. Er hat keine Schmerzen. Er verdrängt viel, will gar nichts so genau wissen. Zu Anfang der Diagnose dachte ich immer, er müßte doch aufgeklärt werden über diese Lebensbedrohung. Zischenzeitlich bin ich froh, dass er noch so optimistisch in die Zukunft blickt und Pläne macht. Es ist seine Art mit
seiner Krankheit umzugehen und es ändert nichts, wenn er genau Bescheid wissen würde. Im Gegenteil, womöglich würde er in ein tiefes Loch der Drepression und Resignation fallen. Damit wäre uns beiden nicht geholfen.
Wir zwei versuchen wirklich, das Leben zu genießen, so gut es geht. Wir leben beide sehr viel bewußter. (Wir haben gestern den Kaufvertrag für ein Cabrio unterschrieben - völlig verrückt und überflüssig, aber er wollte es so gern

). Ich versuche die Situation so anzunehmen wie sie eben ist. Kein Mensch kann voraussagen, wie lange er lebt. Wer weiß, sage ich mir oft, vielleicht geh ich ja noch vor ihm. Auch mir kann ja jeden Tag etwas zustoßen. Nur eben, weil wir um diese riesige Bedrohung wissen, ist uns die Endlichkeit des Lebens jetzt bewußt.
Es gibt immer Tage, da ist man ein bißchen "abgeklärt" und sehr realistisch und Tage, die einen umhauen bei der kleinsten Kleinigkeit, ein Lied im Radio, eine Bemerkung, ein Gedicht. . Das kennen wir hier sicher alle.
Die Scheißangst vor der Zukunft hat uns manchmal fest im Griff. Bei uns steht morgen Kontroll-CT an. Wir werden sehen, ob diese Chemo ( es ist wahrscheinlich die letzte Option) anschlägt.
Liebe Heike, versucht, das Leben zu genießen. Guckt, dass ihr soviel Zeit wie möglich zusammen verbringt und liebt euch und sagt euch das auch!
Elbi