AW: Myriam
Liebe J.F.,
ein schönes Gedicht. Danke dafür. Obwohl mit fröhlich-leichter Sprache geschrieben hat es doch einen tiefen Sinn. Gerade der Gegensatz von Heiterkeit und Tiefe macht die Schönheit des Gedichts aus. Ob man wohl das Leben und seine Fallen mehr und öfter in diesem Sinne sehen sollte? Ich denke ja, vieles wäre leichter ohne dabei den nötigen Ernst aus den Augen zu verlieren.
Eine Frage geht mir zur Zeit durch den Kopf. Trauere ich um Myriam, weil sie nicht mehr weiterleben konnte, durfte, wollte? Oder bedauere ich meinen eigenen Verlust oder gar mich selber? Die Symtome nach aussen sind die gleichen. Traurigkeit, Wut, Entsetzen, Verzweiflung, Tränen. Spielt es eine Rolle dabei, dass man sich fast plötzlich bewusst wird, dass man alle möglichen Dinge alleine machen muss? Sei es der Haushalt oder der Garten. Plötzlich ist niemand mehr da, der einem hilft, wenn man nicht weiter weiss, egal wobei. An alles Mögliche muss man selber denken. Vorher hatte jeder von uns Beiden sein relativ festes Aufgabengebiet. Nicht, weil sie oder ich das jeweils andere nicht tun wollten, sondern weil sie oder ich das eben besser erledigen konnte. Wobei die Grenze durchaus fliessend war.
Heute gibt es diese Grenze nicht mehr. Ich muss meine Entscheidungen alleine fällen, ob ich es will oder nicht. Und genau das macht auch traurig, wütend, verzweifelt. Sicher trauere ich um Myriam. Hinzu kommt nur was Neues, Ungewolltes, manchmal Erschreckendes. Auch hier ist die Grenze fliessend, sodass ich nicht weiss, um was es gerade geht.
Eine gute Nacht
Helmut
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