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Alt 14.10.2009, 19:55
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Betroffen?! Angehörig?! Herzlich Willkommen!

Liebes Blümchen ,

ja, ich wünsche mir auch noch ein paar Zeilen von Mama zu finden, die an mich ganz persönlich gerichtet sind.

Wobei...wenn ich so hinterfrage, dann kann ich ähnlich wie bei meiner Oma sagen, dass ich im Prinzip "im Reinen" mit Mama war. Oft sucht man ja nach etwas Tröstlichem, was einem eben auch über die Endlichkeit des Todes hinaus hilft, weiterzuleben. Und eigentlich ist mir so schon alles mit auf den Weg gegeben worden. Dennoch würde es mir gewiss einiges leichter machen .

Ich traf auf der Trauerfeier meine Patentante. Es handelt sich um Mamas beste Freundin. Meine Patentante und ich hatten keinen so großen Kontakt mehr, seit Jahren nicht, aber Mama und sie immer. Und die beiden hatten viel Briefkontakt.

Als wir uns vor der Trauerhalle trafen, nahm meine Patentante mich fest in den Arm. Zuvor habe ich etliche Gäste begrüßt, viele kondolierten - ich blieb standhaft - hab nicht geweint. Dann kommt meine Patentante, in Begleitung ihrer Mutter und wir haben uns in die Arme geschlossen. Und ...ja...weißt Du...wie soll ich das beschreiben????....dieses Gefühl, wir waren uns in unserem Traurigsein so gleich, so nahe, dass es körperlich spürbar war. Und wir lagen uns in den Armen und haben so geweint. Wir werden jetzt einen Kontakt aufbauen. In keinster Weise möchte ich nach Ersatz suchen, und sie umgekehrt genauso wenig - wie könnten wir gegenseitig auch für den Menschen Ersatz bieten, der mir die beste Mutter, und ihr die beste Freundin war? Aber es bieten sich neue Chancen. Und ich glaube, dass ich viel aufleben lassen kann und auch neu erleben kann und Dinge über meine Mama erfahren kann, die mir gut tun. Und darüber freue ich mich wiederum.

Zitat:
Wenn ich dich anspreche mit "starker Annika", dann meine ich stark in anderem Sinne. Stark sein, heißt auch, Schwäche zulassen und zeigen zu können.
Ich werde den Tag nie vergessen, als meine Mama die Diagnose erhielt. Diese Angst...dieses Gefühl...ich möchte das mal so beschreiben. Wer sich im Leben mal ganz fest verbrannt hat, der wird den Schmerz nie vergessen. Den kann man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen. Und so..so bin ich in der Lage, die Angst in meine Erinnerung zurückzurufen. Sie war seit März 08 mein ständiger Begleiter. Ich nenne sie "Krebsangst". Die ist weg! Sie ist fort! Der Druck, die Angst - mit einem Male weg. Die letzten Tage habe ich oft über mich nachgedacht, und darüber, ob ich noch ganz sauber ticke, weil ich in gewisser Weise erleichtert bin. Ich bin nicht erleichtert, dass meine Mama fort ist - wie könnte ich das?! Aber ich bin froh, dass der Krebs mich losgelassen hat.

Stark...ich bin stark für meine Kinder und meinen Mann. Und ein bißchen für mich selber. Ja, ich kann klar sagen - ich zweifele nicht daran, dass mein Leben weitergeht - nur manchmal ist das wie nicht ganz klar. Oma sagte immer:"An dem Tag, wenn die Mama stirbt, dann wird man erst erwachsen!" Und nun steh ich da, und hab keine Mama mehr. Und dann sagt mein Mann:"Man Annika, sicher hast Du ne Mama. Nur eben nicht mehr greifbar hier!" Ja, er hat Recht, aber genauso stimmt, dass ich nun ganz erwachsen bin. Ich hab keine Mama mehr, die bedingungslos zu mir hält. Ich vermisse sie, und in den Momenten bin ich sowas von schwach. Und dann erinnere ich mich an Mama, an das, was sie wohl sagen würde. Soll ich Dir sagen, was sie sagen würde? Jetzt, in dem Moment? "Oh man Annika , nu lass aber mal gut sein. Sonst biste auch nicht sooooo rücksichtsvoll gewesen. Kannst auch ein ganz schönes Luder sein!" Dann hätt sie mich gestuppst oder gezwickt, liebevoll, und wir hätten rumgeblödelt. So war meine Mama. Und daran halte ich mich aufrecht. Und das gebe ich auch meinen Kids mit auf den Weg. Lasse viel von dem, was mich geprägt hat, dort einfließen. Und ich habe aus dem ganzen Mist auch viel fürs Leben gelernt. Bin umsichtiger geworden, aber auch energischer. Ich kann resoluter sein, aber auch einfühlsam. Ich überlege mehr, als früher. Zugewinn, wenn ich auch lieber unter anderen Umständen gelernt hätte.

Ach Blümchen, ich glaub es gibt keinen sichereren Ort für die Mamas, als im Herzen ihrer Kinder. Meine verweilt dort, auf immer und ewig.

Ich Dich

Annika
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