AW: ZDF 37° - Kranke Eltern - Starke Kinder
Hallo Sarah,
ich kann mir gut vorstellen, dass ihr Probleme habt, Mütter oder Väter mit Kindern zu finden, die ihr Elend auch noch vor der Kamera zeigen möchten.
Ich bin 2007 an Krebs erkrankt, meine Tochter Anne war damals gerade 19 J. alt geworden und machte ihr Abitur, Florian war damals 11 J. alt, als ich die Diagnose erhielt.
Mit seinen elf Jahren recherchierte er im Internet und für ihn stand fest, dass ich zu dem Prozentsatz gehöre, die daran nicht sterben werden. Diese Meinung brauchte er wohl auch, um die Ängste auszuhalten.
Ich kann mich gut daran erinnern, wie er mich fragte: "Mutti, musst du sterben?" Ich saß am Schreibtisch und las die Firmenmails und die Frage traf mich wie ein Faustschlag. Ich nahm Flori, der inzwischen 12 geworden war auf den Schoß und sagte: "Ich verspreche dir, so lange bei dir zu bleiben wie ich kann!"
Wir mussten beide weinen und hielten uns gegenseitig.
Was sollte ich sonst sagen. Ich wollte ihm keine Angst machen, ihn aber auch nicht anlügen....
Das Schuljahr, in dem ich die Therapie (14 Chemos, 33 Bestrahlungen und zwei OP's hinter mich brachte, musste mein Sohn wiederholen - nicht, weil er dumm ist, sondern weil meine Erkrankung ihn belastete, er hatte Angst vor und Aggressionen wegen meines Zustandes.
Mir gegenüber zeigte er das nicht, er wollte mich nicht belasten. Er war zu weilen rührend besorgt und half wo er konnte.
Die Lehrer hatten leider wenig Verständnis für ihn...
Heute besucht er die 8. Klasse des Gymnasiums und hat vorwiegend gute Noten.
Ich weiß nicht, ob mein Sohn bereit wäre, vor die Kamera zu treten.
Ich selbst würde es sicher nur tun, wenn ich hinter einem Sichtschutz wäre und die Stimme nachgesprochen würde.
Ich denke, Sie wissen nicht, wie "Gesunde" mit der Erkrankung oft umgehen...
Das Heftigste was ich unter anderem diesbezüglich erlebte, waren nachfolgende Äußerungen:
"Seid ich sie kenne, hat für mich die Erkrankung Krebs an Schrecken verloren!"
(eine Lehrerin)
"Sagen sie mal, ist an der Diskussion etwas dran, dass Krebs ansteckend ist?"
u.v.a.
Übrigens: Ich erhielt Ende letzten Jahres meine "betriebsbedingte" Kündigung, die wahren Gründe sind meinerseits spekulativ, aber ich komme an dem Gedanken nicht vorbei, dass meine Erkrankung der Grund war.
Seit der Zeit leide ich unter Depressionen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Heike
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