hallo Augustine,
tut mir leid, daß es dich jetzt auch erwischt hat.
Vorausgeschickt... ich bin nicht selber betroffen, aber meine Mutter war es Anfang der 70er Jahre. Damals wurde noch grundsätzlich radikal operiert. Ich wurde also schon als Jugendliche mit diesem Thema konfrontiert, und da meine Mutter als Ärztin auch öfter Krebspatienten hatte und auch betreuende Ärztin einer Selbsthilfegruppe war, hab ich da so Einiges gesehen. Und aus dieser Erfahrung über die Jahrzehnte hinweg, hab ich mir dazu eine ganz eigene Meinung gebildet.
Ich weiß, daß ich damit jetzt hier in ein Wespennest steche

, aber ich würde mich niemals brusterhaltend operieren lassen - und zwar grundsätzlich nicht und unabhängig von der Tumorgröße oder der Tumorart. In meinen Augen ist das auch eine Art von russischem Roulette.
Bitte - das ist
meine ganz persönliche und private Meinung!!!
Bei brusterhaltenden Ops wird das kosmetische Ergebnis über die Sicherheit der Methode gestellt - und
in meinen Augen ist das bei einer heimtückischen Krankheit wie Krebs indiskutabel.
Ok... es ist vielleicht eine Erscheinung unserer Zeit, daß man glaubt, daß man nur was wert ist, wenn man "gut" aussieht. Und manche Frauen glauben, sie wären keine vollwertigen Frauen mehr, wenn sie eine Brust verlieren. Es ist tragisch, denn der Einsatz in diesem "Spiel" ist das LEBEN! Und was ändert es am Wert eines Menschen, wenn er eine Brust (oder sonst ein Körperteil...) verliert? Ist es nicht immer noch der gleiche Mensch mit dem gleichen Charakter, den gleichen Gedanken und Gefühlen, dem gleichen Humor und der gleichen Liebe, die er geben und empfangen kann? Würde mir wirklich wünschen, daß mehr Frauen mehr Selbstbewußtsein hätten.
Ich stelle lieber nicht die Frage hier, wieviele Frauen vielleicht noch leben würden, wenn ihnen ihr Überleben wichtiger gewesen wäre als ihr Aussehen.
Meine Mutter lebte von ihrem 48. Lebensjahr an mit einer Brust weiter. Sie hatte über viele Jahre ein ganz normales und gesundes Leben (wie viele andere radikal operierte Leidensgenossinnen auch..), bis der Krebs sie an einer ganz anderen Stelle erwischt und dann weitere 15 Jahre später getötet hat.
Weder hat sie ihr Mann verlassen deswegen (und hätte er es getan, hätte sie nichts verloren gehabt an ihm...), noch hat sich ihre Familie oder haben sich ihre Freunde von ihr abgewendet wegen der fehlenden Brust. Sie war über viele Jahre ein Halt für viele ihrer Patienten, weil sie die Krankheit selber hatte und überlebte - und sie war für uns immer der ruhende Pol, der Mittelpunkt der Familie.
Wenn ich jetzt deine Zweifel lese, dann möchte ich dir zurufen: Laß dich operieren! Denn die Angst wirst du nie wieder los, der kleine Kerl in deinem Kopf wird dir bleiben. Schlimm genug, daß sie bei der 1. Op den Tumor nicht vollständig entfernt haben und gleich nochmal nachresezieren mußten.
Lies mal so einige Beiträge hier im BK-Thema... brusterhaltend operiert, nachreseziert, Bestrahlung und Chemo in allen Formen und Farben, Rezidiv nach Monaten oder wenigen Jahren, wieder Chemo, Metastasen....
Bestrahlung und Chemo ist wichtig und richtig in vielen Fällen, aber sie kann eben eine primär radikale Op in der Sicherheit nicht toppen. Danach ja, falls notwendig - aber eben nicht anstatt.
Klar gibt es immer auch die, die einfach dann Glück hatten und haben. Aber alleine auf dieses Glück würde ICH mich nicht verlassen wollen. Dazu habe ich zuviel gesehen.
Und
niemand kann dir die Entscheidung abnehmen. Die mußt du ganz alleine treffen.
Ich möchte auch nochmal betonen, daß ich hier nur meine ganz persönliche Sicht der Dinge schreibe - und was ich tun würde! Daß ich dafür vermutlich heftig Haue kriegen werde, weiß ich auch. Schließlich widerspreche ich den heute gültigen Lehrmeinungen - wo es mir scheint, daß das Wichtigste ist, die Brust zu erhalten um jeden Preis.
Trotzdem schreibe ich es und stelle es hier zur Diskussion - und zwar als Frau, die famliär vorbelastet ist und jederzeit selber zur Betroffenen werden kann.