wieder da

ich weiß gar nicht mehr wer , aber als ich erkrankte , hat mir jemand aus dem forum ein gedicht geschickt . das trifft unsere situation so richtig . ist zwar lang , aber ich dachte ich kopiere es euch mal hier rein
Als du noch gesund warst, hast du auf einem sehr schönen Schiff gelebt. Dort war es oftmals sehr laut und um dich herum war Trubel ohne Ende.
Du lebtest mit den anderen deinen Tag... einen nach dem anderen. Manchmal waren es richtig tolle Tage; manchmal gab es auch etwas traurigere.
Und doch waren es immer ganz normale Tage, Wochen, Monate und Jahre.
Nur manchmal... dann hast du am Horizont ein anderes Schiff gesehen. Nur schemenhaft glitt es über das Wasser und du hattest nur eine vage Ahnung, was das für ein Schiff war.
Die anderen sagten, es sei ein Schiff, auf dem es nur Kranke gäbe; dort sei der Tod ganz nahe zu spüren.
Dabei hattet ihr alle immer ein mulmiges Gefühl und hofftet, dass ihr da niemals hin müsstet.
Und dann seid ihr wieder zur Tagesordnung übergegangen...
Dann... aus heiterem Himmel... wie durch Watte getaucht... hörst du vom Arzt das Wort: Carcinom... bösartige Geschwulst... Operation... Chemo...
Und dann... auf einmal... befindest du dich nicht mehr auf deinem Schiff. Du bist über Bord gefallen; tauchst ein in eiskaltes Wasser, sinkst tiefer und tiefer.
Es gibt keinen Boden; du fällst und fällst und fällst.
Gerade in DEM Augenblick, wo du glaubst, keine Luft mehr zu bekommen, erwacht in dir der Lebenswillen. Du strampelst und strampelst und strampelst... bis du wieder an der Wasseroberfläche angekommen bist.
Aber wo ist dein Schiff? Wo ist deine Sicherheit, deine Zukunft, dein Alltag?
Alles ist weg... einfach so... nichts ist mehr da.
Eine große Traurigkeit erfüllt dich; und dann.. wirst du mega-wütend.
Wie konnte dein Schiff ohne dich einfach weiter fahren?
Warum haben sie nicht angehalten, um dich zu suchen?
Und... warum gerade DIR musste so etwas passieren?
Und während du versuchst, irgendwie über Wasser zu bleiben, wirft dir jemand eine Rettungsleine zu. Du schaust dich um und siehst dein Schiff.
War es zurück gekommen?
Erst, als man dich an Bord gehievt hat, bemerkst du, dass es gar nicht dein Schiff ist.
Es sieht genau so aus wie dein Schiff, aber es ist es nicht.
Auf diesem Schiff ist es nicht so hektisch, alles läuft ruhiger ab. Auch stressig scheint es nicht zu sein... irgendwie ist alles viel harmonischer.
Man begrüßt dich mit einem sanften Lächeln und beruhigt dich mit leisen Worten.
Man umarmt dich; hält dich fest; lässt dich weinen, schreien und toben.
Man hilft dir, ganz langsam wieder aufzustehen und zu gehen.
Ganz langsam merkst du, auf welchem Schiff du gelandet bist.
Es ist das Schiff der Kranken; DAS Schiff, auf welches NIEMAND wollte.
Anfangs fällt dir der Aufenthalt unendlich schwer. Du wünschst dir nichts sehnlicher, als wieder auf das alte, gewohnte Schiff zu kommen.
Und die anderen Bewohner versprechen dir, dass du das nach allen Therapien natürlich auch kannst.
Dein altes Schiff, auf dem du dich so wohl gefühlt hast, wird immer in der Nähe sein.
Du kannst jederzeit wieder wechseln, wenn du es möchtest.
Aber erst die Therapien...
Also lebst du von der Hoffnung, dass alles wieder gut werden wird.
Dann beginnen die Therapien und du bist froh, dass es ruhiger und weniger hektisch zugeht. Du brauchst nämlich Zeit... viel Zeit... Zeit, um nachzudenken.
Es gibt auf einmal so viele Dinge, über die du nachdenken musst.
Manchmal besucht man dich und ihr lacht zusammen. Das gefällt dir. Endlich wieder lachen dürfen. Endlich wieder "normal" sein dürfen.
Doch dann... dann wird dir das wieder zu viel. Du bist froh, wieder alleine zu sein.
Dir geht sooo unendlich viel durch den Kopf. Schon das Sortieren fällt dir schwer.
Was ist wirklich wichtig im Leben?
Was ist für dich total unwichtig geworden?
Wie soll es bloß weitergehen?
Ja... und dann... dann... sind die Therapien vorbei.
Du bist sooo unendlich froh!
Endlich!
Endlich!
Du willst so schnell wie möglich wieder auf das andere Schiff; dort, wo die Gesunden wohnen; dort, wo das pralle Leben ist.
Eines Morgens ist es soweit; du kannst wieder übersiedeln.
Du bist so unendlich glücklich.
Aber es dauert nur wenige Tage, dann merkst du, dass die anderen irgendwie anders zu dir sind.
Manche weichen deinen Blicken aus, manche tun sogar so, als würden sie dich nicht mehr kennen.
Wieder andere löchern dich mit neugierigen Fragen. Und manchmal... manchmal kommt es dir so vor, als ob du eine Aussätzige seist.
Man meidet dich; lädt dich nicht mehr so oft ein, behauptet, du seiest "anders" geworden.
Bist du tatsächlich anders geworden?
Ich meine... ja, du hast dich verändert.