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Alt 12.01.2010, 11:10
Michael83 Michael83 ist offline
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Standard AW: Meine Mutter nun auch :(

Hallo, allerseits

Einiges hat sich in letzter Zeit getan, doch leider nichts positives, wie ich erfahren musste. Der vorzeitigen Gipfel des ganzen Elends kam dann heute morgen mit einem Anruf meiner Mutter. Am besten, ich hole mal etwas weiter aus, um zu erklären was in zwischenzeit alles vorgefallen ist.

Nachdem meine Mutter operiert wurde hatte ich wieder etwas Hoffnung, da ich nun dachte der Krebs sei zumindest vorerst aus ihrem Körper verschwunden. Wie ich jedoch mit Entsetzen feststellen musste war dem nicht so, denn das was ich für die notwendige OP hielt (so wurde es mir jedenfalls berichtet) war nichts anderes, als das einsetzen einer Magensonde zur künstlichen Ernährung. Ich erfuhr davon allerdings erst später, da mir meine Mutter erst keine Auskunft geben wollte. Ich denke sie machte sich da zu große Sorgen, da sie weiß, dass ich psychisch eh angeschlagen bin (Depressionen). Als ich später mit ihr darüber redete erfuhr ich jedoch, dass der Einsatz der Magensonde nicht - wie ich erst annahm - eine Entscheidung der Ärzte war, sondern ihre eigene. Weiß der Geier, weshalb sie sich nicht lieber für einen Stent entschied, so wie es der behandelnde Arzt vorgeschlagen hatte. Ich weiß nur, dass sie später diese Entscheidung bereuhte, da sie die Sonde als störend empfand.
Ab da ging es dann erst einmal weiter mit der Standartprozedur. Chemotherapie und Bestrahlung um den verdammten Tumor zu verkleinern. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt mit den Nerven völlig am Ende und griff eines Nachts zu einer Verzweiflungstat. Als ich schon schlief versuchte sie sich mit einem Küchenmesser die Pulsader aufzuschneiden, was jedoch gottlob nicht funktionierte. Ob sie sich einfach nur nicht geschickt genug anstellte, oder ob man hier von einem Wunder sprechen kann weiß ich nicht, denn mehr als oberflächliche Verletzungen sind dabei nicht zu stande gekommen. Nachdem ich die Wunde notdürftig versorgt hatte und den Hausarzt konsultierte kam sie auf dem schnellsten Wege in die nächstgelegene Psychatrie, damit sie erst einmal nervlich wieder aufgebaut werden und man sie rund um die Uhr im Auge behalten konnte. Für mich war dieses Erlebnis jedenfalls ein Schock, denn aus Erfahrung weiß ich, dass meine Mutter normalerweise nicht den Mut für so etwas gehabt hätte. Das Bild mit dem vom Blut verschmierten Arm hat sich jedenfalls in mein Gedächnis gebrannt. Das werde ich wohl mein Leben lang nicht vergessen.
Nach der Einlieferung in die Psychatrie vergingen erst einmal gut 5 Wochen, in der man die Chemotherapie pausierte. Ein kleiner Hoffnungsschimmer regte sich nach ihrer Entlassung aus der Psychatrie trotz in uns, da es meiner Mutter nach einer Weile wieder möglich war selbstständig zu essen, was vorher gar nicht klappen wollte. Auch die Haare kamen wieder und sie konnte wieder kleine Spaziergänge unternehmen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass es nun einfach nur noch vorwärts gehen kann. Leider hatten wir uns da zu früh gefreut, denn der nächste Hammerschlag sollte kurz darauf folgen. Wieder einmal war es soweit, dass sie nach einer weiteren Chemotherapie nach Hause kam und es ging ihr nicht besonders gut. Kurzatmigkeit, ständiges Husten und Herzrasen waren Sympthome die sich einstellten, was das normale leben für meine Mutter sichtlich erschwerte. Die kurzen Spaziergänge waren gestrichen, denn nun schaffte sie es nicht einmal die Treppen von der Wohnung bis zur Haustür zu gehen, ohne völlig aus der Puste zu sein. Da wir annahmen es wären mal wieder die berühmten Nachwirkungen von der Chemo, die sich ja schon öfters zeigten warteten wir erst einmal ab. Die nächste Chemositzung folgte und man bekam endlich mal wieder den aktuellen Befund in die Hand. Nachdem ich das Fachchinesisch darin mit Hilfe des Internets erst einmal übersetzt hatte (Ich hatte aus beruflichen Gründen leider keine Gelegenheit gehabt mit den behandelnden Ärzten persönlich zu sprechen, denn am Telefon wollte man mir keine Auskunft geben) überkam mich der nächste Schock. Erhebliche verschlechterung des Befundes. Methastasen in der Leber und anscheinend ein Tochtergeschwür in der Lunge. Ich hielt es für besser, meiner Mutter davon nichts zu sagen. Schließlich hatte sie ja nun schon einen Selbstmordversuch hinter sich und ich wollte nicht riskieren, dass dies noch einmal passiert. Die Ärzte gaben meiner Mutter nach dem Aufenthalt in der psychatrischen Klinik übrigens auch keine Auskunft über die Befunde mehr, was ich teilweise auch nachvollziehen kann. Ich versuchte mich jedoch erst einmal nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, um nicht vollkommen durch zu drehen und meine Mutter noch weiter zu belasten. Weiter ging es mit Chemotherapie, die Bestrahlung wurde inzwischen schon abgesetzt, was man damit erklärte, dass das Gewebe von den Bestrahlungen schon zu sehr angegriffen worden ist.
Dann heute morgen der aktuellste Hammerschlag: Meine Mutter rief mich an, da die Ärzte mit ihr gesprochen hatten. Wie sie mir mitteilte hatten ihr die Ärzte nun gesagt, dass sie nichts mehr machen können und sie nun in ein Hospitz verlegt werden soll.

Ich bin am Boden zerstört und meine Nerven sind nun endgültig am Ende. Ich will das alles nicht mehr und hoffe nahezu minütlich, dass alles nur ein böser Traum ist und ich bald aufwachen werde. Das kann doch nicht alles so enden. Eigentlich bin ich ein recht gläubiger Mensch (nicht streng christlich, aber ich glaube schon an Gott) aber welch Ironie steckt bloß dahinter, dass ein Selbstmordversuch fehl schlägt und man das Gefühl vermittelt bekommt, die Zeit für meine Mutter sei einfach noch nicht gekommen, wenn man dann mit so einer Nachricht bestraft wird? Ich mag langsam nicht mehr und könnte nur noch heulen.

LG
Michael
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