AW: Erfahrungen mit Tarceva??
Hallo,
ich sehe gerade, dass die Beiträge aus dem Jahre 2006 sind. Sind also bereits 4 Jahre alt, würde mich mal interessieren, ob es heute neue Erfahrungen dazu gibt, die ihr hier mit mir teilen würdet. Zunächst bin ich aber eher beruhigt, von der, naja sagen wir mal "guten" Verträglichkeit zu hören.
Mein Vater hat Lungenkrebs, Erster Verdacht im Dezember 2009, Bestätigung aus der Thoraxkliinik im Januar 2010. Damals (also vor ca. 5 Monaten) hiess es, er hätte noch 1,5 - 2 Jahre, wenn die Chemo anschlägt. (sagen wir mal, so ca bis Mitte/Ende 2011)
(Mein Vater ist Sizilianer, der deutschen Sprache zwar mächtig, weil schon 1964 nach Deutschland gekommen, aber das ist ihm zuviel. Ausserdem glaube ich, dass nur ich wirklich verstehe, was er sagt :-), jedenfalls habe ich die Vollmachten und die Ärzte sind mir gegenüber von der Schweigepflicht entbunden. Ausserdem lebt er bei mir seit Februar. Meine Eltenr sind geschieden seit 8 Jahren und haben bis vor kurzem nicht miteinander gesprochen)
Also erste Bilder vom 18.12.2009 (hochgradiger Verdacht), Erstdiagnose 09.01.2010, Erste Chemotherapie 25.02.2010. Also es sind mehr als 2 Monate vergangen von den ersten Bildern bis zur 1. Chemo.
Nach der 3. Chemo habe ich darauf bestanden, dass Sie bei meinem Vater eine Zwischenuntersuchung machen. Daraufhin bekam ich vom Arzt einen Anruf, in dem er sagte, dass es nicht sehr gut aussieht, der Tumor wäre gewachsen und wenn es schlecht ausgeht, dann würde er dieses Weihnachten nicht mehr dabei sein. (Heisst also, Lebenszeitprognose auf Dezember 2010! Also doch ein Jahr weniger als urprünglich).
Gut, Schock erst mal überwunden und weiter machen. Ständig sagen: Papa essen, Papa trinken, papa die Medikamente. Zumindest hab ich es geschafft ihn dazu zu bringen, sich bei den Medikamenten zu bedanken :-) weil sie ihm helfen, und ihm klar gemacht, dass er nicht über sie meckern soll, denn ohne die, wäre er bestimmt längst nicht mehr hier.
Okay. Letzte Woche 20. Mai, hätte er seine 5. chemo kriegen sollen und eine Ultraschalluntersuchung. Ich hatte um Anruf gebeten, sobald die Ergebnisse von der US-Untersuchugn vorlägen. Ich bekam einen Anruf am vormittag, war gerade aus der Dusche gekommen und wollte mich fertig machen um auf die Arbeit zu gehen. Da rief der Arzt an und sagte, sie hätten jetzt die Chemo abgebrochen. Er hätte den Brief von der Zwischenuntersuchung bekommen (vorher waren es wohl nur die Bilder, dei mein Papa mit gebracht hatte) und der Tumor hätte extrem gestreut und die Chemo hat nciht angeschlagen. Therapie wird jetzt umgestellt auf TARCEVA (150mg)und Morphiumpflaster (50mg - 3 Tage). Lebenserwartung ca. 1. Monat! Heisst Juni 2010!!!!!! noch mal ein halbes Jahr weniger!!!
ursprünglich hatte er einen Tumor rechts mit 3 cm. In der Zwischenzeit hat er ca. 20 Metastasen à 1 cm, einen grossen Klumpen, ca. 4,5 cm am Herz in Höhe der Vena Cava (soweit ich verstanden hab ist das eine Hohlvene, die Blut in einenVorhof des Herzens pumpt) also auch nicht so ungefährlich. also im Grunde ist er innerlich total zerbombt.
MANN ich bin echt versucht ihm zu sagen, VERDAMMT PAPA, was hast du dir denn angetan? Das war ja quasi Selbstmord. Mein Vater hat schon immer viel geraucht, aber nach der Trennung von meiner Mutter, die er nicht gut vertragen hat, hat er gut 3 Päckchen am Tag weg gequalmt.
Naja, Vorwürfe helfen ihm ja nicht und ändern ncihts an der tatsache.
Er nimmt jetzt also seit Freitag Tarceva und Morphium Pflaster.
Naja, was soll ich sagen, ihm geht es SUPER.
Gestern war er das Erste mal seit vielen Monaten wieder mein Vater, so wie ich ihn kannte. Er war fit. ich hatte morgens zu ihm gesagt, PAPA, wie gehts? und er guckt mich an, denkt kurz nach und sagt...Ja SUPER. So gut, gings mir schon lang nicht mehr. Endlich.
Wir sind dann in seine WOhnung gefahren, weil er da besser duschen kann als bei mir (hab ne badewanne in die man einsteigen muss), und er war so übermütig, ihm gings so gut, dass er da alles mögliche noch gemacht hat.
Als er dann irgendwann aus der Dusche kam, hab ichnur gehört, wie er so "selbstgespräche" geführt hat, z. B. " SO, das ist gut" und dann fing er an zu singen, zu summen und zu pfeiffen. Ich sass im Wohnzimmer und war zwischen heulen und lachen, weil ich so gerührt war, dass es ihm so gut ging, dass er lust hatte zu singen.
So habe ich ihn wirklich ewig nicht mehr erlebt. Als wir dann wieder zuhause bei mir waren, warteten schon meine COuisne und ihr mann , wir waren zum grillen verabredet. Er meinte dann nur zu meinem cousin, hey..geh weg vom grill, du kannst das ja eh nicht, du kannst ja nicht mal ne Zigarette anmachen. er hat also wieder seinen furztrockenen Humor wieder gehabt und einen dummen spruch nach dem anderen abgelassen. DAS WAR MEIN PAPA...den ich so vermisst habe.
Die Pflaster scheinen ihm zu helfen und wenn man sieht, wie "gut" es ihm geht, will man vergessen, was der Arzt sagt usw.
naja...wir werden jetzt wahrscheinlich nächste Woche nach sizilien fliegen. er wollte soooo gerne noch mal runter, er meinte, er könne sich nicht vorstellen, nie wieder seine heimat zu sehen.
Gut, dann fliegen wir. Und naja, wir haben heute morgen mal offen darüber geredet, was wir machen, wenn ihm was passiert. Dass der Arzt ihm nur 1 Monat gibt, weiss er nicht.
Heisst. Wir fliegen 10 Tage runter, und komemn zurück. wenn was sein sollte, habe meiner verwandschaft in sizilien gesagt, sie sollen sich drum kümmern, dass wir einen arzt haben und ja...wenn was passiert kommt er halt dort ins krankenhaus. und er meinte...wenns so sein soll, dann sterbe ich da unten und dann will ich dort bleiben. das licht wäre aus, egal ob hier oder dort. und dann hätte ich auch weniger stress, weil hier müsste man sihc ja uach um das grab kümmern. Ach mein Papi, denkt immer an mich :-D
Und wenn er die Rückreise schafft, dann verbringt er seine letzte zeit hier. (was mir lieber wäre, aber mein Wille zählt jetzt nicht)
Hoffen wir also, dass Tarceva ihm mehr Zeit gibt und dass er mit den Pflastern keine Schmerzen hat, wir ihm seinen letzten Wunsch erfüllen können und er glücklich sterben kann.
Sterben ist nichts für Weicheier und ich bin erstaunt, dass ich ncoh immer Tränen habe, soviel wie ich schon geweint habe. Und erstaunlicheweise schaff ichs doch immer noch, vor ihm stark zu sein und nciht zu heulen.
Aber jetzt, geniesse ich erst noch die zeit, die ich mit ihm habe. und versuche so viel wie möglich noch zu lernen, das ich dann meinen kindern vom opa weiter geben kann.
Viele Grüße
nafra5
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