AW: Myriam
Lieber Helmut und all die anderen,
jetzt muss ich dir erst einmal Danke sagen für deine Zeilen, die mich wieder ein klitzewenig nach vorne gebracht haben.
Ich bin so begeistert, von dem was du schon alles geschrieben hast, dass ich mit meiner Antwort eigentlich noch warten wollte, bis ich alles von dir gelesen habe, aber ich komme nicht von der Stelle und befinde mich gerade mal im Juni des letzten Jahres.
Es ist faszinierend wie du von den "Zimmern" in deinem Herzen schreibst, es ist bemerkenswert, wie du es immer wieder schaffst, durch die Kraft, die Myriam dir schenken muss, immer wieder neuen Halt zu finden. Da bin ich noch lange nicht angekommen und derzeitig befinde ich mich echt in dem großen, schwarzen, tiefen Loch.
Ich suche die Nähe von Fred, ein wunderbarer Mensch, der mir so viel von den Schultern genommen hat, wo ich nun alleine mit zurecht kommen muss. Aber wem erzähle ich das?!
Es ist euch ja allen auch so ergangen.
Es ist ergreifend von dir zu lesen, dass du es schaffst, an die Orte zu gehen, an denen du früher immer mit Myriam gemeinsam warst. ( Schwarzwald)
Auch die Art und Weise wie du es uns mitteilst, ich finde einfach keine Worte.
Das von dir in "Kursiv"-gesetzte Zitat mit dem Thema......
.....keiner erklärt uns den Tod. Ich empfinde es genauso. Ich habe zum allererstenmal einen geliebten Menschen begleitet beim Übergang vom Leben in den Tod. Ich war mutterseelenallein mit meinen Ängsten und mit meiner Hilflosigkeit. Ich hatte doch noch nie jemanden in den Tod begleitet. Nicht einmal die Krankenschwestern haben mich auf seinem Krankenzimmer mal informiert.
Einmal bin ich rausgelaufen und hab ganz besorgt nachgefragt, ob so ein Mensch aussieht, der bald sterben muss. Ich war noch niemals mit einem toten Körper konfrontiert worden. Und diesmal war es mein über alles geliebter Mann, dem ich dort beim Sterben beiwohnte. Lediglich, dass sich das Dreieck an der Nasenspitze zwischen den Nasenlöchern verändert ( spitzer wird und aussieht wie mit Wachs beträufelt) das hatte ich einer Bekannten aus dem Forum abringen können. Doch durch die Sauerstoffbeatmung hatte ich diesen Zustand garnicht wahrnehmen können.
Es ist richtig Helmut, wenn du schreibst, dass all diese Erfahrungen uns als Angehörigen nicht mitgeteilt werden. Man muss sie wirklich selber erst mitmachen, um zu begreifen, wie schwer es ist auch im Nachhinein und in der darauf folgenden Zeit mit all seinen Ängsten und Gefühlen klarzukommen.
Hilfe, die sich unmittelbar anschließt, sei es in Trauergruppen, Therapien oder sonstiger Form ist kaum zu finden. Wie du schon sagst.....du hast das Forum gefunden, was dir dabei geholfen hat. Ich denke, dass es auch für mich sehr hilfreich sein wird, wie auch bereits zu Lebzeiten von Fred, wo ich noch im Bauchfellkrebs-Forum von seinen Krankheitsverlauf samt OP berichtet habe und auch viele liebe Menschen kennen gelernt habe, die heute in engem Kontakt zu mir stehen.
Was ich aber dennoch brauche ist die Schulter, an die ich mich anlehnen kann.
Klar hab ich auch hier in der realen Welt , (gerade auch durch diese besch....ne Krankheit) neue Freunde kennengelernt und bei alten Freundschaften zeigt sich gerade jetzt, ob es Freunde für`s Leben sind, aber dennoch kann niemand den geliebten Menschen, den man verloren hat, ersetzen.
Du Helmut hast noch das große Glück, deine Töchter und Enkelinnen um dich herum zu haben, zwar auch nicht ständig, aber dennoch häufig.
Ich muß mich schon damit zufrieden geben, wenn mein Sohn sich alle 14 Tage mal für 2 Stunden blicken lässt, dass ich ihn an Fred`s Stelle mal so an mich drücken kann.
Ich werde also hier noch einiges von dir lesen können und bin gespannt, wie es ab Juni 09 bei dir im Leben weitergegangen ist. Deine tolle neue Wohnung habe ich genauso bewundert wie die jeweiligen Fotos deiner einzelnen Etappen.
Wünsche dir vorerst einen schönen Restsonntag und werde mich jetzt mal zum Friedhof begeben. Das mache ich übrigens jeden Tag. Es ist für mich ein Ort des Nachdenkens aber auch der Gespräche mit anderen, die ebenfalls ihre Lieben besuchen.
sei lieb gegrüßt
Petra
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Er hat nie aufgehört, daran zu glauben, wieder gesund zu werden.....
Aus dem Glauben wurde Hoffnung, doch die Krankheit hat der Hoffnung keine Chance gelassen.
*28. Mai 1949 + 9. Juni 2010 in Bad Frankenhausen
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