AW: Myriam
Liebe Silverlady,
siehst du, genau das ist meine Angst. Den falschen Zug zu erwischen. Neue Hoffnung schöpfen, Pläne schmieden, die Weichen stellen und los. Plötzlich hat man wieder eine Zukunft. Ein deinem Fall scheinbar. Oder doch nicht? Ich weiss es nicht.
Dann die grosse Enttäuschung. Falscher Zug, falscher Bahnhof, falsches Gleis. Unterwegs hat man einen Waggon angehängt, von dem du als Lokführerin wusstest, dass er da nicht hingehörte. Doch das war nicht deine Entscheidung. Es war die Entscheidung eines anderen, deines Partners. Er hat diesen Waggon bewusst angehängt und nun möchte er auch noch der Lokführer sein. So seh ich das.
Nur, es ist dein Zug. Vielleicht schaffst du es. Die Waggons alle abkuppeln, sie auf freier Strecke einfach stehen lassen. Dazu brauchst du einen kühlen Kopf und Kraft. Lass sie ihr Spiel noch weiter spielen und lass sie in dem Glauben, du wärst ihnen hilflos ausgeliefert. Wenn du keinen guten Anwalt hast, dann such dir einen, schnell. Vielleicht kann er dir ja helfen, deine Angelegenheiten in trockene Tücher zu wickeln? Wenn das gelingt, dann präsentierst du ihnen die Rechnung. Und keine Skrupel, wer so mit anderen Menschen spielt, hat es nicht besser verdient.
So gross die Enttäuschung auch sein mag, lass dich nicht unterkriegen. Jetzt erst recht! Du bist du!
Liebe Petra,
ich versteh dich nur zu gut. Ich habe ja auch die Wohnung gewechselt und das sehr schnell. Aus den gleichen Gründen, wie du das jetzt auch möchtest. Unsere alte, gemeinsame Wohnung hätte mich erschlagen. Ich hatte nur das Glück, das im eigenen Haus tun zu können. Diese alte Wohnung gibt es nicht so nicht mehr. Meine Jüngste zog ein und hat vieles verändert. Nicht den Grundriss, jedoch die Aufteilung, das Aussehen und die Einrichtung. Auch hier oben habe ich etliches verändert. Aus Schlafzimmer und Kinderzimmern wurde Wohnraum. Heller, freundlicher. Dazu Wände eingerissen, die Aufteilung der Räume neu gestaltet.
Auch später habe ich noch überlegt, ganz von hier weg zu kommen. Einen kompletten Neuanfang zu machen. Es stellte sich heraus, dass das nicht geht und so wirklich möchte ich das auch nicht mehr. Ich gehe sogar zurück in die alte, gemeinsame Wohnung. Heute geht das. Sie ist ja kaum noch so, wie sie mal war. Denn es ist nicht mehr "unsere" Wohnung, sie war es einmal, sondern "meine" Wohnung, für die ich viele Jahre gearbeitet habe (wenn auch nicht alleine). Mit dem Rest komme ich bestimmt klar. Was mich halt vorallem hier bindet ist meine Familie und mein Freundes- und Bekanntenkreis. Irgendwo anders Letzteres wieder aufzubauen ist sehr schwer.
Die Wut auf deinen Männe kann ich nur zu gut verstehen. Ich hatte diesen Gedanken auch und ich weiss, viele andere ebenfalls. Mach dir deswegen keine Vorwürfe. Klar, er hat sich absolut nicht freiwillig "vom Acker" gemacht. Doch Fakt ist nun mal, dass du jetzt alle deine Probleme (die auch mal seine waren) alleine lösen musst. Ich kann zwar kaputte Sachen wieder reparieren, dafür habe ich andere Baustellen, welche für dich vielleicht keine sind.
Ich wünsche euch Beiden viel Kraft und Mut für euren Weg und ....
alles Liebe
Helmut
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