Liebe Claudia,
ich denke auch, dass du nur im Interesse deiner Mum handelst. Und dieses wird nicht darin bestehen, sie weiterhin leiden zu lassen. Hatte ja leider, leider gestern schon so meine Befürchtungen gehabt.
Das Problem ist ja eben, dass, wenn Blutungen auftreten, es nicht viel Sinn macht, oben Blutkonserven zu geben, und unten läuft es dann wieder weg.
Es tut mir so unsagbar leid. Und ich weiß auch, wie du dich mit dieser Entscheidung, die keinesfalls! falsch ist, fühlen musst.
Ich musste damals auch Entscheidungen treffen, als Jörg nicht mehr ansprechbar war. Es war so schlimm.
Und eins kann ich dir wirklich aus eigener Erfahrung sagen, hab es auch hier so oft gelesen, egal, was man macht oder nicht macht, man glaubt IMMER das Falsche zu tun. Das liegt offenbar an dieser Ohnmacht, nicht mehr helfen zu können und das Unaufhaltbare zulassen zu müssen. Man fragt sich immer wieder, ob man tatsächlich alles getan hat. Das ist einfach menschlich. Noch heute gehe ich die letzten Stunden immer und immer wieder durch und bin verzweifelt, weil ich das Geschehene nicht aufhalten konnte.
Selbst wenn du Zweifel hast, die sind normal. Ich weiß nicht, ob du dich noch an Dihudi erinnern kannst? Sie musste damals entscheiden, ihren Mann nicht mehr zur Dialyse zu bringen. Sie ist fast umgekommen vor Schuldgefühlen, obwohl sie genau wusste, dass das Gleiche dann ein paar Stunden oder Tage später passiert wäre.
Nicht wir sind es, die Schuld an dem Ausgang der Krankheit unserer Lieben haben, sondern dieser besch....... Krebs ist einfach machtvoller.
Wir haben es ihm schon so schwer wie möglich gemacht, denn ohne uns wäre alles vielleicht schon viel früher eingetreten. Und das letzte was wir tun können/konnten, ist, dafür zu sorgen, dass ein würdiger Abschied ohne Schmerzen und Qual möglich ist.
Und genau das machst du, ohne Eigennutz und nur im Sinne deiner Mum.
Lass dich mal drücken.

Ich wünsche dir die nötige Kraft, auch den letzten Weg mit deiner Mum durchzustehen.