AW: Heute in der Uniklinik Heidelberg .......
ERFAHRUNGSBERICHT EINER ANGEHÖRIGEN AM STERBEBETT
Hallo meine Lieben,
was soll ich sagen? Wir kämpfen immer noch, wenn auch sehr schwach.......
Dank Tavor und Neurocil hat meine Mum keine Angst und keine Unruhezustände mehr und mit 2-3x 40mg Morphium/2ml auch keinerlei Schmerzen. Zzgl. Fentanylpflaster 175 alle 2 Tage.
Was bin ich diesen Medikamenten dankbar, erleichtern sie doch dem Angehörigen vieles und ich kann jedem nur raten, sich diese Medikamente zu merken!
Meine Mum bekommt vom Hausarzt noch jeden Tag eine Entwässerungsspritze, aber viel Urin/Wasser wird nicht ausgeschieden. Ca. 700ml/Tag, was aber für die Wassermenge im Körper viel zu wenig ist. Der Puls steigt täglich weiter an. Heute auf 128/Min. Das Herz schafft wie blöd, aber vom Kopf her ist meine Mum noch voll da. Laut Diakonieschwester gibt es wenige, die in den letzten Stunden/Tage noch so klar im Kopf sind.
Die letzten Tage waren am Anfang sehr hart, Blutspuckerei, Blut im Stuhl (ich frag mich heute noch, wo der Stuhl gewesen ist, sehe nur viel Blut vor mir)
Am schlimmsten finde ich diese Augen, die irgendwie leer sind und durch einen hindurch schauen. Oder wenn sie von ihren toten Geschwistern redet, denen sie unbedingt anrufen muss und ich das auf einen Zettel schreiben soll, damit sie es nicht vergisst. (Frisch nach dem aufwachen)
Mit dem Trinken haben wir keine Probleme, das möchte sie noch und auch den Becher selbst halten. Da aber die Kraft in den Händen sehr schwach ist, wird meine Mum richtig "narred", wenn es dann net klappt.
Gestern traf es mich mitten ins Herz, als meine Mum zu mir sagte, ich würde sie mit ihren Medikamenten hintergehen. Ich weiss nicht wie sie darauf kommt, gebe doch auch das eine Medikament mal 1 oder 2 Tröpfchen mehr, als der Arzt sagte. (Neurocil)
Viele werden nun wieder die Hände über den Kopf zusammen schlagen, wie ich hier so ausführlich schreiben kann, da es auch Betroffene gibt. Aber ich finde auch dies gehört dazu, also schimpft, ist mir eh egal.>> Sch.. egal <<
Heute bin ich früher heim gegangen und habe ein ganz schlechtes Gewissen, aber meine Kinder auch nichts mehr im Schrank zum anziehen, so dass ich wohl oder übel nun Wäscheladungen bewältigen muss und die Waschmaschine und Trockner wohl heiss laufen werden.
Heute haben wir dem letzten Wunsch meiner Mutter entsprochen und 3 Familien von der kommenden Beerdigung ausgeladen. Was erledigt ist, ist erledigt, seufz.
Der Tag über ist vom körperlichen her nicht anstrengend, nur am Bett sitzen, Trinken geben, kurz aufrichten lassen, Bett mit der Diakonieschwester (kommt 1x am Tag) zusammen richten etc., aber vom phsychischen her eine Qual. Mein Dad kann nicht die ganze Zeit bei ihr sein, da er die Hilflosigkeit einer zuvor starken Frau nicht mit ansehen kann. Meine Schwester auch wenig "Zeit" hat und so bin eben ich da. Habe aber etwas reduziert und zwar von ca. 09.00 Uhr bis 23.00 Uhr. Der Körper macht nicht mehr so mit und ich bin irgendwie dauer müde. Zudem auf telefonischem Abruf. Tief und entspannend schlafen in der Nacht ist auch nicht, aus Angst, das Telefonklingeln nicht zu hören.
Das war es mal wieder von uns und zudem möchte ich mich für Eure lieben und aufmunternden Worte bedanken, die mir wirklich viel Kraft geben. Klar habe ich Freundinnen, ganz tolle sogar, aber richtig reden kann ich nicht, was mich bedrückt, dafür danke ich Euch, denn bei Euch kann ich mein Herz ausschütten, in der Anonymität.
Eine letzte Frage: Kennt Ihr das Lied von Pur : In Gedanken
Kann man dieses Lied auf einer Beerdigung spielen? Ich finde dieses Lied so treffend, aber das Grab ist ja während des Gottesdienstes noch nicht verschlossen, hmm, seufz.
Ihr seht, in meinem Kopf plane ich bereits die Beerdigung und doch hofft mein Herz, es gebe noch ein Wunder und meine Mum steigt wieder fröhlich aus ihrem Bett raus............
Den ganzen Tag über kann ich nicht weinen, aber jeden Abend lese ich Eure Beiträge an mich immer und immer wieder durch und dann kann ich wenigstens kurz abschalten und meinen Tränen freien Lauf lassen.
Ich drücke Euch alle
Claudia
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Meine liebe Mama (60) >> siehe Profilbild <<:
19.11.2008 Verdacht auf BSDK
27.11.2008 Whipple OP  T3N1M0R1
30.12.2008 Portzugang
19.01.2009 Anfang Chemo 5FU/24Std/7Tage
03.07.2009 Ende der Chemo
08.01.2010 3 fache Wirbelkörperfraktur OP
19.03.2010 Metas in Leber, Lunge und Bauchfell gesichtet
05/2010 Man gab meiner Mum noch eine Lebenserwartung von 1 Woche
08/2010 Wir kämpfen immer noch! 
07.09.2010 Gehofft, gekämpft und doch verloren
Geändert von ClaudiaF (05.09.2010 um 21:41 Uhr)
Grund: Medikament falsch geschrieben
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