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Alt 14.09.2010, 21:11
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Junimond Junimond ist offline
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Standard AW: erfahrungsbericht meiner prophylaktischen mastektomie

Liebe "Busenfreundinnen",

Mensch, hier ist ja innerhalb eines Tages eine ganze Menge passiert Leider war ich den ganzen Tag im Büro und kann mich erst jetzt zu Wort melden. Zunächst muss ich sagen: Ich freue mich über den regen Austausch hier im Forum, auch bzw. gerade weil auch kritische Töne geäußert werden.

Nixe, Du hast mir in Deinem Beitrag aus der Seele gesprochen - hätte meine Antwort sein können, danke Negativ ist eben tatsächlich nicht gleich negativ. Der Genetiker sagte mir sogar, er gehe sicher davon aus, dass in meiner Familie ein Risikogen bzw. (wahrscheinlicher) ein gefährlicher Gen-Mix vorliegt - dieser kann jedoch (noch) nicht identifiziert werden. Mein Heterozygotenrisiko liegt bei nicht gerade geringen 25%. D.h. mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% bin ich Trägerin eines Brustkrebs-Gens. Deswegen wurde ich ja auch in das intensivierte Früherkennungsprogramm aufgenommen (in dem mir - so wurde es mir gesagt - neben Früherkennungsmaßnahmen auch prophylaktische OPs zur Verfügung stehen). Zudem möchte ich hier noch mal erwähnen, dass neben Meiner Mutter (Diagnose mit 34 Jahren, aber bereits recht großer Tumor) die Tochter der Tante meiner Mutter mit 23 (!!!) Jahren erkrankt ist. Der Genetiker wollte das kaum glauben, Befunde liegen aber vor. Das treibt mein Risiko, sehr jung zu erkranken, enorm in die Höhe.

Dass die Krankenkasse wahrscheinlich Probleme machen wird, macht mich schon jetzt etwas unsicher und traurig. Dennoch habe ich einen leisen Hoffnungsschimmer, dass es klappen könnte mit der Kostenübernahme. Vielleicht ist das naiv. Aber ich frage mich, warum die Ärztin an der Uniklinik mir proaktiv (!) einen Termin zur Besprechung der prophylaktischen Mastektomie anbietet, wenn eine Kostenübernahme sowieso ausgeschlossen ist. Meine Risikosituation kennt die Ärztin ja. Da warte ich erst einmal ab. Notfalls muss man über eine eigene Finanzierung nachdenken, allerdings weiß ich nicht, was passiert, wenn man z.B. auf der Intensivstation landet - das kann ja wirklich kein Mensch bezahlen.

Auch ich bin mir bewusst, dass die OP hart wird. Ich richte mich auf extreme Schmerzen ein, die ich in einer solchen Intensität noch nie hatte. Das optische Ergebnis könnte mich enttäusche. Ich könnte psychische Probleme kriegen. Auch eine Kapselfibrose ist möglich. Alles Mist, ich weiß

ABER: Ich sehe auch die Riesenchance, die mit dieser OP verbunden ist! Ich könnte endlich aufatmen. Meine Zukunft planen, nicht immer nur bis zur nächsten Früherkennungsuntersuchung. Könnte eine Familie gründen und ein Kind bekommen (mir wurde wegen des hormonbedingten Erkrankungsrisikos von einer Schwangerschaft tendenziell abgeraten). Ich könnte - bis auf die unechten Brüste - endlich wieder eine junge Frau sein wie alle anderen.

Und, wie Nixe schreibt, der Wunsch nach der OP ist bei mir über Jahre gereift. Ich denke nun schon vier Jahre intensiv darüber nach. (Und eigentlich ist der Brustkrebs seit mehr als 15 Jahren in meinem Leben, seitdem meine Mutter so schlimm erkrankt ist.) Und erst jetzt fühle ich mich reif für den Besprechungstermin mit der Ärztin. Gleichzeitig lege ich auch viel Hoffnung in diesen Termin. Und genau deswegen war ich gestern so enttäuscht, dass er nicht stattgefunden hat.

Ich weiß, dass mein Fall zum Teil kritisch beäugt wird. Und ich kann wahrscheinlich noch nicht einmal erahnen, welches schwere Leid die vielen Frauen hier im Forum durchmachen. Und so hart es sich auch anhört: Genau dieses Leid einer Erkrankung, der Chemotherapie, der Bestrahlung, der verlorenenen Unbeschwertheit, der ständigen Angst, das würde ich mir gerne durch die OP ersparen. Vielleicht habe ich ja ein bisschen Glück und finde in Frau Dr. N.-K. eine Ärztin, die mich operiert.

Manchmal fühle ich mich mit meiner Situation unendlich alleine. Aber ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin in meiner Situation. Das habe ich Euch hier im Forum zu verdanken.

Liebe Grüße
Junimond
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