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Alt 22.11.2010, 07:05
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Chemo bei ProstataCa wird nicht besser

Liebe Chica ,
wo sonst, wenn nicht hier, solltest du das schreiben können, was in dir vorgeht.
Hier ist dein "Haus", deine Beiträge, deine Worte deiner Hoffnung, deines Glaubens, deines Bangens, deiner Verzweiflung, deines eigenen inneren Stückchen Sterbens mit dem Tod deines Papas...

Du denkst, du schreibst wirr oder unverständlich?
Ich kann verstehen, was du meinst.
Du beschreibst das so schön... die Schmetterlinge, die ihn Stück für Stück mitgenommen haben... der Regenbogen, der ihm den Weg gezeigt und ihn begleitet hat... schöner geht es kaum, um diesem Schmerz wenigstens ein kleines bischen Hellligkeit abzuringen.

Weißt du, mach dich nicht verrückt, weil du denkst, du hättest ihm hörbar sagen müssen, dass du ihn liebst.
Ja, er wusste es - das weißt du. Und ich denke, er wusste auch, dass es dir grade in diesen intimen Momenten sehr, sehr schwer fallen würde, das zu sagen. Es gibt Beziehungen zwischen Menschen - vielleicht grade die zwischen Eltern und Kindern -, die sich auch ohne Worte genau verstehen.

Sieh mal, es gibt viele Menschen, die nicht über ihre Gefühle reden oder sie bis ins Detail zum Ausdruck bringen können... die zeigen es anders, durch Gesten, durch Blicke, durch ihr Da-sein. Und es kommt an beim Gegenüber.

Mein Herz klopfte mir bis in die Haarspitzen, als ich es mir vornahm. Ich habe einen Moment gewählt, als ich bei meinem Paps saß und er schlief. Das war der gleiche Moment, als ich ihm sagte, dass er gehen darf, ohne eine Last tragen zu müssen und alles geregelt sei.
Ich habe mich kaum getraut. ICH habe mich gehört, aber ob ich wirklich hörbar war? Ich weiß aber, dass er es genau wusste und ganz, ganz sicher gespürt hat.
Ich wusste, dass es mir sehr schwer fallen würde, denn wenn ich sonst mal sagte "Ich hab dich lieb", dann waren wir in einer völlig anderen, normalen Situation... nicht so, dass er schmerzhaft im Bett liegen musste und ihm das Ende nahte. Ich hatte Angst, ihm das zu sagen, weil ich Angst davor hatte (obwohl ich es genau wusste), dass es dann endgültig ist und nichts Gutes mehr kommt... es wäre das letzte Mal, wo ich es ihm sagen könnte. Diese Angst schnürrte mir die Kehle zu.
Deswegen war ich auch mucksmäuschenstill, ganz furchtbar leise und hatte eine zittrige Stimme. Ich wollte ihn nicht aufwecken, ich wollte nicht, dass er mir dabei oder danach ins Gesicht schaut, ich wollte nicht sehen, dass er vielleicht gerne was gesagt hätte, es aber nicht konnte. Ich wollte es einfach nicht. Ich wollte keine Antwort. Ich wollte nur, dass er es weiß. Und wenn er mich nicht gehört hat, dann hat er es gespürt. Nicht nur an diesem und seinen letzten Tagen, sondern während seines ganzen Lebens.

Chica, tausendmal - lass deine Gedanken raus.
Vielleicht hilft es dir, wenn wir dir dazu was schreiben... eine kleine Orientierungshilfe in deinem Schmerz.
Der Schmerz wird sich verändern. Er tut irgendwann nicht mehr so weh, wird dich aber für den Rest deines Lebens begleiten - so, wie es dein Papa tut.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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