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Alt 28.04.2004, 13:16
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Standard Wie kommt der Tod?

Hallo alle zusammen!
Ich verfolge dieses forum seit sept.2001 sehr intensiv.Ich habe aber nie geschrieben ,lesen hat mir gereicht. Doch nun möchte ich meine Geschichte aufschreiben.Im Sept.2001 wurde bei meinem Bruder ein nicht-kleinzelliges adeno Karzinom festgestellt. Zu der Zeit schon so weit fortgeschritten das eine op nicht mehr in Frage kam.Mein Bruder war zu der Zeit 33, seine Frau 23 und die beiden Kinder 20 Monate und 6 Monate.
Das war ein großer Schock für uns alle.Nach einer langen Reihe von Untersuchungen wurde festgestellt das der Tumor Männerhand groß war. Metastasen wurden zum Glück nicht gefunden. Es folgten Chemos und Bestrahlungen . Chemos haben nicht angeschlagen. Bei der Bestrahlung wurde die Speiseröhre in mitleidenchaft gezogen. Er konnte kaum noch etwas essen ,ist auf 48 kg abgemagert. Astronautenkost war angesagt. Es ging gesundheitlich mal bergauf dann wieder bergab.Zwischendurch waren mal kürzere mal längere Krankenhaus aufenthalte angesagt. Lungenklinik Essen hatte damals die diagnose festgestellt, aber da sie auch weiter nichts machen konnten, wurde uns Maria Hilf in Mönchengladbach empfohlen. Da wurde er auch immer sehr gut betreut. Wir waren auch sehr zufrieden als Angehörige.Mitte 2002 durfte er an einer Studie Teilnehmen mit dem Medikament Iressa(oder so Ähnlich). Welch ein wunder , es ging ihm immer besser. der Tumor war zum Stillstand gekommen.
Anfang 2003 ging er wieder voll arbeiten, im April ist die Familie nach Spanien in den Urlaub gefahren.Leider mußte der Urlaub abgebrochen werden ,da mein Bruder über starke Schmerzen im Rücken und Schwindelanfälle hatte. Lange Rede ,kurzer Sinn, nach den Untersuchungen wurden Knochenmetastasen und Hirnmetastasen festgestellt.Er konnte nicht weiter arbeiten, die Knochen und der kopf wurden bestrahlt.Hinzu kamen taubheitsgefühl in dem linken Bein.Auto fahren war von nun an auch verboten.Das laufen wurde immer schlechter. Zuerst kam ein Rolator später der Rollstuhl.Um meine Schwägerin zu entlasten(und natürlich weil ich meinen Bruder um mich haben wollte, damit ich sehen konnte wie es ihm wirlkich geht) , haben wir die Familie immer öfter zu uns kommen lassen.Manchmal sogar für mehrere Wochen. Wir wohnen 150 km auseinander. Ich konnte auch nicht immer weg, weil wir 4 Schulpflichtige Kinder haben.Wir haben ein einiger maßen großes Haus mit einem sehr schönenWohnzimmer und angrenzendem Wintergarten,mit Blick in den Garten. So haben wir dann ein Bett im Wohnzimmer aufgestellt,sso das er immer bei uns sein konnte, selbst wenn er nur schlief. Er hat sich sehr wohl bei uns gefühlt, denn bei uns war immer was los.Aber er konnte auch die Ruhe haben die er brauchte.Dann kamen die epileptischen anfälle hinzu.Mein Bruder durfte nicht mehr alleine bleiben.Die ärztin teilte uns dann mit das er Weihnachten nicht mehr erleben wird. Meine Schwägerin hat unser Angebot gerne angenommen und sie waren noch öfter bei uns. So konnte sie auch mal was erledigen oder einfach nur mal raus. Bei uns war in der Zeit immer jemand für meinen Bruder da und wenn es nur ein von meinen Kinder war.Das war im oktober als die ärztin uns das mitteilte. Weihnachten rückte immer näher, mein Bruder mußte zwischendurch noch mal ins Krankenhaus. Inzwichen sprizte sich mein Bruder schon 100!!!! Ampullen dicodid in 14 Tagen . Morphiumplaster war auch schon lange angesagt.Er bekam alles verschrieben was er brauchte. Für ihn war auch klar , das er nicht zuhause sterben wollte sondern im Krankenhaus.Zeitweise wollte er nicht mehr leben , er konnte nicht mehr. Auf einmal verspürte er den Wunsch Weihnachten doch noch erleben zu wollen.Aber je näher Weihnachten rückte desto mehr drückte es in meiner Brust.Heute bin ich immer noch sauer auf die Ärztin das sie es uns so erzählte. Sie hätte ja auch noch von Wochen reden können.Aber er hat Weihnachten erlebt.Darüber bin ich sehr froh. Natürlich haben wir Weihnachten zusammen verbracht. Meine Schwester die im ausland lebt ist auch mit ihrer Familie gekommen und natürlich meine Eltern. Das Jahr geht zuende. Silvester empfand ich als besonders schlimm. Was wünscht man einen Todkranken Menschen?????? Daran darf ich gar nicht zurückdenken , denn diesen Abend fand ich besonders schlimm.Meine Schwester war mit ihrer Familie auch Silvester bei uns. Heute verstehe ich überhaupt nicht mehr wie ich diesen ganzen Stress bewältigt habe.Gott sei dank habe ich eine sehr lieben Mann der auch voll und ganz in dieser Zeit híntermir stand. Für mich war es selbstverständlich so zu handeln , aber viele meiner Bekannten haben mir gesagt das ihre Männer das nicht mitgemacht hätten.Dafür möchte ich meinen Mann auch noch mal von ganzem Herzen danken.Mitte Januar mußte mein Bruder wieder ins Krankenhaus. Leider war in dem Krankenhaus wo er sonst behandelt wurde kein bett frei, noch nicht mal ein Notbett. es wurde uns ein anderes Krankenhaus empfohlen.Er also dort hin und das war die reinste Katastrophe. Ich weiß natürlich auch das ein Arzt dazu da ist Menschen am Leben zu erhalten, Aber doch nicht mehr wenn dieser Mensch nicht mehr kann und nicht mehr will und er sowieso nur noch ein paar Tage zum leben hat. Sie wollte neue Untersuchungen machen, sie wollten Ihn sogar zwangsernähren.Dann habe ich mit meine Schwägerin über ein Hospiz gesprochen. Ich, diejenige die immer dagegen war.Ein Hospiz war für mich immer wie ein abschieben.Das war an einem Dienstag.Meine Schwägerin war dagegen.Jeden Tag bin ich zum Krankenhaus gefahren, entweder hat mein Mann sich frei genommen oder ich habe die KInder in der Nachbarschaft verteilt. In dem Krankenhaus durften wir als Angehörige auch nicht übernachten. In dem Andern Krankenhaus hat regelmäßig jemand von uns übernachtet.Wir wurden dort sogar vollverpflegt .Es wurde immer schlimmer, mein bruder hat weiße Klötze gesehen, die sich immer mehr zu einer Wand zusammen fügten. Donnerstags rief meine Schwägerin mich an. ob ich mir zusammen mit ihr das Hospiz ansehen. Ich habe natürlich sofort ja gesagt. Freitag morgen hatten wir dann auch einen Termin im Hospiz. Es war dort so angenehm, die Leute so nett, verständnisvoll. Nachdem wir alleserzählt hatten wurde mein Bruder aufgrund der Umstände sogar vorgezogen. So mackaber es auch war. Inder Nacht wurde ein Bett frei und der jenige der an erste Stelle auf der Liste stand wurde noch nicht benachrichtigt. Mein Bruder konnte heute noch kommen.Leider hatten wir vorher nie über dieses Thema gesprochen, weil klar war er würde im kkHaus sterben. Dies war nun aber nicht mehr möglich. Also wir zusammen ins Krankenhaus,haben meinen Bruder aufgeklärt. Er mußte sich entscheiden. Er war überfordert,also haben wir in gedrängelt sich zu entscheiden.Er hat dann dafür gestimmt.Nachmittags wurde er verlegt.Der transport war anstrengend. Gegen abend bin ich mit meiner Familie dann noch mal ins Hospiz gefahren. Es füllte sich dort sehr wohl.Am nächsten Tag ist er dann noch mal in ein größeres Zimmer verlegt worden. Mit einem zusätzlichen Schlafsofa für Angehörige.Da wurde mir klar, das ich die Nächte da verbringen würde.Also bin ich abends nach dem mein Mann von der Arbeit kam ins Hospiz gefahren ,habe dort meine nächte verbracht. Mein Mann hat die kinder zur Schule gebracht, ich war wieder da als sie nach Hause Kamen.In der Zeit habe ich viele gespräche mit den betreuern nachts geführt. Ich war so froh,das ernun doch dort war. Freitagsist er dort angekommen, Sonntags haben wir dort den Geburtstag meiner Schwester gefeiert.Danach hat er die meiste Zeit geschlafen. Meine Schwester und meine Schwägerin haben auch so oft sie konnten dort mitübernachtet. Oft waren wir zu dritt die ganze Nacht da und mein Bruder hat gespürt das immer jemand von uns da war.Wir konnten nicht nur dort übernachten, wir durften uns auch voll verpflegen in der Küche. Im hospiz wird auch für einem sterbenden das Leben so angenehm wie möglich gemacht.Das was in deren Macht steht um schmerzen zu lindern, wird ermöglicht.Ich habe meinen Bruder zwischendurch maal gefragt ob er es bereut das wir ihn so überrumpelt haben mit der verlegen. Er hat es verneint.Dort geht alles so ruhig ab. Es wird morgens keiner geweckt,wenn jemand Hunger hat bekommt er es auch außerhalb der Essenszeiten.Sogar extra würste werden gebraten.Wenn ich dann doch mal nachts eingenickt bin, saß so oft eine Schwester an seinem Bett und hat ihn einfach nur die Hand gehalten. Ich bin dieser Einrichtung so dankbar für alles was sie gemacht haben. Und sei es einfach nur uns Angehörigen durch eine ganz simple Umarmung ohne Worte.Wir haben dort zusammen viel gelacht, aber wir haben mit den betreuer auch zusammen sehr viel geweint. Am 7 .Febr. dieses Jahres ist mein Bruder sehr friedlich eingeschlafen. Er hat beim atmen immer sehr geröchelt, das röcheln war weg, wir haben nach der schwester geklingelt und sie sagte uns er hat es gleich geschafft. Sie hat uns die Angst genommen,Sie war mit uns dabei.Vielen Dank. Heute kann ich sagen es war ein sehr schöner Tod.Wer soetwas über die ganze zeit nicht miterlebt hat , kann es vielleicht nicht nachempfinden. Der Tod ist nicht schlimmes. Es war eine Erlösung,die er sich sosehr gewünscht hat. Mein Opa ist auch vor 32 Jahren am 7 febr. gestorben und ich bin mir auch sicher das er ihn geholt hat. Er ist nicht alleine gegangen . Für seine und meine Kinder ist ER der helle Stern am Himmel der immer bei uns ist und immer bei uns bleiben wird.
Noch eine anmerkung. Mein Bruder wollte nicht auf herkömmliche Art und Weise Beerdigt werden. Mein Bruder liegt in einem Friedwald in der Eifel. Er wird in dem Baum weiterleben an dem er beigesetzt wurde.Es ist eine neue Form der Bestattung ganz in freier Natur.Nähere info unter WWW.freidwald.de Ich glube es gibt bislang nur drei oder vier solcher wälder. Wir fahren dort regelmäßig hin so langsam werden die baüme wieder grün und es bestätigt mich darin das ER in dem Baum weiterleben wird.
Ich bin Froh , das ich mir das alles von der seele geschrieben habe, es tut sehr weh, aber er hat seinen Frieden gefunden und für uns geht es weiter so schwer wie es auch an manchenTagen sein mag.
Sorry wenn manches etwas wirr ist.
Ein hospiz ist übrigens die beste einrichtung die es für sterbende und deren ängehörige gibt.
Ich werde auch weiterhin alles mitverfolgen
Ich wünsche euch alles erdenklich gute und viel Kraft.
Bine 64
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