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Hallo ihr Lieben,
ja...wo fange ich an...ich weiß es nicht...ich bin so durcheinander und am Ende. Ich bin 24 Jahre alt, und mein Vater wird jetzt 63. Seit dem 16. Januar 2011 wissen wir, dass er Krebs hat. Leberkrebs. Vermutlich entstanden durch eine vorhergegangene Leberzirrhose, aber sicher kann man das natürlich nicht sagen. Seine Mutter starb im gleichen Alter an Leberkrebs, also vielleicht auch einfach erblich bedingt. Er wurde operiert und der Tumor in der Leber verdampft. Das restliche Jahr haben wir auf eine neue Leber gewartet. Ich habe ihm extra ein Handy besorgt, für den Fall dass sich die Klinik meldet und wir dann sofort losfahren können. Vor 3 Wochen schien noch alles in Ordnung. Eine erneute Untersuchung ergab: "Alles ok, nichts nachgewachsen". Die Dame in der Klinik, die die Transplantationen koordiniert, sagte sogar noch, er sei jetzt in den kommenden Wochen an der Reihe, da er sich mittlerweile auf einem Listenplatz befinde, wonach ein baldiger Anruf immer wahrscheinlicher sei. Nach einer weiteren Untersuchung dann, weiß nicht mehr genau wann die war, erhielt der Hausarzt meines Vaters die Ergebnisse. Er rief meinen Vater an und sagte was von Nebenniere und Lymphsystem. Er sagte aber, das müsse jetzt nochmals untersucht werden, damit man etwas konkretes sagen könne. Also fuhren mein Vater und ich zusammen in die Klinik. Nach der Untersuchung hatten wir ein Gespräch mit dem Arzt, und er teilte uns mit, dass der Krebs gestreut habe. Nebenniere, Lymphgefäße um die Leber herum und ja...dass eine Transplantation nichts mehr bringe, da die Metastasen auf die neue Leber wieder überspringen würden. Allein schon dadurch bedingt, dass das Immunsystem runtergefahren werden muss, damit der Körper die Leber nicht abstößt. Der Arzt hat uns dann gesagt, dass es mittlerweile gute Medikamente gibt, die den Krebs aufhalten. Mein Vater nimmt nun ein Medikament von Bayer, welches den Krebs aufhalten bzw. ausbremsen soll. Es hat sehr starke Nebenwirkungen und nebenbei bemerkt, kostet es 5500€!! im Monat. Er hat gestern damit begonnen. Man muss abwarten, wie er es verträgt und ob es überhaupt irgendetwas hilft. Ganz nebenbei gesagt, es ist so eine dermaßen große Sauerei, dass die Pharmaindustrie an der Verzweiflung der zu tode geweihten Menschen einen solchen Gewinn macht. Ich könnte wirklich k..... wenn ich darüber nachdenke. Aber das, wie gesagt, nur nebenbei. Seit dem Gespräch mit dem Arzt, befinde ich mich in einer Art Schockstarre. Fast jeden Tag muss ich weinen etc. Die ganze Hoffnung wurde zerstört, vom einen auf den anderen Moment. Gestern war ich dann aufgrund einer Erkältung bei meinem Hausarzt, der früher auch mal meinen Vater behandelt hat und ein Bekannter der Familie ist. Er fragte mich am Ende, wie es denn dem Papa gehe. Nun, ich habe ihm soweit alles erzählt etc. Er hat mir dann z.B. erklärt, warum es 3 Wochen zuvor noch hieß, es sei alles in Ordnung und 3 Wochen später dann, dass der Krebs gestreut habe. Die Tumore waren noch zu klein um sie zu erkennen etc. Eine logische Schlussfolgerung von mir war dann, dass mittlerweile noch viel mehr Organe betroffen sein könnten, man es nur noch nicht sieht, aufgrund der Metastasengröße. Mein Arzt sagte, das könne nicht nur sein, sondern das wäre vermutlich auch so... Als ich ihm dann von dem Medikament erzählte, und fragte, ob er es kennt und ob man eine Prognose auf die Jahre abgeben kann, sagte er u.a., dass man in Monaten rechnen müsse, und nicht mehr in Jahren. Zuhause angekommen, habe ich erstmal wieder einen Heulkrampf bekommen. Es wirkt alles so unwirklich, so schrecklich. Ich bin 24 Jahre alt und werde vermutlich noch dieses Jahr, meinen Papa verlieren. Es ist unsagbar schrecklich und unmenschlich. Vor allem, da mein Vater und ich mein ganzes Leben eine Distanz zwischen uns hatten, was darin begründet liegt, dass er vor seinem Vor-Ruhestand in seinem zeitintensiven Beruf viel arbeiten musste und immer wenig Zeit hatte. Außerdem hat er seinen Vater verloren, als er 6 Jahre alt war und seine Mutter hat ihn sehr schlecht behandelt - er hat praktisch keine Liebe von seinen Eltern erfahren. Keine emotionale Nähe und nichts. Folglich hat er das auch nie wirklich "gelernt". Als er im Januar in mein Zimmer kam, um mir die Diagnose Krebs mitzuteilen, fing ich bitter an zu weinen. Normalerweise würde der Vater seinen Sohn in den Arm nehmen, aber so war es nicht. Ich nehme ihm das nicht krumm, er ist einfach nicht der Mensch für sowas. Naja, wie auch immer. Das alles genau auszuführen, würde den Rahmen hier endgültig sprengen. Aber so habe ich zumindest mal die Spitze des Eisbergs angekratzt. Jedenfalls sind wir erst seit paar Jahren "enger zusammen gerückt". D.h., wir erzählen uns gegenseitig was etc. Wir wurden quasi gerade erst so richtig warm miteinander. Und das soll jetzt alles schon wieder vorbei sein?!.... Ich habe 3 ältere Geschwister, einen Neffen, meine Mutter und meine Freundin. Das heißt, ich bin wenigstens nicht alleine. Ich wohne noch mit meinen Eltern Zuhause in unserem Haus. Eigentlich wollte ich nächstes Jahr mal ausziehen, in eine eigene Wohnung. Aber jetzt, werde ich auch das nicht machen können. Ich muss doch auf meine Mama aufpassen, ich kann sie nicht alleine in dem (für eine Person) großen Haus lassen. Will ich auch garnicht. Es zerreisst mein Herz in Stücke, wenn ich daran denke, dass ich meinen Papa bald verlieren werde. Ich ihn nicht mehr um Rat fragen kann, seine Stimme nie mehr höre, ihn nie wieder sehe. Wir seinen Geburtstag im Februar, wahrscheinlich zum letzten mal "feiern" bzw. zusammen erleben dürfen. Meine Mama früher oder später alleine sein wird - abends alleine fernsehen muss. Mein Vater meine Kinder nie kennenlernen wird, er nicht mal erfahren wird, welchen Beruf ich erlernen werde (drücke zur Zeit nochmal die Schulbank), er nie sehen wird wie weit ich es im Leben gebracht habe, ...und so weiter usw. Leute, ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht, wie ich dieses Jahr überstehen soll. Auch schulisch - es stehen in 5 Monaten meine Abschlussprüfungen an. Ich weiß nicht, wie ich die schaffen soll, wie ich dafür lernen soll...etc. Aber auch das, ist nur ein Problem am Rande des Ganzen. Ich weiß nicht, wie ich mit meinem Vater "normal" umgehen soll. Alles andere im Leben wird auf einmal so bedeutungslos. Ich zerbreche innerlich, wenn ich mich in meinen Vater hineinversetze - was muss er bloß fühlen und denken?! Wie muss es sein, wenn man darüber nachdenken muss, wie es ist, tot zu sein?! Mein Gott... Ich weiß, dass ich es schaffen muss, meinem Vater "normal" zu begegnen. Allein Schon aus dem Grund, dass er damit für kurze Zeit aus dem Gedankenkarussel rausgeholt wird. Aber ich weiß nicht, wie ich das machen soll. Ich bin so leer und sprachlos. Momentan meide ich aber sowieso den Kontakt und gehe ihm aus dem Weg, aufgrund meiner Erkältung. Eine Erkältung wäre jetzt das letzte, was er vertragen würde. Ja...so sieht es bei mir bzw. uns aus. Das war jetzt mal so die Kurzform dieses Albtraums, aus dem ich täglich zu erwachen hoffe. Es tut mir Leid, dass es doch soviel wurde. Anfangs dachte ich, ich könne garnichts schreiben und es würde ja sowieso nichts an allem ändern, aber es ging doch irgendwie. Es musste mal raus. Besonders unter Leuten, die ähnliches durchmach(t)en. Ich möche mich dafür entschuldigen, dass es vermutlich etwas wirr und durcheinander geschrieben ist, auch dass sicher einige Fehler etc. enthalten sind, aber das ist gerade so aus mir raus gesprudelt und ich hoffe, ihr könnt mir folgen. Ich finde es toll, dass es dieses Forum gibt und bin in Gedanken bei allen, die ähnliches durchmachen und durchmachen mussten. Trotz allem, Schöne Grüße, Sebastian |
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