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Hallo ihr Lieben!
Ist das lange her, das ich zuletzt geschrieben habe...aber ich denke, ihr werdet es mir nachsehen. Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll...viel ist in den letzten Wochen passiert, wobei ich nicht sagen kann, was jetzt wichtig ist, was weniger oder gar nicht. Ich werde es so machen wie immer...frei Schnauze. Zuerst möchte ich mich noch einmal bedanken für eure Unterstützung, sei es mit Hilfe der Spenden (durch die wir schon viel erreichen konnten), sei es durch eure Gedanken und eure Wünsche. Auch wenn ich lange nicht schreibe oder keine E-Mails beantworte, so ist es nicht so, das dies aus mangelndem Interesse ist, sondern einfach nur deswegen, weil ich nicht immer schreiben kann. Es war in den letzten Wochen so, das nach dem Fiasko mit der Krankenkasse einfach alles auf mir eingestürzt ist...alles was ich mir sehr mühsam aufrecht erhalten habe, ist zusammengebrochen und ich konnte gar nichts dagegen tun. Mag sein, das es im Grunde genommen nur eine Mauer war, die ich aufgebaut hatte...aber sie hat mich auf eine bestimmte art und Weise vor Schmerz und Leid beschützt. Niemand konnte da hindurch. Hinter dieser Mauer habe ich Sachen weg gepackt wie meine Kindheit, meine Jugend und meine Verlustängste. Als diese Mauer eingestürzt ist, hatte ich diesen Schutz nicht mehr. Dabei muss ich ja sagen, das das mit der Krankenkasse letztendlich nur der Tropfen war der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Nun ja, wie dem auch sei...ich kann nicht mehr schlafen, ohne Albträume zu haben...meine Schmerzen sind schlimmer...mein Körper rebelliert eigentlich in jeglicher Hinsicht ...und was mir am meisten zu schaffen macht...ich kann oder konnte mich nicht mehr mitteilen, sei es in Gesprächen oder mit schreiben. Mein innerer Garten war verwelkt...mein Garten war bis dato immer etwas worauf ich stolz war. Ich konnte zu dieser Zeit so gar nichts dagegen tun...und ich wollte auch nicht mehr. Was für mich am schlimmsten war, ist das die Angst, die ich eigentlich so gut unter Kontrolle hatte, wieder da war. Nicht etwa die angst vor dem Sterben...davor habe ich keine Angst. Es ist die Angst vor dem Leben, einem unmenschlichem Leben...es ist wie eine steile Kluft, die sich in einen unendlichen Abgrund erstreckt...man kann sie nicht bezwingen. Jetzt kann man sagen, Du hast einen wundervollen Mann, Du hast deine Kinder...ja sicher, die habe ich...aber wie lange denn noch? Ich denke mir wie schlimm es für sie sein wird, wenn ich sterbe...denn sie müssen ja hierbleiben...ich würde sie gerne mitnehmen, egoistisch ich weiss. Aber ich habe auch Angst vor dem Gehen, weil ich meine Familie zurücklassen muss...wobei ich mir im Endeffekt nichts sehnlicher wünsche als endlich einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Die Schmerzen...die schlechten Nachrichten...die Angst nehmen immer mehr zu...von Tag zu Tag, selbst von Stunde zu Stunde. Es ist eine Angst vor der Unmenschlichkeit...vor noch mehr körperlichen Qualen, wie ich sie jetzt schon habe. Ich wache nicht mehr ohne Schmerzen auf...sie sind allgegenwärtiger als sie es jemals zuvor waren. Meine Schmerzmittel sind schon derart hoch dosiert, so das ich mich schon frage ob es eigentlich eine Steigerung gibt...und trotz der hohen Dosierung habe ich immer noch Schmerzen und es werden immer mehr, sie werden von Tag zu Tag intensiver. Wo es vorher "nur" Magenschmerzen waren..."nur" mal am Tag ein oder zwei Schmerzspitzen, sind es jetzt Knochen- und Gelenkschmerzen...Erbrechen bis zum abwinken...ständige Übelkeit, Magen- und Kopfschmerzen...es hört nicht auf. Mein Tod wird eine Erlösung für mich sein...für meinen geschundenen Körper...der Tod wird mich aus dem Albtraum des Lebens erwecken. In der letzten Zeit ist mein Garten zwar wieder erwacht, aber nichtsdestotrotz ändert das etwas an meine Gefühlen und Gedanken. Nur daran, dass ich jetzt wieder daran arbeiten kann in Ruhe gehen zu können. Denn das ist mir nach wie vor eines der wichtigsten Dinge. Manchmal kommt der Gedanke daran wie es wäre zurückzukehren...an den alten Dingen festzuhalten und dem neuen keine Zukunft zu bieten. Aber eigentlich möchte ich das gar nicht...denn dann hätte ich vieles nicht erfahren dürfen, viel Zuneigung...viel Liebe und Trost und bestimmte Freundschaften hätte ich nicht mein eigen nennen dürfen. ich weiss, dass in mir ein gnadenloser kampf tobt...ich habe soviel Hass in mir, kann ihn oft nicht bezwingen. Ich verletzte mit meinem Hass, möchte es aber doch gar nicht. Er gedeiht in mir, obwohl ich es nicht mag. Ich bin noch nicht dahinter gekommen, wr diesen Hass entflammt hat und wie ich ihn bekämpfen kann. Aber ich weiss, dass ich ihn hasse...und auch mich. Ich überlege dann auch, ob ich nicht liebe wenn ich so sehr hasse. Aber dem ist nicht so...ich liebe über alle Maßen. Meine Familie, meine Freunde. Ich würde ihnen so gerne sagen wie ich fühle...aber in den letzten Wochen ist etwas in mir zerbrochen, das es mir unmöglich macht. Es brennt in meiner Seele, zerreisst mich innerlich...rausschreien will ich es eigentlich...stattdessen sind meine Lippen zerbissen. Ich bin zur zeit extrem aufgewühlt...es ist eine Vielfalt an Gefühlen da, die ich so gar nicht ein- und zuordnen kann. Und ich bin an manchen Tagen so abgestumpft, dass ich es auch gar nicht will. Meine Welt...die ist schwer zu erklären...manchmal komme ich raus, teste ob ich noch lebe...spüre mich...bei jedem Schnitt, spüre dass ich da bin. Ich vermisse den schlaf, hoffe auf einen Traum der mich auffängt. Aber da ist nichts...nur fallen, immer tiefer...und dann ist da nur Leere. Ich bin noch nicht körperlich tot...aber das richtige Leben findet ohne mich statt und das zu wissen, macht mich schier wahnsinnig. Ich bin ja gar nicht so vermessen an Heilung zu glauben...selbst ein absoluter Vollidiot weiss, dass ich nicht mehr gesund werde. Aber ist es denn vermessen zu hoffen, dass man etwas Ruhe bekommt? Einmal länger wie drei Stunden schlafen zu können...ein Tag ohnen Schmerzen...das wäre mein Wunsch. Lachen können ohnen diesen falen Beigeschmack...meine Kinder anschauen können, ohne die Gedanken daran sie verlassen zu müssen...in die Augen meines Mannes zu sehen und darin das Blitzen der Lebenslust anstelle der Hilflosigkeit und der Traurigkeit zu lesen. Ist das so vermessen? Ich habe mir immer mehr Zeit gewünscht...aber die Zeit die ich nun mit Hilfe der Chemo, der Bestrahlung und dem ganzen anderen Zeug bekomme, kann ich nicht einmal richtig nutzen, weil mir die ganzen Nebenwirkungen viel zu sehr zu schaffen machen. Und es ist nicht einmal gesagt, das dieser ganze Scheissdreck etwas bringt! Ich bekomme mittlerweile alle 14 Tage Hochdosischemo, da die ersten 5 Chemos rein gar nichts gebracht haben. Meine Organe leiden immer mehr...durch den Krebs, die Chemos, die Medikamente. Ich verändere mich...und merke das auch noch...das ist eines der schlimmsten Dinge die man erleben kann. Für was also soll ich das ganze denn machen? Für mich selbst? Nicht wirklich! Andere sehen mich als ach so stark an...wie ich das alles mache...die Kinder, den Haushalt, mein...unser Leben. Ich bin nicht stark. das sieht nur nach aussen hin so aus...nach innen hin, bin ich verblasst. Nach aussen hin lache ich, bin ich ganz ruhig, lebe ich...doch nach innen hin weine und schreie ich...und mein Inneres stirbt...langsam, aber unaufhörlich. Ich will nicht mehr stark sein...will schwach sein dürfen...endlich schwach sein. |
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