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Alt 03.12.2010, 20:43
yagosaga yagosaga ist offline
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Standard AW: Kleinzeller mit Fernmetastasen

Hallo zusammen,

heute war es nun soweit. Ich bekam heute die erste von 20 Ganzhirnbestrahlungen, in der Hoffnung, dass damit die Hirnmetastasen zerstört werden können. Das, wovor ich mich am meisten gefürchtet hatte, ist nun auch noch wahr geworden. Der Krebs hat jetzt "fünf Fronten" aufgemacht: Lunge, Leber, Lymphsystem, Knochen, und mit den Hirnmetastasen trifft er mich sogar ins Zentrum meiner Persönlichkeit, im Denken, Lernen, Erinnern, Fühlen und Empfinden.

Ganzhirnbestrahlung! - Oder auch Schädelbestrahlung. Die Röntgenstrahlung ist so hart, dass sie durch den ganzen Schädel hindurch geht als wäre er aus Glas wie für Licht. Und das ist ja nicht so ein Pillepalle wie ein bisschen Durchleuchten oder Röntgen. Das geht da richtig zur Sache! Da wird nicht nicht Wasser gespritzt, sondern zielgenau und richtig scharf geschossen! Da müssen andere Leute in Deckung gehen! Und ich bleibe währenddessen mutterseelenallein in der Bestrahlungskammer! Und ich halte meinen Kopf hin - freiwillig!

Heute nachmittag um 15 Uhr bekam ich die erste. Bin ich danach noch ein Mensch wie vorher? Oder bin ich dann reif - verzeiht dieses hässliche Wort! - für die "Klapse"? Werde ich dann noch so denken, schreiben, fühlen, empfinden, erinnern können wie vorher?

Oh Gott, was hatte ich für eine Angst vor dieser ersten Ganzhirnbestrahlung! Ich kam mir vor wie ein Mensch, den man in die Hinrichtungskammer führt! Dabei war ja von Lebensgefahr gar keine Rede, es geht ja darum, mein Leben zu retten. Aber Ängste sind ja auch immer wieder überschießend und irrational.

Schon am Mittwoch wurde für mich eine Bestrahlungsmaske modelliert, nass auf den Kopf gelegt mit Gesichtsabdruck, um den Kopf sicher unter dem Bestrahlungsgerät, dem Linearbeschleuniger, einzuspannen. Ich wurde voin zwei Röntgenassistentinnen in die Bestrahlungskammer geführt, musste mich auf den schmalen und flachen Bestrahlungstisch legen. Dann wurde mir die Maske aufgesetzt und festgezurrt, dann wurde ich noch etwas gedrückt und zurechtgeschoben, bis ich in der richtigen Position war, und dann sagten mir die Assistentinnen, wir verlassen gleich den Raum, beginnen auf der rechten Seite, und dann kommen wir herein, schwenken den Linearbeschleuniger um auf die linke Seite, und dann folgt die linke Gehirnhälfte. Das ist verträglicher als alles auf einmal. Wenn Sie ein leises Surren hören, wird bestrahlt. Die beiden Assistentinnen verließen den Raum.

Und dann hörte ich das leise Surren rechts vom Ohr, es wanderte nach oben in die Mitte und schon hörte es auf. Das daurte lediglich eine halbe Minute. Dann kamen sie wieder herein, schwenkten den Apparat erum, und die linke Seite folgte. Sie kamen herein, lösten die Maske, zogen mich wieder unter dem Apparat hervor, und ließen mich erstmal hinsetzen. Ich konnte sehen wie vorher, auch das Denken schien noch zu gehen. Die Welt war immer noch dieselbe. Nur tief oben in der Nasenhöhle spürte ich, dass die obersten Geruchsempfindungszellen wohl etwas abbekommen haben mussten. Es roch da nach Metall und fühlte sich etwas verätzt an. Das muss ich beim nächsten Mal sagen! Und etwas benommen fühlte ich mich. War das die Angst oder eine Folge der Strahlung?

Inzwischen fühlt sich der Kopf wie nach einem Sonnenbrand an. Ich merke, dass die mit der Strahlung eine ganz scharfe Linie direkt über den Augen gezogen haben. Hätten sie versehentlich die Augen getroffen, so wäre ich jetzt erblindet gewesen. So empfindlich ist der Augenhintergrund!

So, und das Ganze jetzt nochmal 19mal. Selbst am Heiligen Abend bekomme ich Hirnbestrahlung. Aber der erste, der schwerste Schritt ist jetzt geschafft. Gottseidank!

Übrigens, was ich hier beschreibe, ist kein Einzelfall. So etwas müssen jedes Jahr zigtausend von Menschen bei uns aushalten und über sich ergehen lassen. Um in den meisten Fällen nur einen bescheidenen Zeitaufschub bis zum Tod zu gewinnen. Nur wenige werden geheilt.

Bleibt behütet!
Ecki
 

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