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  #1  
Alt 31.05.2012, 14:09
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Helmut,

für mich ist dieses Nest irgendwie doch mit meinem Elternhaus verbunden. In erster Linie natürlich mit meinen Eltern, aber auch mit dem Haus und dem Garten... Das alles zusammen hat immer so eine Beständigkeit, Schutz und Geborgenheit in einer oft sehr schnellebigen Zeit vermittelt. Vermutlich ein Trugschluss...

Aber selbstverständlich kann ich gut verstehen, wenn Eltern auch mal das Nest wechseln wollen. Ich richte mein Leben ja auch nicht ausschließlich auf meine Tochter aus, sondern habe immer im Hinterkopf, dass sie mal flügge wird und ich dann allein in dem Nest hocken werde;-)

Würde meine Mutter jetzt ein neues Nest bauen, freute ich mich sehr für sie, denn das würde ja auch bedeuten, dass sie wieder ein Zukunft für sich sieht und eine Perspektive hat. Allerdings gebe ich gern zu, dass mir dabei auch ein wenig wehmütig zumute wäre.

Na ja, aber Eltern sind halt nicht nur Eltern;-) Und sie müssen ihre Flügel genauso ausbreiten können wie die Kinder und die Richtung wechseln, wenn ihnen danach ist...

Liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #2  
Alt 31.05.2012, 21:16
mai-regen mai-regen ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Helmut,an dich ganz liebe Grüsse,ich finde es wunderschön,dass du dir Gedanken über den "Nestschutz" machst und kann dir als erwachsene und seit kurzem mutterlose Tochter nur sagen,dass mein Papa jetzt einen immens hohen Stellenwert für mich hat,wenn ich gaanz ehrlich bin,ist er mir emotional fast wichtiger als mein Mannn.Ich liebe meinen Mann und er mich,aber diese bedingungslose Elternliebe,dieses Sicherheitsnetz unter dem Drahtseilakt des Lebens,die kann mir nur mein Vater geben....
Ansonsten bin ich mal wieder unheimlich beeindruckt von Miriams Worten und kann nur (verblüfft) zustimmen!
Sylvia
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Meine Mum,Lungencarcinom Stadium 4 mit Metastasen
Immer an deiner Seite !

In Liebe gebettet voraus gegangen am 06.05.2012


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  #3  
Alt 01.06.2012, 01:09
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Liebe Miriam, liebe Sylvia,

najaaa, so ganz freiwillig und uneigennützig ist mein Gedanke an den 'Nestschutz' nicht wirklich . Es gibt schon einen konkreten Anlass.

Meine Töchter sagten schon vor langer Zeit (ich hatte das damals auch geschrieben) zu mir: "Papa, wir wollen, dass du wieder glücklich wirst". Nur, jetzt kommt dahinter allerdings auch manchmal leise ein 'Aber ....' hervor. Dass meine Enkel mich vermissen werden. Ihre Oma fehlt schon gewaltig. Dass noch ungeborene Enkel, die ihre Oma niemals kennen lernen können, dann auch noch ohne den Opa aufwachsen müssen oder zumindest nicht so, wie man sich das normalerweise vorstellt. Und anderes. Einige leise Anspielungen auf dieses 'Aber ...' kamen bereits.

Ich liebe meine Familie und werde immer für sie da sein, nur nicht mehr so, wie man es sich als normal vorstellt. Meine Zelte werden nicht mehr unbedingt an dem gewohnten Ort aufgeschlagen und mein Interesse nicht mehr nur auf meine eigene Familie gerichtet sein. Deshalb meine Fragen, um dieses leise 'Aber ...' durch euch kennen zu lernen, vielleicht auch zu verstehen und vielleicht nicht gänzlich überrollt zu werden, wenn es dann laut und deutlich im Raume steht.

Danke schon mal für eure Antworten bisher dazu.


Liebe Grüße,

Helmut
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  #4  
Alt 01.06.2012, 08:18
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Morgen Helmut,

na, diese Gedanken umtreiben dich aber nächtens;-) Das klingt ja alles sehr spannend! Da bin ich fast ein wenig neidisch!!! Hört sich irgendwie nach Abenteuer und Neubeginn an.

Das "Aber" bezieht sich natürlich auf die eigene Befindlichkeit und birgt immer eine Portion "kindlichen" Egoismus. Aber du bist doch mein Papa und du musst doch da sein, wenn ich dich brauche... Aber deine Enkel müssen dich doch sehen und du willst sie doch aufwachsen sehen, oder? Aber, aber, aber. Viele "abers", dennoch würde ich als Tochter mich mit und für meinen Vater auch freuen, wenn er etwas Neues wagt. Wie gesagt, eine Portion Wehmut bleibt, doch ich würde mir selbst einen Tritt verpassen und sagen, dass es gut so ist, wie es ist. Oder mir die Frage stellen, ob ich meinem Vater zuliebe im Nest hocken bleiben würde, wenn es mich doch anderswohin zieht...

So wie ich dich einschätze, wirst du ohnehin den Kontakt zu deinen Mädels halten und sie sicherlich auch gelegentlich mal wieder sehen. Und Menschen sind halt unterschiedlich. Die einen sind sehr fest verwurzelt und haben nicht dieses Bedürfnis aufzubrechen zu neuen Ufern, während andere gern mal über den Nestrand schauen und mehr sehen und erkunden möchten.

Da kann ich nur sagen: Flieg, Vogel, flieg....

Liebe Grüße
Miriam
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  #5  
Alt 05.06.2012, 03:43
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?



Die Flut und die Möwe

Tausend Tränen sind geweint
in Wasser und Himmel vereint
und nichts ist geblieben
alles im Sturm zerrieben

So ruhig liegst du da
kein Lüftchen weht
als in dir untergeht
was früher einmal war

Wie ein Leichentuch
bedeckst du Himmel und Erde
auf und zu, wie ein Buch
dass kein Ende werde

Der Pfahl aus marodem Holz
in den Untergrund gerammt
war mal mein Stolz
der zum Leben verdammt

Das ist der Platz
der mir nur geblieben
nach eiskalter, dunkler Nacht
in der du gebrüllt mit Macht

Dein Schein kann trügen
deine Ruhe kann lügen
komm her, erhebe dich
und verschling auch mich

Stürz dich auf mich mit Getöse
nimm mich, reiß mich, werde böse
zerstöre mein Herz
und töte meinen Schmerz

Der Hafen ist weit ...
... und meine Flügel lahm


Was soll das?
Was weist du schon?
Du törichte Möwe.

Das ist Gesetz
Seit uralten Zeiten
Du kleine Möwe.

Wenn ich gehe
Was bleibt für dich?
Meine kleine Möwe.


Eine friedliche Nacht,

Helmut
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  #6  
Alt 05.06.2012, 06:39
Ilse Racek Ilse Racek ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

@all

und

Lieber Helmut

viele User werden vielleicht im Rahmen dieses Krebs-Forum diesen GedankenAustausch müßig finden .... gerade der/die Eine oder Andere, der/die akut erkrankt ist und "andere Sorgen" hat.


Ich habe - nachdem meine Kinder die Pfingstferien in unserer Nähe verbracht und nun wieder nach Hause gereist sind - die letzten Beiträge dieses Strangs nochmal quer gelesen und meine, dass er doch für alle Betroffenen recht hilfreich ist.

Berade bei nur kurzfristig großer familiärer Nähe kristallisieren sich die Generationen-Unterschiede heraus und da braucht's viel Feingefühl, sich gegenseitig n i c h t auf die Füße zu treten.

Gleichwohl ist offenbar nicht vermeidbar, dass Eltern und Kindern immer wieder mal wieder die Haltung der jeweils Anderen als egoistisch empfinden.

Sich damit moderat auseinanderzusetzten, nichts über- oder unter-zubewerten, ist eine Gratwanderung....


Und - liebe Miriam - Du hast es m.E. richtig formuliert: "Flieg Vogel flieg" .....

.... gilt dann aber für beide Seiten


Herzlichen Gruß
__________________
Ilse

Geändert von Ilse Racek (05.06.2012 um 06:43 Uhr) Grund: vertippt
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  #7  
Alt 06.06.2012, 23:08
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Lächeln AW: Hinterblieben, nur wo?

"Harmut?"
"Ja?"
"Was suchst du im Branchenbuch?"
"Ich?"
"Ja, du! Wer sonst?"
"Eine Flugschule."
"Ööhm. Ob Elche fliegen können?"
"Dösbaddel. Doch nicht für mich."
"Wen sonst?"
"Für dich."
"Du meinst ...... "
"Ei sicher doch."
"Hm. Aha ..."

OK. Ich werde also in meinem Alter noch mal fliegen lernen. Wenn ich es mir so recht überlege ... eigentlich nicht verkehrt. Ich stelle es mir schön vor, in der Luft zu schweben und einfach davon zu fliegen. Ein Traum, welchen ich schon lange träume. Nur unter gänzlich anderen Voraussetzungen.

Einfach? Ganz sicher nicht. Es wird ja auch nicht gleich morgen sein. So viele Dinge sind zu regeln und zu bedenken. Vorallem die Menschen, die zurück bleiben.

Einfach? Das wird ein Abenteuer.

Wer es versucht, kann auf die Nase fallen. Wer es nicht versucht wird nie erfahren, wie schön es geworden wäre und die Nase wird das bleiben, was sie immer war: ein ganz gewöhnliches Riechorgan.


Liebe Miriam, liebe Ilse,

Danke für eure Posts. Sie haben mir sehr geholfen.


Alles Liebe,

Helmut


PS: Ilse, ich sehe nicht, dass diese Gespräche hier müßig wären. Diese Fragen gäbe es nicht, wäre ich kein Hinterbliebener. Lebte Myriam noch, wäre das alles hier für mich gar nicht existent und zwar vom ersten Tag an. Sonntag, 24. Februar 2008, 16:00 Uhr.

Meine Welt hatte sich an diesem Tag schlagartig und brutal um 180° gedreht. Doch auch danach bestand sie nicht immer nur aus Trauer und Verzweiflung und es braucht lange, sich in dieser Welt zurecht zu finden und immer wieder tauchen neue Dinge auf. Ich wollte diese Fragen nicht. Wurde ich gefragt? OK, so mancher Trauernde oder manche Trauernde sagt: "Mann, diese Probleme hätte ich auch gerne ....?! Was soll ich damit?" Da bin ich mir auch sicher und jeder darf denken und fühlen, was er möchte. Doch ich stelle diese Fragen, weil sie aus meiner erzwungenen Lage als Hinterbliebener (und immer noch Trauernder) heraus entstehen und ich hier Antworten finde.

Die lustigen Sachen? Ei, die gehören zum Leben dazu. Genau wie Geburt, Tod, Angst, Liebe, Sorgen, Essen, Trinken, der Duft der Rose, ihre Stacheln und eben das ... Lachen. Ich glaube, den meisten Spaß daran hatte ich selber beim Schreiben und oft habe ich Tränen über mich selber gelacht. Auch diese Tränen gilt es zu teilen. Das wird leider so oft vergessen. So manche trübe, schwere Träne kann dadurch leicht und glasklar werden.

Das Gedicht von gestern. Noch vor 3 Jahren hätte ich es vielleicht nicht verstanden geschweige denn schreiben können. Da war ich diese kleine Möwe. Heute kann ich es schreiben, weil ich den Abstand dazu habe und die Flut (fast) zu einer Freundin geworden ist. Ich bin immer noch diese kleine Möwe nur, ich glaube meine Fast-Freundin inzwischen zu verstehen.

Nochmals Danke und einen schönen Abend noch.
__________________
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