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#1
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Ein verregneter Abend am Samstag,
mein Interesse an der Welt hat nachgelassen. Ich glaube es gibt viele Menschen die enttäuscht und müde sind.... Es erfüllt mich mit Unbehagen wenn ich daran denke wie ich mein Leben ohne dich fortsetzen soll. Manchmal denke ich, dass ich auch "alles hinter mir haben möchte" - aber ich gebe nicht auf... Als es vor gut einem Jahr darum ging, den Text für die Todesanzeige in der Zeitung zu erstellen, wurde ich von der Angestellten des Bestattungsinstituts darauf hingewiesen, was man schreiben könnte und was eher nicht. Nach dem Satz: " Der Lebenskreis eines geliebten Menschen hat sich geschlossen", hätte ich abschließend gerne noch ein paar Worte hinzugefügt. Mir wurde davon abgeraten, obwohl ich häufig daran denken muss (te) und nichts unpassendes daran finden kann. Ich schicke sie dir mit einem Jahr Verspätung, denn ich empfinde immer noch so wie damals. Ich bleibe noch eine Weile, dann folge ich dir nach. In Liebe Jutta Geändert von Yogi 12 (27.07.2015 um 16:11 Uhr) Grund: falsche Zeitangabe |
#2
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Mein lieber Ingo,
obwohl du so gut wie Austherapiert warst, gab dir die Assistenzärztin ein Rezept für das Lungenkrebsmedikament Tarceva mit. Als ich die Ärztin mit meiner Angst konfrontierte , wie es weiter gehen soll wenn das Docetaxel nicht wirkt, war sie der Meinung das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange. Sie gab uns eine Liste, auf der Medikamente standen die alle noch ausprobiert werden könnten.... Ich glaube sie wollte ihr schlechtes Gewissen beruhigen, denn sie hat immer von mehreren Jahren Lebenszeit mit Lebensqualität gesprochen. Der schöne Schein des Erfolgs ist absolut nichtig angesichts der Endlichkeit! Zu den ranghöheren Ärzten der Onkologie ( Oberärztin/Stationsärztin ) wurden wir nicht vorgelassen. Sie behandelten die schweren Krebsfälle zu denen du scheinbar nicht gehörtest. Ich spüre wie der Zorn in mir aufsteigt, wenn ich an diese ungleiche Behandlung denke. Du warst ein bequemer unauffälliger Patient, hast dich niemals beschwert und es hat dich auch niemand groß nach deinem Befinden gefragt. Stattdessen hantierten viele Leute an dir herum. Sie kümmerten sich um Herzschlag, Blutbild und Lungenfunktion etc. - nur nicht um dich als Persönlichkeit. Ich hätte dir so gerne auch Gespräche und Zuwendung in deiner Situation als Schwerkranker gewünscht.... Wir klammerten uns an jeden Strohhalm und du hattest die sehnsüchtige Hoffnung auf ein paar Jahre. Keine deiner Hoffnungen hat sich erfüllt. Aus den Jahren wurden Wochen und bald begannen deine letzten Tage in diesem Leben. Der Tod hat dich aus deiner Not erlöst, dafür bin ich dankbar. In Liebe Jutta |
#3
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Der Schmerz der Trennung ist gerade in diesen Tagen groß.
Heute vor einem Jahr habe ich den Notdienst gerufen. Der Sauerstoffgehalt im Blut war extrem niedrig, möglicherweise hast du gespürt, dass du in Todesnähe bist. Du konntest dich später im Krankenhaus an nichts mehr erinnern, fragtest aber meine Schwester, ( Krankenschwester ) ob es sein könnte dass es jetzt schneller zu Ende geht als geglaubt Der Rettungsdienst hat dich im Wagen lange vor unserer Haustür reanimiert. Als das halbwegs gelang, fuhr er mit Blaulicht zur Notaufnahme. Dort begann deine schlimmste letzte Woche, die du noch zu leben hattest. Die schrecklichen Bilder aus dieser Zeit sind wieder sehr präsent und belasten mich momentan sehr. Ich habe später bereut, dass ich überhaupt den Notarzt gerufen habe. Vielleicht wäre es besser gewesen , du hättest das Bewusstsein verloren und wärst hier zu Hause bei mir eingeschlafen. Ich war zu konfus um das " Richtige " zu tun. Der Palliativdienst wäre eventuell auch die bessere Lösung gewesen.... Du hast dich in dieser Woche sehr gequält und die Behandlung und erneuten Untersuchungen im Krankenhaus haben dein Leiden unnötig verlängert. Zur Zeit fühle ich mich allein und orientierungslos. Es kommt mir vor als sei es erst gestern geschehen.... Manchmal stört dieses Abgeklärte "alles wird gut - aber anders " von Menschen die noch länger Hinterbliebene sind als ich. Es soll ja trösten, erreicht mich aber irgendwie nicht. Ob mit oder ohne Kinder/Enkel, langer oder kürzerer Leidensweg des geliebten Menschen, ich will meine Erfahrungen selbst machen, auch wenn ich anders bin als andere, mache ich es so wie ich möchte und kann. Es braucht seine Zeit bis ich mich damit abfinden kann, habe keine Ahnung wie lange es dauert. >>Du bist ein Schatten am Tage und in der Nacht ein Licht, du lebst in meiner Klage und stirbst im Herzen nicht<< |
#4
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Ich habe kürzlich mit deiner Mutter telefoniert. Es ging um den Besuch deiner Familie am ersten Todestag den 7.8. und es sollte eigentlich ein besonderer Tag werden, den ich dir widmen möchte.
Ich würde mir gerne Fotos von dir anschauen und über dich sprechen, möchte an dich denken und Erinnerungen austauschen, vor allem auch die Guten. Obwohl ich diesen Wunsch schon vor längerer Zeit so ähnlich wie beschrieben formuliert hatte und auch mit meiner Psychologin darüber gesprochen habe wie ich den Tag liebevoll - in Gedenken an dich - gestalten könnte, war scheinbar alles wieder in Vergessenheit geraten. Deiner Schwester könnte trotz Klimaanlage im Auto unpässlich sein, schon wegen der voraus gesagten Hitze an diesem Tag, der Schwager kommt sowieso nicht mit und die schwangere Nichte möchte direkt nach dem Kaffeetrinken wieder zurück nach H. fahren. Auf selbst bezogene oberflächliche Gespräche mit deiner Mutter und der Nichte (die uns zum Friedhof fährt) habe ich nicht die geringste Lust, und es macht mich traurig das ich scheinbar nicht ernst genommen werde. Ich habe deiner Mutter nochmal gesagt wie wichtig es ist, an dich, unseren: Mann, Sohn Bruder und Onkel zu denken, denn genau deshalb kommen wir ja zusammen. Schon während deiner Krankheit redete deine Mutter oft pausenlos über Banalitäten und schien nicht zu merken, wie unangemessen sie auf unsere Lebenssituation reagierte.... Wenn es so kommt kann ich es nicht ändern und werde froh sein schon bald wieder alleine zu sein. Es hat aber auch schon Besuche gegeben die trotz Vorurteile ganz gut verliefen. Plötzlich bin ich hundemüde und beende für heute meinen Brief an dich. Bis bald Jutta |
#5
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Es waren die letzten heißen Tage des eher schlechten Sommers 2014, die du Anfang August im Krankenhaus erlebt hast.
Ich besorgte einen Tischventilator, der für etwas bessere Luft in dem kleinen Zimmer sorgte. In dieser schweren Zeit hätte ich dir gerne mehr Zuwendung und Nähe gegeben, hätte dich so oft wie möglich begleitet, doch wir waren selten allein. Einmal waren wir jedoch eng beieinander und du sagtest, es sei jetzt so friedvoll und stimmig als würde es die negativen Gedanken und Gefühle die diese schreckliche Krankheit ausgelöst hatte nicht geben.... Danach habe ich sehr bedauert, das wir nicht öfter die Gelegenheit hatten "unter uns" zu sein und hoffte dass uns auf der Palliativstation noch Zeit für diese intensiven Momente bleiben würde... Die Todesdrohung kam zurück und ich war machtlos dagegen. Unser Hund war in dieser Zeit eine Belastung. Immer wieder unterbrach ich meine Besuche bei dir , weil er mit dem nötigsten versorgt werden musste und ich deswegen ein schlechtes Gewissen hatte. Schuldgefühle stellten sich später ein, dass ich dich zu häufig allein gelassen hatte. Sie führten mir vor Augen, wie unwillig, lieblos und voller Angst ich meinem Schmerz begegnete. Ich bin noch nicht in die Welt zurückgekehrt, habe noch keinen richtigen Zugang gefunden... aber ich arbeite daran.... In Liebe Jutta Geändert von Yogi 12 (02.08.2015 um 20:58 Uhr) |
#6
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Mein lieber Ingo,
der erste Todestag rückt näher und der Stachel im Herzen sitzt tief und schmerzt gerade sehr. Obwohl rein äußerlich soweit momentan alles in Ordnung ist, spüre ich deutlich, das alles Materielle so gut wie wertlos ist, wenn ich an deine Abwesenheit denke. Immer wenn ich leise das kleine Zimmer im Krankenhaus betrat weil du meist mit geschlossenen Augen da lagst, hast du sofort gespürt das ich da war. Auch wenn wir nicht mehr viel miteinander sprechen konnten da du schon sehr schwach warst , spürte ich die intensive Bindung zu dir. Dennoch Zweifel ich ob es genug war. Es ist mir im nachhinein schwer gefallen mich nicht von dir verabschiedet zu haben. Ich war nicht dabei als du gestorben bist. Es gibt wahrscheinlich für niemanden die Gewissheit alles richtig gemacht zu haben und trotzdem tröstet es mich nicht. Meine Trauer ist nicht in Zeit und Tiefe zu messen, aber ich werde irgendwann einen Weg für mich finden, auch wenn ich diese Unbeschwertheit die das Leben mit dir öfter hatte nicht mehr erreichen werde. Ich vermisse dich - auch heute. Ich vermisse deine körperliche Nähe, dein Lachen, dein Streiten und unsere gegenseitige Zärtlichkeit. Ich habe deinen Tod als Trennung akzeptiert, aber das ist nicht das Ende unserer Liebe zueinander..... Jutta |
#7
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Hallo mein Liebster,
1 Jahr ohne dich und mein Herz ist schwer, wenn ich an dich denke. Heute Mittag erwarte ich deine Mutter und deine Nichte. Am Nachmittag kommt meine Schwester dazu. Ich bin nicht gerade entspannt, habe ein ungutes Gefühl in der Magengegend, auch wegen der Unstimmigkeiten im Vorfeld dieses Treffens. Es wird in dieser Art wohl sowieso dass letzte mal sein. Ich bringe dir einen Korb mit zwei Mini-Hortensien in blau und rosa und dazu gibt es ein kleines Steingebilde mit einem Engel und dem Trostspruch: " Die Erinnerung ist das einzige Paradies aus dem wir nicht vertrieben werden können." In Liebe Jutta Geändert von Yogi 12 (07.08.2015 um 12:57 Uhr) |
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