Mein lieber Andi

[Rena24]

Vielen Dank für eure lieben Worte! Es tut gut, mit Menschen zu schreiben, die genau wissen, wie man sich in dieser Situation fühlt! Auf der anderen Seite ist es schlimm, wieviele ihren lieben Schatz an dieser schrecklichen Krankheit verlieren. Auch ich möchte euch mein tiefes Mitgefühl aussprechen und euch allen viel Kraft schicken!

Mein lieber Schatz!
Ich war gerade an deinem Grab. Kann es immer noch nicht glauben, dass du jetzt dort liegst. Du fehlst mir so sehr! Leider war ziemlich viel los auf dem Friedhof, einige Bekannte, mit denen ich kurz gesprochen habe. Bin dann schnell wieder weg.

Heute bringe ich mit Mama und Ansgar das ganze Leergut aus dem Keller weg. Ist nach sieben Monaten doch eine ganze Menge...Kathrin wollte heute abend mit mir und einer Freundin Essen gehen. Hab ich aber keine Lust zu. Ist lieb gemeint, möcht ich aber nicht.

Ich liebe dich! Ganz dicken Kuss, deine Maus.

[Graci]

Liebe Verena,
es tut mir schrecklich leid für Dich und ich fühle mit Dir.
Auch ich habe keine Ahnung, wie man mit dieser Situation umgehen soll, da wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen und wir sollen trotzdem funktionieren, eigentlich unmöglich.
Das Leben ist zuende, und ob es einen neuen Weg in irgendeine Richtung gibt, ist völlig unklar, so empfinde ich meine Situation.
Ich kann Dir keinen Trost bieten, denn es gibt keinen, und Kraft haben wir nach unseren Vorgeschichten auch nicht mehr.
Ich verfahre zur Zeit nach dem Prinzip: Augen zu und durch!
Auch gehe ich jeden Tag einzeln an,
längere Planungen sind mir völlig unmöglich, und ich habe einen Termin beim Therapeuten, also suche Dir alle Hilfe, die Du bekommen kannst und nimm sie auch an, Du brauchst das jetzt!
Gruß Gracia

[Rena24]

Liebe Gracia, vielen Dank! Mir geht es ähnlich. Zu einem Psychologen bin ich schon kurz vor dem Tod meines Mannes gegangen. Richtig geholfen hat es mir vorher nicht. Mal sehen, ob es mir in Zukunft besser hilft. Ganz wichtig sind und waren mir die Gespräche im Hospiz mit den Schwestern und Pflegern. Jeden ersten Donnerstag findet dort ein Trauercafe statt, werde nächste Woche mal hingehen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft! Lieben Gruß Verena.

Hallo mein Schatz!
Ich war gestern bei deinen Eltern. Deine Mama wollte so gerne die Kondulenzliste und alle Trauerkarten sehen, die ich bekommen habe. Musste mir auch die von deinen Eltern druchlesen. War Ihnen sehr wichtig. Mir hat es nur weh getan. In einer Karte stand, den Sohn zu verlieren wäre viel schlimmer als seinen Partner. Mag ja sein, aber ich bin jetzt allein, deine Eltern haben sich und 4 weitere Kinder. Ist vielleicht egoistisch von mir, so zu denken. Sonst gehts den Beiden ganz gut, dank der Spritzen vom Doc.

War heute mit Mama bei dir. Wenn jemand dabei ist, kann ich gar nicht richtig weinen. Hole ich morgen nach. Morgen früh kommt der Sozialbetreuer von der Post, bin ja mal gespannt, wieviele Anträge ich morgen ausfüllen muss.

Heute wurde dein Krankenbett abgeholt. Das Schlafzimmer ist jetzt so leer. Ich bin aber froh, dass das Ehebett nicht mehr steht, sonst würde ich nachts auf dem Sofa schlafen müssen.

Mein Liebling, ich bin so traurig und leer. Zu nichts habe ich Lust. Ich denke jede Sekunde an dich und jede Sekunde tut es mir mehr weh.

Ich liebe dich, dicken Kuss deine Maus.

[tatin]

Hallo Rena!

Ich will dich einfach mal ganze feste drücken!

Es tut weh zu lesen wie es dir im Moment geht. Ich weiß es leider zu gut wie es in mir aussah als mich mein Schatz verlassen mußte. Mir hat das weinen am Grab immer gut getan.

Zu mir hat mal jemand gesagt "ein Kind geht aus dem Herzen. Der Partner von der Seite".
Ich lasse den Satz einfach mal so stehen.

Liebe Grüße
Kathrin

[Rena24]

Hallo Kathrin, lieben Dank! Manchmal sind die Mitmenschen wirklich komisch. Viele können sich ja in diese Situation nicht hineinversetzten, eine Entschuldigung ist das aber auch nicht. Ich habe das Gefühl, dass das Leben ohne meinen Schatz keinen Sinn mehr hat, dass das Quatsch ist, weiß ich selber. Wenn man aber so fühlt, kann man es eben nicht ändern. Das heißt ja nicht, dass man selber gehen möchte.

Es geht einem ja auch nicht immer so schlecht, nur eben ab und zu. Nächste Woche gehe ich wieder arbeiten, Mittwoch fahre ich mit meiner besten Freundin ein paar Tage nach Juist. Etwas abschalten und Nordseeluft tut bestimmt gut.

Wann bist du wieder mit dem normalen Alltag angefangen? Ich hoffe, es geht dir einigermaßen gut...

Liebe Grüße, Verena.

[Kristina M.]

Meine liebe kleine Rena; jeden Tag wollte ich Dir schreiben, aber mir fehlen einfach die Worte. Wir haben uns doch beide so gestützt "davor" und dachten, wir seien die absolut Starken und nun "danach" sind wir nur noch ein Häufchen Unglück. Jeden Tag denke ich an Dich und ich wünsche Dir sehr, dass Dir die Seeluft gut tut. Ich arbeite ja seit dem 14. Januar wieder, aber ich bin eine Andere geworden. Kein Wunder ! Die zweieinhalb Jahre sind nicht spurlos an einem vorübergegangen, die direkte Konfrontation mit der Endlichkeit unseres Seins lässt uns anders werden. Und wenn ich dann die große Sinnfrage stelle ("Warum tue ich dies oder das, welchen Sinn hat es überhaupt?"), finde ich keine Antwort. Am Wochende habe ich den Arbeitsplatz meines Mannes weggeräumt, weil ich dessen Leere nicht mehr ertragen konnte, nun ist die neue Leere noch schlimmer. Alle unsere lieben Freunde geben sich die größte Mühe im Umgang mit mir, ich bin dankbar, aber das ist es dann auch. Vielleicht wäre es gut, wenn man sich mal eine gewisse Zeit so richtig hängen lassen würde? Ich baue morgens um 8 Uhr meine Fassade auf, gehe in die Öffentlichkeit ("Man merkt ihr ja gar nichts an!") und komme in die Wohnung und bin nur noch ein jämmerliches Etwas.
Ich will Dir damit sagen, liebe Rena, dass ich froh bin, dass Du Deinen Schmerz zeigen kannst. Ich glaube, das ist sehr wichtig. Und Du solltest lernen, Deine Position offensiv zu vertreten, auch gegenüber Deinen Schwiegereltern. Ich glaube nur wir hier wissen, was Du geleistet hast, und Du hättest ihnen sagen sollen, dass es keinen Gradmesser für Verluste gibt, da entscheidet nicht das Familienstammbuch, sondern ganz individuell das Herz jedes Einzelnen. Ich weiß nicht, was ich Dir wünschen soll, liebe Rena; wenn Dir Schwachsein gut tut, dann sei es; wenn Du Stärke brauchst, dann nimm sie Dir... Hauptsache es tut Dir gut. Ich wünsche Dir ganz viele gute Minuten, Deine Kristina

[Rena24]

Liebe Kristina, da hast ja so recht. So lange waren wir stark und jetzt? Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wer ich eigentlich bin. Ich bin immer froh und glücklich, wenn du schreibst. Deine Zeilen zu lesen tut mir so gut.

Meine Schwiegereltern sind super lieb, haben alles akzeptiert, was ich für die Beerdigung geplant hatte, trotzdem bin ich jetzt froh, etwas Abstand zu gewinnen. In den letzten Wochen waren wir als Familie fast immer zusammen, ich musste mich oft zusammenreißen, nicht laut zu werden. Jeder vertritt seine Position, Mutter, große Schwester, kleine Schwester, Bruder, Vater, Nichte, Patenkind...und jeder meint, ihn trifft der Tod am Meisten.

Ich möchte mich aber auch nicht gehen oder hängen lassen. Ich hätte Angst, aus diesem Tief nicht mehr heraus zu kommen.

Auf diesem Weg drück ich dich ganz doll und ich bewundere deine Kraft, dass du den Schreibtisch aufgeräumt hast. Die Leere in der Wohnung bzw. in diesem Raum wird wahrscheinlich irgendwann verschwinden, in unseren Herzen werden sie uns aber immer fehlen!

Bis bald, deine Verena.