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  #46  
Alt 05.09.2012, 16:11
belluzza belluzza ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,
ich bin erst wenige Tage hier angemeldet, doch habe deinen Therad gelesen und erkenne die jetzige Situation fast in meiner wieder. Allerdings geht es bei mir um meine Mutter. Es sind noch keine 2 Wochen seit der Diagnose dieper Zufall wegen Verdacht auf Schlaganfall mir Nachts mitgeteilt wurde. Winterschlaf wie Du nun geschrieben hast im letzten Posting ist genau das was ich auch gerne würde. Ich habe viel erlebt und gesehen, doch momentan die Situation von einem Elterneteil mitzuerleben, nicht zu wissen wie es weitergeht, wie man helfen kann die Angst zu nehmen und Mut zu geben ist ein kraftraubendes Gefühl. Ich wünsche Deinem Papa, Dir und der Familie viel Kraft und das noch viel Zeit miteinander erlebt werden kann... auch wenn Ärzte ggf. anderes sprechen.
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  #47  
Alt 05.09.2012, 16:26
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Mari,

nationalistische Arschkrampen. Ich musste ganz recht herzlich schmunzeln, weiss ich doch genau was du meinst.

Das mit den Zigaretten ist echt schwierig. Überraschenderweise hat mein Vater bisher nicht einmal das Wort Zigarette in den Mund genommen. Dafür hat er mir und meiner Mutter vorgestern ganz rührend und ernsthaft ans Herz gelegt immer schön zu allen Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Ich musste mich echt zusammenreissen nicht laut loszuprusten.

Ich finde die Vorstellung sehr schön, dass du ein Bild von deinem Vater speichern möchtest, um seinen Enkeln später von ihm erzählen zu können.

Ich habe vor 6 Jahren ähnliches beschlossen. Durch den Tod meines Bruders ist mir die Unplanbarkeit des Lebens sehr drastisch bewusst geworden und ich realisierte, dass die Zeit, die mir mit meinen Eltern bleiben wird begrenzt ist. Weiterhin war mir schon immer klar, dass man am meisten über sich selbst lernt, wenn man seine Eltern genau kennt.
Und so entschloss ich mich wieder bei meinen Eltern einzuziehen, was dank eines grossen Hauses sehr gut geklappt hat. Ich beschäftigte mich sehr genau mit dem Lebensweg meiner Eltern und stellte sehr viele Fragen. Ich habe meine Eltern in diesen Jahren besser kennengelernt, als in den gesamten 33 Jahren vorher.
Jetzt bin ich sehr froh, dass ich mich damals so entschieden habe. Vieles wurde zwischen mir und meinem Vater bereits besprochen und aus dem Weg geräumt...

Und dennoch.
Es ist unglaublich schwer den schwermütigen Blick von morgen abzuwenden und mich aufs heute zu fokussieren.
Harte Zeiten.
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  #48  
Alt 05.09.2012, 17:57
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

ich hab immer schon viel mit meinen eltern zu tun gehabt. wegen meines bruders bin ich mindestens 2x monatlich bei ihnen gewesen. halt immer fuer 2-3 tage. momentan "wohne" ich quasi wieder bei ihnen. und das ist gut so.

natuerlich ist die vorstellung hart. ich weiss. ich finds auch immer noch krass, dass ich weiss, dass mein vater unheilbar krank ist. ich koennt immer noch kotzen, dass mir das universum die unsterblichkeitsillusion von superman geraubt hat. bloede sau, dieses universum!
aber es hilft nicht. ich muss wirklich an heute denken und aus dem heute so viel rausziehen, wie ich nur kann.

ich finds toll, dass du bewusst wieder nach hause gegangen bist. und dass du beschlossen hast, deine eltern besser kennenlernen zu wollen. es ist auf der einen seite schoen, und da ich selbst viel mit meinen eltern zu tun habe, weiss ich, dass es eine tolle sache ist, eine enge beziehung zu seinen eltern zu haben. aber die vorstellung, loslassen zu muessen, faellt in so einem beziehungskontext natuerlich noch viel schwerer, denke ich.

ganz liebe gruesse und alles gute fuer deinen dad!
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  #49  
Alt 10.09.2012, 10:21
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Mari,

ich weiss es nicht genau, ob es schwerer fällt loszulassen, wenn man eine enge Beziehung zueinander hat.
Meiner Meinung nach kommt es ganz auf die Art und Weise an, wie diese enge Beziehung mit Leben gefüllt wurde.
Auch wenn wir unter einem Dach leben, sind wir doch sehr unterschiedlich und leben sehr unterschiedliche Leben. Auf jeden Fall sind wir ein super Team, dass sich sehr gut ergänzt. Ich habe mit meinen Eltern und gerade mit meinem Vater viele Gespräche geführt und vieles aus dem Weg geräumt, was mich - und wie sich herausstellte auch ihn - beschäftigte.
Es gibt aufgrund unserer engen Beziehung also kaum noch Ungesagtes, was zwischen uns steht. Das wird uns das Loslassen vermutlich sehr erleichtern.
Auch wenn es immer noch unglaublich schwer sein wird.

Und das Team wird nicht mehr das Team sein.
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  #50  
Alt 10.09.2012, 10:45
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

oh menno, das tut mir leid.

Vielleicht klappt es aber die Woche doch noch. Ich druecke euch die Daumen.

Das mit dem Sprechen ist schon eine arg wichtige Sache. Mir kommen auch immer wieder Sachen in den Sinn, über die ich unbedingt noch mit meinem Vater reden will. Das ist wirklich wichtig, dass man so ne Art tabula rasa hinbekommt.

Hey, nochmal, viel Glück und ich hoffe wirklich, dass dein Dad bald nach Hause darf.

Lg!

Geändert von Larimari (10.09.2012 um 10:47 Uhr) Grund: Zu viel zitiert
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  #51  
Alt 10.09.2012, 10:53
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Zitat:
Zitat von Larimari Beitrag anzeigen
Das ist wirklich wichtig, dass man so ne Art tabula rasa hinbekommt.
Das ist es in der Tat.
Ich kann dir nur empfehlen, es nicht vor dir herzuschieben, sondern einfach zu machen. Es wird euch beide sehr erleichtern.

Zwei Monate bevor mein Bruder starb, habe ich mich bei ihm für einige Sachen entschuldigt, für die ich mich schon immer entschuldigen wollte. Die lagen teilweise bereits 20 Jahre zurück. Das hat uns dazu geführt wirklich reinen Tisch zu machen und sehr intensiv über uns, unsere Eltern, unser Leben zu sprechen.

Meine Eltern hatten nach seinem Tod sehr daran zu knabbern, dass sie ihm noch so viel hätten sagen wollen und nicht mehr konnten.

Es hat mir sehr geholfen, alles bei Zeiten gesagt zu haben.
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  #52  
Alt 11.09.2012, 10:26
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

wow...

ja, so ging es mir mit meinem bruder auch. ich war ne graessliche grosse schwester, glaube ich. er ist ja nicht ums leben gekommen, sondern nur um ein normales leben gekommen. als mein bluemchen wieder aus dem krankenhaus zurueck war, hab ich mich auch ewig entschuldigt fuer alles... und gehofft, dass ein bisschen was in den resten seines gehirns ankommen wuerde...

meine fragen an meinen dad handeln eigentlich immer von falschen entscheidungen. die er fuer uns getroffen hat. aber ich mags ihm nicht vorwerfen, denn trotz allem, was schief gelaufen ist, haben wir doch ein relativ ordentliches leben gefuehrt. ich muss nur bestimmte gedankengaenge nachvollziehen koennen.

wie gehts deinem dad? wie sind die chancen auf entlassung?

mein dad kaempft grad mit saumaessiger opstipation. sorry, dass ich das so ordinaer hinschreib, aber es ist wohl eine nebenwirkung der chemo. macht ihn schier wahnsinnig. aber er kann ab und an noch mal ein witzchen darueber machen, also ist es noch gerade so auszuhalten. und er hat kribbeln und kraempfe in den haenden. hast du bei deinem dad auch sowas beobachtet?

ganz liebe gruesse,
mari
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  #53  
Alt 12.09.2012, 12:06
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Mari,

ich kann dich gut verstehen.
Mit mehr Informationen stellen sich manchmal vermeintlich falsche Entscheidungen als nachvollziehbar heraus. Und manche falsche Entscheidungen bleiben falsch. Das ist das Wesen unserer Existenz.
Trial and Error.
Und das ist gut so.

Meinem Vater geht es weiterhin sehr schlecht.
Der Grund für das hohe Fieber am Wochenende ist eine schwere Entzündung der Hoden. Mein Vater bekommt jetzt Antibiotika intravenös und die Ärzte hoffen damit die Entzündung in den Griff zu bekommen.
Die Ausschabung der Blase wurde erst einmal verschoben, weil die Urologen ihn in diesem Zustand nicht operieren wollen.

An Entlassung ist erst einmal nicht zu denken. Vielleicht nächste Woche. Je nachdem wie sich das Fieber und die Entzündung entwickeln.

Gestern sagte mir die Ärztin, dass jetzt nicht mehr viel passieren darf, sonst könnte es zu viel für meinen Vater werden.

Am Sonntag sagte mir mein Vater, er fühle sich als sei er bereits tot.

Im Moment fühle ich mich merkwürdigerweise total unbeteiligt. So als würde ich einen Film betrachten, in dem ich selber mitwirke.
Krasser Scheiß.
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  #54  
Alt 12.09.2012, 15:57
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Das Gefühl des Unbeteiligtseins kenne ich. Hab ich auch oft... Da ertappt man sich wirklich in Momenten, wo man meint, sich selbst an der Schulter rütteln zu können... Es ist sonderbar...

Dass es Deinem Dad immer noch nicht gut geht tut mir leid. Ich druecke die Daumen. Jetzt sollte wirklich nichts dazu kommen, unsere alten Herren befinden sich gerade im Nidar, habe ich mir heute erklären lassen...

Alles, alles, alles Gute für Deinen Dad.

Bleibt tapfer!
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  #55  
Alt 16.09.2012, 11:36
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,

ich hoffe, dass die Antibiotika die Entzündung und somit auch das Fieber bei deinem Vater in den Griff bekommen haben und es ihm ein wenig besser geht. Die Daumen sind gedrückt!!!

Alles Liebe
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #56  
Alt 19.09.2012, 13:52
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo ihr Lieben,

mein Vater liegt unverändert im Krankenhaus. Nunmehr seit fünf Wochen.
Noch immer erhält mein Vater täglich intravenös Antibiotika, die immerhin das Fieber verscheucht haben und die Entzündungswerte haben sich ebenfalls gebessert.
Der Urologe murmelte gestern etwas davon, dass er davon ausgehe, den Hoden erhalten zu können. Von etwas anderem war bisher auch noch nie die Rede. Mein Vater hat ihn mit großen Augen angeguckt und dann mit den Schultern gezuckt.
Die Haare fallen aus.
Aber er erträgt es tapfer.

Hin und wieder ist er etwas ungehalten über die seiner Meinung nach unzureichende Betreuung durch die Krankenpfleger und Schwestern, aber nun gut. Ist halt auch nicht ganz einfach 24 Patienten zu zweit zu betreuen, denke ich.
Leider bekommt auch meine Mutter manchmal ihr Fett weg, wenn er ihr vorwirft, sie würde nicht genug für ihn machen. Dabei ist sie jeden Tag acht Stunden bei ihm im Krankenhaus und tut alles was sie kann - vielleicht sogar mehr.
Meistens ist er aber ganz friedlich.

Seit er im Krankenhaus ist, hat er bereits drei seiner Zimmergenossen überlebt. Das muss schon strange sein, auch wenn er sagt, das mache ihm nichts aus...

Nächste Woche beginnt die nächste Runde Chemo. Mal gucken, wie er sich schlägt. Und in der nächsten Chemopause soll nach einer gewissen Erholungszeit die Blase ausgeschabt werden. Aber so lange will ich eigentlich gar nicht in die Zukunft schauen.

Ich lebe mein Leben im Autopilotmodus.
Habe den Eindruck immer emotionsloser und unbeteiligter zu werden.
Ich entwickele mich zum Hypochonder.
Auch wenn mein Körper an sich ziemlich gut durchgecheckt ist, rasselt das Schreckgespenst vernehmbar mit den Ketten, ob ich nicht der Nächste sein könnte. Ob die Rückenschmerzen vielleicht doch nicht von der Sitzhaltung herrühren, ob das Druckgefühl im Kopf vielleicht doch nicht durch die Nackenmuskulatur verursacht wird, ob der diagnostizierte Bauchdeckenbruch vielleicht nicht doch etwas ganz anderes, total Böses sein könnte.
Ob ich vielleicht doch kein Hypochonder bin, sondern bereits dem Verderben geweiht.

Schon strange, wenn einem bewusst wird wie aussergewöhnlich das Leben eigentlich gewesen war, was vor fünf Wochen noch als absolut normal erachtet wurde.

Geändert von El_Desparecido (19.09.2012 um 14:16 Uhr)
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  #57  
Alt 19.09.2012, 21:10
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,

ich weiß, dass es dich nicht wirklich tröstet, aber das Gefühl ein Schauspieler oder womöglich auch nur Statist im eigenen Film zu sein, das kenne ich auch noch. Immer wenn mir das bewusst wurde, dann fühlte es sich besch... an. Und dabei hatte man mich nicht einmal gefragt, ob ich diese Rolle überhaupt übernehmen wollte... Aber vielleicht braucht man manchmal auch diesen Abstand, dieses Unbeteiligtsein, weil man sonst am Schmerz zerbrechen würde?! Ich weiß es nicht! Aber es hat mir oft schon geholfen zu erfahren, dass andere Betroffene ähnlich empfinden.

Tut mir leid, dass es deinem Vater nicht wirklich besser geht. Vielleicht ist es schon ein Erfolg, wenn es ihm nicht schlechter geht.

Ich hatte meinem Vater vor einem Jahr eine Wunschliste geschrieben, was ich gern alles noch mit ihm unternehmen bzw. erleben würde und gehofft, er würde auch seine Wünsche äußern, da ich ihm so gern jeden Wunsch erfüllt hätte. Dann war ich irgendwie frustriert, weil er nicht wirklich darauf reagierte. Da ging es ihm wohl schon so schlecht, dass er froh war, wenn er einfach nur im Sessel sitzen konnte und seine Schmerzen halbwegs erträglich waren. Es fiel ihm sehr schwer zu akzeptieren, dass diese Krankheit ihn so sehr veränderte und sein Leben so unheimlich einschränkte und klein machte. Irgendwann waren ja selbst die einfachsten Handgriffe nicht mehr möglich. Und ich... ich habe gelernt, die guten Momente zu schätzen, die uns blieben. Die Nähe, die er zugelassen hat und die Stille, als Sprechen nicht mehr möglich war.

Hmm, und aus eigener Erfahrung kann ich dir nur empfehlen, die Gespräche mit dem Psychoonkologen in Angriff zu nehmen. Das tut echt gut und entrümpelt die Seele und macht leichter...

Liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #58  
Alt 20.09.2012, 00:57
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

na, immerhin ist das fieber weg. klingt nach wenig, ist aber in solchen kontexten wahrscheinlich schon viel.

hey, fuenf wochen krankenhaus, dein dad ist echt tapfer. das ist eine grosse pruefung fuer den verstand. und dass er zuweilen unzufrieden ist und quengelt, das ist verstaendlich. ich glaube, keiner von uns waere da anders. hoffentlich nicht, ich glaube, sonst koennte man sagen, wir haetten resigniert. ich druecke immer noch die daumen, dass er da in absehbarer zeit raus kann.

ich habe beschlossen, dass ich endlich mal anfange, in meiner wohnung (bin einen monat vor diagnosestellung in eine neue wohnung gezogen, dort bin ich mittlerweile selten, so dass ich sie gar nicht als meine wohnung empfinde) die lampen aufzuhaengen, und um vorhaenge muss ich mich auch kuemmern. klingt banal, muss aber sein. ich habe beschlossen, meine normalitaet so gut es geht hier in dieses chaos zu integrieren. und auf der bestehe ich. das ist meine form von abseits. oder ausserhalb.

die vorstellung des autopiloten kenne ich. dieses funktionieren ohne reflexion. weil nachdenken zu schmerzhaft waere, und es letztendlich immer mit dem gedanken endet: dein vater wird sterben. und vor diesem hintergedanken funktioniert natuerlich nichts. nicht kaffee trinken, nicht shoppen gehen, nicht lesen, nicht essen, gar nix. was ich im absatz oben beschreibe, das ist auch noch sehr von diesem zustand von "warum soll ich mir ueberhaupt muehe machen" bedroht... es ist, als waere man auf einem abstellgleis, oder liefe ausserhalb der spur, bis, naja, bis halt - aber das ist bloed.

man darf sich selbst nicht aufgeben. und man muss sich selbst gutes tun. und dann kann man auch dem umfeld gutes tun, und kann mitleiden, und mitlachen und weinen und alles, ohne dass man daran zugrunde geht. denn fakt ist, wir bleiben einfach uebrig. und nur funktionieren ist auch keine loesung. dann koennten wir uns gleich die kugel geben...
ich weiss, ich predige hier etwas, was ich selbst nur in ausgewaehlten momenten hinbekomme. aber ich druecke uns die daumen.

das mit der hypochondrie kenn ich. ich beobachte meine muttermale sehr argwoehnisch, und jedes wehwechen wird gedeutet, wenn ich einen neuen bh anprobiere, denk ich nicht, huch, frollein, fuer dein alter sind die noch ganz okay, sondern, huch, arme hoch, abtasten, ist da auch nix... O_o es ist bescheuert. ich habe heute aus dem fenster geguckt, auf der strasse stand ein wartendes taxi, und eine frau mit kopftuch kam aus dem gegenueber liegenden haus und ging auf das taxi zu. und ich dachte, oh, die wird jetzt auch zur chemo gefahren... es war, wie sich herausstellte, die frau des taxifahrers, die ihm sein lunchpaket gebracht hat. und das kopftuch hatte eher religioes-kulturellen hintergrund, und sollte nicht krankheitsbedingten haarverlust verstecken. siehst du, ich bin mittlerweile schon ganz schoen bescheuert...

aber trotztem hoffe ich, dass wir alle, dein dad, mein dad, die moms und dads und frauen und maenner und kinder und freunde von allen anderen, die unser schicksal teilen, und natuerlich wir alle, die wir in irgendeiner form von dieser bloeden krankheit betroffen sind, ob als angehoerige oder als erkrankte, dass wir alle unser leben halbwegs gut leben koennen, dass wir nicht vergessen, wie man sich freut, und dass wir uns nicht brechen lassen... klingt das pathetisch? ist mir wurscht, dann bin ich halt pathetisch.
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  #59  
Alt 06.10.2012, 22:37
Vany Vany ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,

ich wollte mal hören, wie es deinem Papa, vorallem aber DIR geht! Sind jetzt schon ein paar Tage vergange, seit du hier das letzte Mal geschrieben hast, habe bisher immer mitgelesen.

Ich komme selber gerade von meinem Vater, der jetzt seit Dienstag in einem Hospiz liegt - ich denke mehr muss ich dazu nicht sagen Leider kann ich nicht oft da sein, da ich 300 km weit weg wohne.

GLG und viel Kraft weiterhin!!
__________________
Mein Papa - Diagnose CUP 23.04.2012 mit Metas im Bauchraum - Stoma 04/2012 - Chemo erfolglos/Abbruch der Behandlung 09/2012 - Hospiz 1.10.2012 - friedlich eingeschlafen am 14.10.2012 - 10.02.1953 - 14.10.2012
Es gibt keine Steigerung von Leid, als andere damit verbunden zu sehen
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  #60  
Alt 19.10.2012, 11:58
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lange Zeit nichts geschrieben.
In diesem Fall sind no news good news gewesen. Zumindest im Rahmen des Möglichen.

Die echt schlimme Entzündung hat mein Vater ganz gut überwunden, danach wurde der Tumor in der Blase ausgeschabt und hat sich als "halb so schlimm herausgestellt".
Danach schloss sich direkt der 2. Chemoblock an, den mein Vater ziemlich gut wegsteckte. Zwei Tage danach wurde er mit nur 16 Stunden Vorlaufzeit nach hause entlassen.
Als mir die Stationsärztin Donnerstagnachmittag durch meine zufällige Nachfrage mitteilte, dass mein Vater Freitag Mittag nach hause kann, freute ich mich zunächst.
Dadurch, dass mein Vater eigentlich bereits nach der ersten Chemo nach hause sollte, hatten wir schon ein Pflegebett und einen Toilettenstuhl. Kontakt zu einem Pflegedienst gab es auch schon.
Meine Vorfreude auf die Entlassung meines Vaters trübte sich sehr schnell ein und wich heller Aufregung. Der neue Hausarzt meines Vaters würde am Freitag in den Urlaub fahren. Ich benötigte also kurzfristige Vertretung. Der Pflegedienst hatte in der Zwischenzeit neue Patienten aufgenommen und teilte mir mit, dass man meinen Vater nicht mehr ausreichend versorgen könnte. Ich brauchte also auch einen neuen Pflegedienst. Es fehlten grundsätzlich Dinge, wie Urinflasche usw.
Kurzum, es folgten 16 sehr intensive Stunden des Organisierens und letztendlich hat es mich einige Nerven gekostet, aber es hat alles sehr gut geklappt.
Das Entlassungsmanagement des Krankenhauses habe ich im Nachhinein ziemlich rund gemacht. Aber nun gut...

Mein Vater verbrachte gute 2 Wochen zu hause und es ging ihm an sich dabei ganz gut. Er hat sich natürlich sehr gefreut wieder zu hause zu sein in seiner natürlichen Umgebung. Er hatte sehr viel Besuch, war meistens ziemlich gut drauf und Komplikationen blieben aus.
Letzten Freitag hat die Ärztin im Blutbild eine kleine Infektion festegestellt und Antibiotika verabreicht.
Seit letzten Dienstag ist er wieder im Krankenhaus zum 3. Chemoblock. Das Thorax-CT zeigte eine deutliche Verkleinerung des Lungenherdes - immerhin. Dafür wurde irgendetwas im Hals gesichtet, dass sich der HNO heute ansehen soll und vermutlich für seine manchmal vorhandenen Schluckbeschwerden verantwortlich ist.
Ich habe dabei überhaupt kein gutes Gefühl.

Wenn alles gut läuft, darf er Anfang nächster Woche wieder nach hause.
Ich wünsche es ihm sehr.
Er ist so tapfer und hat trotz allem seinen Humor bewahrt. Sehr schwarz zwar, aber von Herzen.
Ich bewundere ihn wahrscheinlich genauso doll, wie er mich bewundert.
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