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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...


plaspoo
14.04.2021, 14:39
Hallo, ich habe mich hier lange nicht mehr zu Wort gemeldet, zuletzt 2017. Mein Mann hat ein klarzelliges Nierenzellkarzinom mit Metastasen, ED 2012, die Metastasen seit 2014. Inzwischen haben wir 3 Kinder.
Im Januar 2021 hatten wir ein langes Beratungsgespräch mit seinem Onkologen, der ihn seit 2014 behandelt. Bzgl seiner Prognose war er ganz entspannt und der Meinung, es wäre nichtmal nötig, die Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, etc. in Angriff zu nehmen, scherzhaft meinte er, das sind sicherlich noch 20-30 Jahre Lebenserwartung. Tja, an Ostersonntag habe ich ihn in die Notaufnahme geschickt und ihn sich selbst einweisen lassen. Am Samstag darauf erzählt uns die Ärztin, sie sähe die Prognose eher sehr schlecht. So, wie sie sich ausgedrückt hat, wohl eher Wochen als Monate.

Ich bin verwirrt und weiß nicht, wie es zwei so vollkommen gegensätzliche Einschätzungen geben kann.

Zur Geschichte ein bisschen:

Bis Juli/August 2020 ging es mit Nivolumab recht gut, dann kamen neue Metastasen. Bestrahlung und Therapieanpassung, Kombination Nivolumab und Ipilimamumab. Anfang Oktober Abends Fieber und Nachtschweißigkeit, er musste sich oft nachts komplett umziehen. Therapie vom Onkologen: Antibiotikum und alles sonst so weiter, keine genauere Abklärung, nur V.a. Infekt der oberen Luftwege. Kurz darauf, Beginn der Durchfälle. Diese bestehen immer noch, wurden immer schlimmer. Im Dezember 2020 hab ich ihn zum Hausarzt geschickt, weil es seinen Onkologen einfach nicht interessiert hat. Der Hausarzt stellt Clostridien fest und therapiert mit einem Antibiotikum und Probiotika, es ändert sich nichts, inzwischen kommen und gehen Bauchkrämpfe und Blähungen mit den Durchfällen einher, er geht sicherlich 20mal am Tag und auch nachts auf Toilette. Endlich schaltet der Onkologe und wechselt die Therapie zu Afinitor. Keine weitere Diagnostik. Dadurch zusätzlich zur Darmproblematik, die sich nicht bessert, fürchterlicher Juckreiz. Mitte März Umstellung auf Cabometyx, Durchfälle unverändert, Juckreiz verschwindet zum Glück. Seit Januar Gewichtsverlust von über 10kg. Kurz vor Ostern kann mein Mann nichtmal den Gassigang mit dem Hund bestreiten, ohne, dass er unterwegs in die Büsche hüpfen muss. Stuhlfrequenz so 30-35x. An Durchschlafen nachts ist nicht mehr zu denken. Er kann kaum mehr geradeaus laufen, wirkt wie ein alter zerbrechlicher Mann, da ziehe ich die Reißleine und schicke ihn zuerst zum Gastroenterologen, Termin natürlich erst nach Ostern und wahrscheinlich Ende Mai eine Darmspiegelung. Am Ostersonntag kann ich es nicht mehr mit ansehen und schicke ihn in die Notaufnahme. Die Blutwerte sind erstaunlich gut, er bekommt Infusionen und kann sich ein bisschen ausruhen. Die Durchfälle bleiben bestehen, sind nur weniger schmerzhaft.

Am Freitag darauf eine Darmspiegelung mit dem Ergebnis ulzerierende Pankolitis kurz vor Darmdurchbruch. Kortison und Mesalazin als Tabletten, Krebstherapie erstmal pausiert. Er wird abends noch entlassen, weil es, lt Ärztin, "schönere Orte zum Sterben, als ein Krankenhaus" gibt...


Bitte, bitte helft mir. Sein Onkologe hält es nicht für nötig, sich frühzeitig Zeit für uns zu nehmen, seinen nächsten regulären Termin hat mein Mann erst in 2 Tagen.
Mein Kopf raucht schon, weil ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Ich habe Angst, dass der Onkologe am Freitag bei seiner Meinung bleibt, dass es nicht so schnell bergab geht, mit meinem Mann und WEM ich dann glauben soll? Die Ärztin der Klinik war so klar und deutlich, dass ich momentan wie auf heißen Kohlen sitze, dass wir alles wichtige möglichst gestern regeln, falls sie tatsächlich Recht hat.


Hat jemand Erfahrung mit einer Kolitis und wie man da gut raus kommt?

zebra01
19.04.2021, 11:08
Hallo plaspoo,
wie geht es deinem Mann nun?
Hat der Onkologe die niederschmetternde Diagnose bestätigt oder sieht er alles doch positiver?
Zu der Darmentzündung kann ich leider nichts sagen, aber ich weiß aus Erfahrung mit meinem Mann, wie schnell man bei solch starkem Durchfall abbaut. Mein Mann hat nach einer solchen Periode zu Hause täglich Ringer Lösung infundiert bekommen. Ein Pflegedienst hat mich darin eingewiesen und dann konnte ich das selber an den Port anklemmen. Das hat gut geklappt und dadurch wurde die Konstitution auch wieder besser.
Alles Gute euch
Katharina

plaspoo
19.06.2021, 01:57
Hallo, danke für deine Antwort...

meinem Mann geht es momentan den Umständen entsprechend mäßig, würde ich sagen. Noch lebt er, und sein Onkologe hat es auch tatsächlich als nicht ganz so ernst angenommen, wie die Ärztin in der Klinik, aber es geht ihm definitiv nicht gut.

Die Kolitits hält sich im Rahmen, die Kontrolle Mitte Mai war okay, es wird wohl Monate dauern, bis er sich komplett erholt hat. Seit Mitte Mai nimmt er auch wieder Cabometyx in der vollen Dosis, da sich durch die Therapiepause natürlich Metastasen ausgebreitet haben. Er hat jetzt neue Metastasen in den Lungenflügeln, im Beckenknochen und -Muskel und im Lymphknoten auf der Brust. Er hat Schmerzen, nimmt Novalgin, aber nicht genug, weil es seinen Kreislauf umhaut, weiterhin täglich mehrere Tabletten gegen den Durchfall, der immer noch so 10x am Tag auftritt und er ist oft appetitlos, so dass er sich erbrechen muss, wenn er sich etwas reinzwingt. Er ist wahnsinnig müde und kraftlos, und sein Gewicht kann er auch nicht halten.

An einen Port hatte ich auch schon gedacht, ich bin Krankenschwester und kann damit umgehen, das wäre gar kein Problem, aber sein Onkologen hält es noch nicht für nötig...
Ich kann ihn leider nicht dazu zwingen, aber mir gefällt die Situation momentan ganz und gar nicht. Es gibt Tage, da lasse ich ihn nur ungern aus den Augen, weil ich das Gefühl habe, er fällt gleich tot um, aber ich muss natürlich hin und wieder arbeiten. Jetzt kommt noch die Hitze dazu und ich habe so langsam wirklich Angst um ihn und unsere Zukunft.

Ich möchte gerne eine Palliativteam einschalten, aber mein Mann ist nicht so kooperativ und ich will ihm nicht vor den Kopf stoßen...

Ich weiß nicht mehr, was ich fühlen und machen soll, wie lange ich diese Geduldsprobe noch ertrage, was aus mir wird, wenn sich dieser Zustand noch monatelang hinzieht, ohne Aussicht auf Besserung...

Miss Elsy
19.06.2021, 16:05
Wäre eine Möglichkeit zur Kalorienaufnahme Fresubin einzusetzen? Immerhin hat ein kleines Fläschchen 400 kcal?

plaspoo
22.06.2021, 09:56
Ja, das haben wir schon getestet, er hat auch ein Rezept vom Arzt dafür, aber er bringt es nicht zur Apotheke... Ich will ihn ja nicht zu sehr bemuttern, aber sein "Das mach ich morgen..." Verhalten geht mir so auf die Nerven :mad:

Beccamaus
28.06.2021, 08:28
Liebe Plasploo, wenn du Krankenschwester bist, denke ich können wir da ganz offen rede. Wenn nach so einer kurzen Zeit der Krebs so gestreut hat, wird dein Mann keine Lebenserwartung von 20 Jahren mehr haben. Das ist leider sehr unwahrscheinlich. Ich persönlich würde aber sofort den Palliativdienst einschalten, das bedeutet ja nicht "sterben", es bedeutet das Leben schmerz und symptommindernd zu leben. Das ist das , was viele betroffene einfach falsch verstehen. Will dein Mann so weiterleben?? Bestimmt nicht. Warum dann nicht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und ein wenig Lebensqualität zurück erhalten. Und vor den Kopf stoßen gibt es bei Krebs nicht. Man muss offen reden und vielleicht dne betroffenen auch mal wach rütteln. Ich bin selber Krankenschwester, mein Daddy hat lange den Ernst der Lage nicht verstanden, in einem sehr einfühlsamen Gespräch, wir lagen zusammen im Bett, haben wir dann über alles gesprochen. Und ich erkannte, dass er den Ernst der Lage schon längst begriffen hatte, es uns aber so nicht sagen/zeigen wollte. Mein Daddy war so dankbar als er schnell im Palli.dienst aufgenommen wurde, die kommen immer und zu jeder Zeit vorbei, die würden die Schmerzen, die Übelkeit und vielleicht auch die Durchfälle in Griff bekommen. Und wichtig ist, dass sie KH-Aufenthalte meist vermeiden, denn da wollte mein Daddy gar nicht mehr hin. Fresubin würde ich sofort verordnen lassen, da gibt es sicher auch Fläschchen die man bei empfindlichen Magen-Darm Trakt verabreicht und du bist ein wenig entlastend. Meine Mama ist auch Krankenschwester, und ist mit der Erkrankung meines Vaters über ihre Grenzen gegangen. Deswegen finde ich, dass man sich so schnell wie möglich Unterstützung holen sollte. Beantragt einen Pflegegrad, wenn ihr nicht schon habt....

plaspoo
22.07.2021, 01:40
Hi, Beccamaus, vielen Dank, für deine Antwort, es ist ja jetzt schon ein paar Wochen her.
Leider hat sich nicht wirklich viel geändert...
Mein Mann hat inzwischen immernoch so 10 Durchfälle am Tag, trotz Loperamid, weiterhin massive Appetitlosigkeit, die schnell in Übelkeit und Erbrechen übergehen kann, wenn er über seinen Appetit hinaus isst. Fresubin nimmt er nun seit einigen Wochen, um akute Hungerphasen zu überstehen, dadurch kann er sein Gewicht in etwa halten, aber er stand jetzt auch ne zeitlang nicht mehr auf der Waage (weil er morgens nicht immer Zeit dafür hat, bevor er was getrunken hat <- seine Aussage). Er ist recht müde und braucht über den Tag viele Erholungsphasen. Er hat Schmerzen, läuft auch nur sehr langsam und auf die rechte Seite geneigt. Schmerzmittel, die der Onkologe anordnet, sind Paracetamol (1g, wirkt kaum) und Novalgin (25°, mehr will er nicht nehmen), die ihn müde machen, bzw. meint er, dass er sich auch 8 Stunden später noch wie betrunken fühlt. Sein Arzt will nichts anderes anordnen, weil es ihn noch müder machen würde. Auch HTC würde wohl eher müde machen, als zu helfen. Außerdem hat er jetzt seit kurzer Zeit wieder Probleme mit den Händen und Füßen, was für eine Nebenwirkung von Cabometyx spricht.
Wir haben versucht eine Haushaltshilfe über die Krankenkasse zu bekommen, das wurde auch bewilligt, aber zu Zeiten, die absolut utopisch sind, z.b. die ersten zwei Stunden von meinem Frühdienst, solange, bis die Kinder in Schule und Kindergarten sind. Der Krankenkasse geht es also rein um die Kinderbetreuung. Außerdem sollen wir uns jemanden suchen, der nicht mehr als 5,25€/h kostet. Wir haben zum Glück Hilfe von einer lieben Frau vom Maltesischen Hilfsdienst, die versucht, mit der Krankenkasse noch was zu klären.
Mein Mann hat im September endlich auch seine Reha, die wir bereits im März beantragt haben.
Bzgl. Palliativteam haben wir auch kein Glück. Lt. meiner Information, vom hier ansässigen Palliativteam, bräuchten wir eine Verordnung für das SAPV Team, um wenigstens mal ein Erstgespräch zu führen, aber weder der Hausarzt, noch der Onkologe halten es derzeit für nötig, uns diese auszustellen, also können wir das auch erstmal abhaken.
Bzgl. Pflegegrad werden wir lt Hausarzt und Onkologe wohl auch kein Glück haben. Da er alles noch selbstständig machen kann (und will), werden wir da nichts bewilligt bekommen.

Ich fühle mich so sehr im Stich gelassen, ich sehe, wie mein Mann immer mehr zerfällt und er es aber nicht wahr haben will, weil ihm seine Ärzte Honig ums Maul schmieren und nur das sagen, was er hören will. Er geht davon aus, dass in ein paar Wochen alles so sein wird, wie vor zwei Jahren. Wie du schon sagtest, ich bin Krankenschwester und ich sehe das ganz und gar nicht so, aber Hoffnung ist ja auch wichtig und natürlich wünsche ich mir, dass ich falsch liege.

Was ich aber auch merke, ist, dass die Situationen allein mit den Kindern für ihn immer anstrengender werden, ich habe Angst, dass das irgendwann explodiert.

Mit mir macht das natürlich auch irgendwas... ich habe zum ersten Mal, seit ich meine Tage habe, einen unregelmäßigen Zyklus. Ich merke, dass ich ohne Ende gestresst bin, kann aber momentan nichts dagegen machen, weil ich mir nicht mal in Ruhe Zeit für mich nehmen könnte, morgens fordert es unglaublich viel Kraft, um überhaupt aufzustehen, am liebsten würde ich einfach liegen bleiben und nur noch schlafen...
Ich habe keinen Spaß mehr daran, mit ihm irgendwas zu unternehmen, weil er sich entweder darüber beschwert, dass er so langsam ist, oder er meckert, dass er nicht so viel Essen kann, oder es ist zu salzig, etc... mir wird schlecht, bei der Vorstellung, dass ich in 3 Wochen mit diesem Mann für 2 Wochen in den Urlaub fahren soll.

Ich habe keine Lust mehr auf den ganzen Scheiß, ich bin so erledigt, aber ich will und kann das nicht zeigen, weil er schließlich der Todkranke hier ist...

Heute hat er wieder ein CT... so makaber wie es klingt, aber ich hätte gerne ein etwas schlechteres Bild als das letzte Mal, einfach, damit er endlich die Augen aufmacht und den Ernst der Lage begreift. Dass er vielleicht endlich anfängt im Hier und Jetzt zu leben, um die Zeit mit seinen Kindern noch zu genießen, so lange, wie er es kann. Dass er vor seine Ärzten selbst dafür einsteht, was wir alles brauchen, oder mich nicht immer noch ausbremst (ach, so schlimm isses doch gar nicht, irgendwie geht das schon...), dass er sich einen Zugang legen lässt, dass er vor einem Berater des MDK rumjammert, damit er einen Pflegegrad bekommt, etc. Statt einfach die Füße stillzuhalten und zu hoffen, dass irgendwann alles von alleine besser wird.


Sorry, es tut mir Leid, ich musste einfach mal alles von der Seele schreiben und ein bisschen jammern :megaphon:

Beccamaus
23.07.2021, 11:07
Liebe Plaspoo,

das was du da schreibst kann ich zu 100 verstehen und ich finde es eine Frechheit wie allein du da stehst, und das mit Job und Kindern. Du musst , und ich hoffe du hast die Kraft noch dafür, Druck machen. Das stimmt nicht das du keine SAPV Verordnung bekommen darfst, sowie man einen metastasierendes Karzinom hast, ist dies eine Indikation dafür,. Drucke dir die Rechtsgrundlage aus und lege diese mit einem ernsten Ton deinem HA vor. Das du keinen Pflegegrad bekommen würdest, ist Schwachsinn. Beantrage ihn bei der Krankenkasse, dafür brauchst du deinen HA oder deinen Onkologen nicht. PG 2 bekommt er auf jeden Fall, und dann hast du eine Haushaltshilfe!!! Mein Gott, wie kann man es einem so schwer machen, da könnte ich platzen. Meine Mama war auch so dankbar das sie mich hatte, sie hätte die Kraft einfach nicht gehabt. Ich verstehe dich absolut. Deswegen ist es in so einer Phase wichtig, das man noch jemanden hat der einen unterstützt und solche Dinge in die Wege leitet. Hast du keine Geschwister oder Freunde die dir unter die Arme greifen können???

Und das du einen Hass auf deinen Mann hast, verstehe ich auch. Es gibt kaum Partner die das nicht kriegen, eben weil sich die Menschen so verändern. Aber letztendlich hat man als betroffener einfach nur die Schnauze voll, warum ich, was noch alles, kein Tag ohne irgendwas... Ich glaube hier muss man zurückstecken und Verständnis zeigen, so schwer es fällt. Vielleicht kann man eine Familienkur beantragen, wo ihr alle 4 wieder zueinander findet, wo aber auch Behandlungen für ihn erfolgen können? So ne onkologische Reha vielleicht?? Keine Ahnung... oder schrei ihn einfach mal an, lass deine Wut raus und erkläre ihn wie sehr du ihn liebst und wie sehr ihn seine Kinder vermissen. Und das er doch begreifen muss, dass es auch ein schlimmes Ende nehmen könnte. Ich denke er wird über deine Worte nachdenken.. meinst du nicht auch?

sanne2
24.07.2021, 23:11
Liebe Plaspoo.
Deine Verzweiflung und Hilflosigkeit kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber in diesem Fall war uns der Palliativpflegedienst ( SAPV Team) sehr hilfreich mit Vorschlägen. Bei mir ging es um meinen Mann mit multiblen Hirnmetastasen und ich wurde sehr hilfreich unterstützt.

Als mein Mann wieder einmal stationär in Behandlung war, zeigte ich dem zuständigen Stationsarzt den Antrag für den Palliativpflegedienst,dessen Verordnung er bis Dato nicht kannte, aber sehr interessant und hilfreich empfand und füllte die Vereinbarung aus. Somit ging alles seinen Gang.

Zuhause kam jeden Tag zu einem festgelegten Zeitpunkt jemand von dem Palliativpflegedienst, mein Mann konnte sich bis da noch selber versorgen , und fragte nach seinen Schmerzen und seiner Psyche. 1 mal die Woche kam die Palliativärztin und stellte ihn Schmerztechnisch neu ein.
Auch nachts konnte ich den Palliativdienst zu uns rufen, als mein Mann seine Schmerzen nicht mehr aushielt und er erhielt Morphin gespritzt.

Lasst es sonst über eine stationäre Behandlung laufen, oder sage seinem Onkologen, du bestehst auf diese Verordnung des palliativen Pflegedienstes. Ich denke schon, dass du es umsetzen könntes. Momentan musst du ja irgendwie deinen Mann vertreten.

Wichtig für dich wäre ein Testament, von einem Notar beglaubicht. Eine Generallvollmacht und eine Bankvollmacht, bis über den Tod hinaus. Der letzte Zusatz ist sehr wichtig, sonst kommst du, solltet ihr ein gemeinsames Konto haben, erst einmal nicht mehr daran, sollte dein Mann versterben.

Es liest sich alles so Gefühlskalt, aber auch ihr wollt überleben und die Bürokratie könnte euch erst einmal lahmlegen. Auch mein Mann dachte niemals daran, dass er einmal an seiner Krebserkrankung sterben könnte und ich musste immer über Doppelwege an sein Verständnis herankommen. Ständig musste ich mir Ausreden einfallen lassen, für diese ganzen notariellen Sachen. Und ich habe meinen Mann geliebt und es tat mir unglaublich leid, immer zweigleisig mit ihm reden zu müssen. So ähnlich wird es dir sicherlich auch ergehen.

Ganz liebe Grüße,
Sanne

Clea
25.07.2021, 11:24
Liebe Plascoo,
ich habe Sanne nichts hinzuzufügen.
Meine Ma hat damals alles unterschrieben, was wir ihrhingelegt haben, ich musste nur nicken, wenn sie mich so fragend angesehen hat.
Es war wichtig, das zu tun, mein Vater hatte trotz Vollmacht noch Schwierigkeiten, bis heute, zb möchte er gern mit seiner Handynummer zu einem anderen Anbieter, was aber nicht geht, weil damals meine Ma alles abgeschlossen und unterschrieben hatte.

Sie hat damals aus dem Stand Pflegegrad 5 bekommen.
Dein Mann kann zwar alles noch, aber es dauert eben immer extrem lange und auch das wird angerechnet.

Es wird alles nichts helfen, wenn du nicht am Ball bleibst, wird es ewig so weitergehen und irgendwann kannst du wirklich nicht mehr.

Du bist stark. Zieh das durch.
Ich schicke dir ein großes Kraftpaket.

plaspoo
25.07.2021, 16:50
Ich danke euch, für eure lieben Worte... heute nacht hab ich geträumt, es wäre alles vorbei, ich hab mich so glücklich und frei gefühlt... heute früh hatte ich dann ein total schlechtes Gewissen :(

Bevor wir jetzt weitere Schritte gehen, warten wir mal ab, was beim CT rauskam... am Dienstag müsste der Befund fertig sein.

In der Zwischenzeit konnte eine Dame vom Maltesischen Kinderhospizdienst, die ich über eine Arbeitskollegin kennengelernt habe, mit der KK regeln, dass wir (wahrscheinlich) Hilfe von HomeInstead erhalten. 25h pro Woche, davon 12,5 Kinderbetreuung und 12,5 Haushalt. Das ab Anfang August und für 26 Wochen. Das wäre schon eine wahnsinnige Erleichterung! Wenn das wenigstens klappt, sitze ich hier zuhause nichtmehr wie auf heißen Kohlen und versuche (unter Berücksichtigung des CT-Befundes) dann Palliativteam und Pflegegrad in Gang zu bringen...

Wenn ihr möchtet, halte ich euch gerne auf dem Laufenden, ich bin so froh, dass es hier Menschen gibt, die scheinbar genauso denken, wie ich.

sanne2
25.07.2021, 22:55
Liebe Plaspoo,
ich würde sehr gerne euren weiteren Werdegang weiterlesen.
Glaube mir, ich kann mir ganz sicher vorstellen, wie du dich fühlst. Hoffnung, Bangen und Angst haben. Angst um den Partner und Angst vor einer Zukunft, ohne Partner.

Eigentlich brauchst du das CT-Ergebnis nicht abzuwarten, denn ab Metastasenbildung gilt man immer als palliativer "Patient".
Sollte es dir zeitlich möglich sein, würde ich wirklich rechtzeitig alle Vorsorgungen treffen, auch wenn es sich extrem hart anfühlt.

Schön aber auf jeden Fall ist, das du jetzt Hilfe für deine Kinder und den Haushalt organisieren konntest. In der "Aktivphase" kann man noch alles regeln, damit meine ich dich! Aber auch du bist nur ein Mensch und wirst irgendwann selber Hilfe benötigen, um das alles verarbeiten zu können.
Nehme sie dann auch bitte in Anspruch.
Ich spreche wirklich aus Erfahrung.

Ganz liebe Grüße,

Sanne

plaspoo
26.07.2021, 18:31
Also, heute Nachmittag hat sein Onkologe angerufen, er will ihn morgen früh sehen... Natürlich ohne dazu zu sagen, warum. Für uns ist das immer ein Zeichen, dass der Befund der Radiologen schon dort ist.

Die Metastasen in der Lunge sind gewachsen und mehr geworden, die Metastasen im Musculus Iliacus sind minimalst kleiner geworden, dafür sind die im Knochen sehr viel mehr geworden und er hat jetzt auch welche in der Wirbelsäule, LWK und BWK. Außerdem auch im Hüftgelenk im Knochen vom Oberschenkel.

Ich werde morgen mit zum Onkologen gehen, meine Mama kann zum Glück auf die Kinder aufpassen. Palliativteam will ich jetzt unbedingt, schon zwecks ordentlicher Schmerztherapie. Und auch das Thema Port und Pflegegrad werde ich nochmal ansprechen.

Habt ihr noch Tipps, was wichtig wäre?

Beccamaus
27.07.2021, 08:19
Ach das tut mir sehr leid. Das wird für deinen Mann natürlich ein Schlag in die Magengrube werden, ich hoffe aber das er aufwacht und nun die nötige Hilfe zulässt und so eine intensive Zeit wie möglich mit den Kindern und dir verbringt. Halt uns mal auf den laufenden... ich denke diese Themen sind die wichtigsten.

plaspoo
27.07.2021, 09:45
Er ist austherapiert.

Beccamaus
27.07.2021, 10:21
Ja :-( Bei der Zunahme an Metastasen :-( Wie geht es euch? Wie geht es deinem Mann?

sanne2
27.07.2021, 12:12
Es tut mir unglaublich leid, für dich, deinen Mann und euren Kindern!
Wir haben dieses Wort "austherapiert" damals leider auch hören müssen und "man" kann es selber trotz allem nicht fassen, nicht wahr?

Bitte suche dir selber psychologsche Hilfe. Es wird dir und damit später auch deinen Kindern enorm helfen.

Schreibe gerne, was dir so durch den Kopf geht, was du so empfindest. Es bringt meistens zumindest etwas Erleichterung.

Ich grüße dich ganz lieb,

Sanne

plaspoo
28.07.2021, 00:42
So, da ich vorhin arbeiten musste, hol ich jetzt nochmal ein bisschen aus... das tut mir gut, so kann ich meine Gedanken ordnen.

Also, wir waren um 9 beim Onkologen, mein Mann ist zuerst rein, ich musste noch so ca 20min draußen warten (wegen Coronahygienemaßnahmen), dann wurde auch ich reingerufen und wir sind zum Arzt ins Besprechungszimmer.

Zuerst wurden die üblichen Begrüßungsfloskeln ausgetauscht, er hat meinen Mann gefragt, wie es ihm geht ("beschissen"), hat nach Schmerzen und Durchfall gefragt.
Dann hat er gemeint, dass wir bei der 7-Linien-Therapie sind und dass es definitiv keine Daten für ein weiteres Vorgehen gibt, deswegen würde er ab sofort die Therapie einstellen. Wir haben alle Therapie-Gruppen durch, es gibt nichts mehr, was er noch versuchen würde. Er möchte uns vorschlagen, dass er sich jetzt eher der Familie zuwendet und sich beginnt, verabzuschieden. Das einzige, was noch nicht versucht wurde, ist Interferon, aber das ist geplant als Erstlinientherapie und wird heutzutage eh eher nichtmehr benutzt. Er möchte uns das Palliativteam ans Herz legen.

Mein Mann hat dann gefragt, ob man evtl nochmal einen MTOR-Inhibitor probieren könnte, er hatte Anfang des Jahres Everolimus/Afinitor, aber dadurch extreme Nebenwirkungen. Der Onkologe meinte, man könnte für 8 Wochen Temsirolimus versuchen und dann in einem CT schauen, was sich tut. Aber da das eine wöchentliche Infusion wäre, die mit unserem Urlaub in 3 Wochen und der Reha danach korrelieren würde, hat sich mein Mann dann doch dagegen entschieden, auch weil sich der Onkologe nicht sehr viel davon verspricht.

Zeitlich hat er es nicht eingegrenzt, er hat gesagt, es wird jetzt seinen Gang gehen, was auch immer das bedeutet... Er meinte, die Knochenmetastasen würden nur bzgl der Stabilität und der Lebensqualität ein Problem werden, die Lungenmetastasen könnten aber tatsächlich lebensbedrohlich werden.

Wir haben endlich die SAPV Verordnung bekommen, aber im Palliativteam hat man mir dann nachmittags gesagt, dass das irgendwie erst über die Praxis an das Team weitergegeben werden muss? Die wollen das mit der Praxis klären und rufen mich dann zurück.
Auch eine Überweisung für eine Portanlage haben wir bekommen, die wird nächste Woche Mittwoch gelegt werden.
Außerdem neue Rezepte für Fresubin, Novalgin, Loperamid und L-Thyroxin, weil TSH ein bisschen komisch ist und er ja die ganze Zeit schon recht müde ist. Dann sind wir gegangen.

Am Donnerstag kommt die Dame vom Maltesischen Hilfsdienst wieder vorbei und bringt eine ehrenamtliche Dame mit, die sich mit den Kindern regelmäßig beschäftigen will.

Der Onkologe hat noch gemeint, mein Mann soll überlegen, ob die Reha wirklich das ist, was er jetzt braucht. Wir sind aber der Meinung, dass es ihm, falls er dann noch relativ fit ist, helfen könnte, wieder mehr zu Kräften zu kommen, dass er die Zeit ohne Kinder und mich nutzen kann, um evtl auch zu sich selbst zu finden und sich über seine letzten Wünsche klar zu werden. Den Familienurlaub hält er für extrem wichtig, den wollen wir auch gar nicht absagen oder ohne meinen Mann durchziehen, ich hoffe, dass sein Abbau nicht zu schnell geht...


Ich weiß noch nicht, wie ich mich fühle, irgendwie komisch, ich ahne es ja schon seit April, dass es nicht mehr gut wird, aber es dann doch so direkt gesagt zu bekommen, ist seltsam. Auf der einen Seite bin ich irgendwie erleichtert, dass ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen konnte, und ich nicht die "Böse" bin, die ihm nur das Schlechteste wünscht. Auf der anderen Seite will ich noch gar nicht weiter in die Zukunft denken, was alles auf mich zukommen wird. Gar nicht mal die "großen" Sachen, wie sein Sterben und die Beerdigung, sondern eher die Banalitäten, wie Reparaturen, die er noch machen wollte, oder Sachen von ihm, die er noch sortieren wollte, das, was dann wahrscheinlich alles zu meiner Aufgabe wird. Deswegen "genieße" ich noch die Blase, in der ich mich gerade befinde, solange bis sie platzt und alles auf mich einprasseln wird. Bis dahin versuche ich eins nach dem anderen zu erledigen, was ich kann.

Beccamaus
28.07.2021, 13:05
Liebe Plaspoo, das alles zu lesen stimmt mich sehr traurig, zumal ich viel an die Kinder denke. Ich kann dir nur empfehlen deine Kinder, mit Büchern oder sonstiges, mit einzubinden was in den nächsten Monaten passieren wird. Ich hoffe für deinen Mann das er noch viele schöne schmerzfreie Momente erleben kann und wird. Ich wünsche euch von Herzen eine schöne letzte gemeinsame Zeit, auf die du später gern zurück schaust. Denn meine letzten Wochen mit meinem Daddy waren sehr intensiv und für mich wunderschön. GLG

plaspoo
16.08.2021, 01:22
Hallo,
es gibt Neuigkeiten.

Mein Mann war in der Uni FFM zwecks Zweitmeinung und er darf nochmal Everolimus versuchen. Das hatte er im Januar kurz, hatte aber dann wahnsinnigen Juckreiz und weiterhin Durchfälle, weswegen es nach kurzer Zeit wieder abgesetzt worden war. Die Symptome können aber wohl auch daran liegen, dass er das Nivolumab/Ipilimamumab kurz vorher abgesetzt hatte. Er soll es jetzt mal 6-8 Wochen nehmen, dann ein CT und danach dann neu entscheiden. Die Ärztin meinte noch, dass man theoretisch auch ein schwach wirkendes TKI mit Everolimus kombinieren könnte, was manchmal eine gute Wirkung hat.
Außerdem hat er endlich Palladon verschrieben bekommen. Ich bin gespannt. Bisher sehe ich noch keine Veränderung, aber das ganze geht jetzt auch erst 3 Tage so.

Jetzt fahren wir erstmal in den Urlaub. Ich hab Angst, wenn es ihm dort schlechter geht. Ich weiß nicht, was ich dann machen soll... Ich hoffe einfach, es geht ihm eher besser, als schlechter.

Beccamaus
23.08.2021, 08:57
Das sind aber gute Neuigkeiten, hoffentlich. Wie geht es euch denn? Wie war euer Urlaub?

plaspoo
25.08.2021, 21:30
Hallo, Beccamaus,
der Urlaub ist so durchmischt wie unsere ganze momentane Situation... wir sind mit meiner besten Freundin und deren Familie (auch 3 kleine Kinder) auf einem Bauernhof in Ostfriesland und hatten direkt letzten Montag, als wir angekommen sind, einen Tornado, der nur eine kleine kleine Schneise gezogen hat, aber direkt über diesen Hof hier... ganz viele Bäume umgestürzt, die Wand vom Stall weg, Ziegel vom Dach, etc. Zum Glück wurde niemand verletzt.
Es ist sehr wechselhaft, mal schönes, sommerliches Wetter, mal regnet es und es ist sehr herbstlich kühl.

Meinem Mann geht es nicht gut, man kann es nicht anders sagen... er hat, trotz Palladon, starke Schmerzen, kann sich kaum Rühren. Alles, was wir unternehmen verlangt ihm unglaublich viel ab, er ist sehr langsam und kommt kaum mit... 6 Kinder nehmen leider auch nicht wirklich viel Rücksicht... er kann kaum gerade denken, er ist sehr ungeschickt geworden. Die letzten beiden Tage hat er sich komplett ausgeklinkt und ist alleine hier geblieben, während wir unterwegs waren. Trotzdem ist er abends total hinüber...

Ich finde, das ist kein gutes Zeichen? Ich merke immer noch nix von der Wirkung der Medikamente und ich bin gespannt, wie er so seine Reha durchstehen will... aber evtl sind es wirklich nur ich und die Kinder, die ihn so strapazieren und nerven...

Beccamaus
26.08.2021, 13:57
Also Hut ab das er überhaupt mitgekommen ist und nicht sagt, lasst mich einfach mal in Ruhe zu Hause. Unter diesen Schmerzen 6 kleine Kinder ist schon echt sehr viel verlangt von einem Mann mit seinem Krankheitsbild. Es tut mir sehr leid für ihn :-( und auch für euch, die einfach zuschauen müssen. Aber Krebs nimmt nun mal die komplette Energie und frisst sich einfach seinen Weg durch den Körper. Wunder wirst du wohl sicher nicht mehr erwarten können, aber eine hoffentlich bald stabile restliche Zeit die er und vor allem ihr als Familie noch zusammen genießen könnt.... Habt ihr es mal mit CBD Öl in Kombi mit der Chemo probiert? Papa hat dies auch, er war unter ärztlicher Kontrolle und hat es von mal zu mal gesteigert...es nimmt ein wenig die Schmerzen und das traurige Tief.

Falco11
26.08.2021, 14:10
Ich kann nicht verstehen, dass man Deinem Mann noch so viel Belastung durch 6 Kinder antun muss. Natürlich will er noch alles miterleben. Aber ich schätze, dass er nicht NEIN sagen kann und Dich in Deiner Fürsorge auch nicht kränken will.

Ich würde mir jedenfalls Ruhe wünschen. Schließlich geht es um die letzte Zeit, die bleibt.

Ich wünsche Euch viel Kraft für das, was auf Euch zukommt.

Viele Grüße

Falco

plaspoo
26.08.2021, 22:31
Ihr klingt ja, als wäre ich die böse Hexe, die ihn zwingt mit in den Urlaub zu fahren, damit er die Kinder versorgt und ich schön einen drauf machen kann... so war das doch hoffentlich nicht gemeint?

Mein Mann wollte in diesen Urlaub mitfahren. Auch sein Onkologe hatte gesagt, er soll da, den Kindern und sich selbst zuliebe, unbedingt mit.
Geplant ist der Urlaub schon seit Anfang des Jahres, als es ihm noch wirklich gut ging, im Vergleich zu heute. Und meine beste Freundin hab ich mit, damit wir uns mit den Kindern gegenseitig unterstützen können. Jedes Mal, wenn wir etwas unternehmen wollen, fragen wir ihn, ob er mit will. Oder ob er eigene Ideen hat, was er gerne machen möchte. Es geht ja auch um Erinnerungen der Kinder mit ihm. Mein Mann muss gar nix, wie gesagt, die letzten Tage, sowie heute und morgen auch, klinkt er sich komplett aus, er verbringt die Tage mehr oder weniger auf dem Sofa oder in der Hängematte. Wenn er es gewollt hätte, hätte er meinetwegen zuhause bleiben können und sich 1x pro Woche Temsirolimus infundieren lassen können. Ich zwinge ihn zu nix, versuche eher noch, ihn zu bremsen...

Ich weiß nicht, was ich noch machen kann, um ihm zu helfen. Ich kann ihn ja schlecht zuhause einsperren und alles für ihn übernehmen, so gerne ich das auch machen würde... er sagt eben auch nicht, was er braucht, er versucht alles selbst...

Bzgl CBD Öl -> hab ich schon vor Ewigkeiten vorgeschlagen, evtl sogar THC... tja, Onkologe ist aufgeschlossen dafür, mein Mann will es nicht, es mache ihn ja nur noch müder...

Beccamaus
27.08.2021, 11:04
Quatsch...das fasst du falsch auf...ist doch klar das du deinen Mann nicht zu irgendwas zwingst, er ist ja alt genug zu entscheiden. Schwere Situation für euch alle als Familie.... hätte man den Urlaub vielleicht absagen sollen um ihn den Druck rauszunehmen, ich will und muss mit der Kinder zuliebe ?? Sind ja nur unsere Gedankengänge...da gibt doch keiner dir die Schuld... man kann ja nicht Gedanken lesen. Zumal dein Mann ja ein sehr schwieriger Typ Mensch ist....schade das er so erschlossen ist und ihr die restliche Zeit so verbringt. Nichts ist geklärt, nichts ist besprochen, keine Ratschläge werden angenommen. Ich stelle mir das alles sehr sehr schwierig vor und kann immer wieder nur sagen : Bleib stark, gönn die Auszeiten um zu Kräften zu kommen und bleib lieb und verständnisvoll. So schwer es fällt :-(

plaspoo
27.08.2021, 18:15
Er hört nur dann auf meine Ratschläge, wenn der Leidensdruck groß genug ist, oder wenn es von ärztlicher Seite kommt...

Was mir und meiner Freundin seit ein/zwei Tagen auffällt ist, dass er ziemlichen Mist erzählt, fragt z.b., ob er die Papppackung der Aufbackbrezel wieder einfrieren soll, obwohl direkt vor ihm alle aufgebacken stehen. Er antwortet auf Fragen sehr kontrovers, wirkt tatsächlich verwirrt... kann das vom Palladon kommen? Pendelt sich sowas ein, oder wird das jetzt Dauerzustand bleiben?

Falco11
28.08.2021, 10:48
Was Dein Mann wohl denken würde, wenn er das alles mal liest??

Falco

plaspoo
28.08.2021, 11:09
Falco, warum bist du so sauer auf mich? Was hab ich dir getan? Wenn dir nicht gefällt, was ich schreibe, dann lies es doch einfach nicht? Oder sag mir gerade heraus, wie ich in meiner jetzigen Situation immer richtig und perfekt reagieren soll, dafür wäre ich echt dankbar! Ich hätte liebend gerne eine Anleitung, was ich jetzt wie machen soll, wenn du also die perfekte Vorgehensweise kennst, immer her damit.

hierfalsch
29.08.2021, 18:09
Liebe plaspoo

also ich habe den Eindruck, Du machst das alles sehr gut. Ich denke, es IST eine Gradwanderung - Dein Mann ist verständlicherweise erschöpft und er möchte ebenso verständlicherweise viel Zeit mit seinen Kindern verbringen. Dass das ein Spagat ist, in dem es die eine perfekte Lösung sowieso nicht gibt ist meines Erachtens klar.
Ich denke es bleibt nichts weiter übrig als so weiter vor Euch hin zu versuchen das Beste aus einer ätzenden Situation zu machen. Das bedeutet vermutlich manchmal Pause und manchmal Anstrengung, je nachdem wie die Lage gerade ist Sicherlich wäre es hilfreich, wenn Dein Mann klar artikulieren könnte, was er wann möchte und braucht, aber das ist ja nunmal leichter gesagt als getan. (MIR ist das damals in der Krebstherapie jedenfalls ausgesprochen schwer gefallen und natürlich muss man auch erstmal selbst wissen, was man möchte und braucht bevor man es jemandem erklären kann.) Von daher würde ICH sagen: Ihr macht alles richtig.

Also toitoitoi und die besten Wünsche

hierfalsch

Beccamaus
30.08.2021, 08:47
Hallo Plaspoo, ich denke was Falco meint ist das es hier um deinen Mann geht und er sicher das ein oder andere geschriebene Wort nicht gut findet. Aber das ist ja auch ok... nicht jeder findet alles gut und versteht die Situation. Ich denke seine Worte sind manchmal ein bisschen hart oder wirken hart und manche lassen sich dann dazu verleiten, nicht mehr zu schreiben, aus Angst was falsches zu schreiben. Deswegen finde ich solche Aussagen auch nicht ganz fair... man soll sich gerade hier, über alles auslassen können, auch wenn es manchmal böse und unfaire Gedanken sind. Also , schieb deine Gedanken beiseite und schreibe was dir aufm Herzen liegt. Du machst das super, bist für deinen Mann da und hast ja zusätzlich noch einiges an der Backe...also dazu erstmal "Hut ab". Die Verwirrtheit kann sehr gut von dem Palladon kommen, hatte mein Daddy auch, nur leider musste es ja immer wieder angehoben werden, so dass seine Verwirrtheit nie weg ging. Ob letztendlich noch Hirnmetasten dazugekommen sind oder ob es rein am BTM lag, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. LG

zebra01
30.08.2021, 12:23
Hallo,
ich könnte mir gut vorstellen, dass die Verwirrtheit nicht nur von den Tabletten, sondern auch von den Schmerzen kommt. Das ist zumindest bei meinem Mann so. Auch habe ich den Eindruck, dass dein Mann zuwenig Schmerzmittel nimmt. Bespricht er seine Schmerzen aufrichtig mit dem Arzt?
25 mg Novalgin hieß es vor einigen Wochen. Das ist gar nichts. Mein Mann nimmt zB. 400mg. Vielleicht sollte er ein Schmerztagebuch führen, damit der Palliativdienst ihn besser einstellen kann?
Alles Gute

plaspoo
30.08.2021, 18:13
Hallo, es gibt was neues...
Wir waren heute in FFM zum regulären Termin. Mein Mann hat einen HB von unter 7, so dass sie uns zu einer Transfusion geraten hat. Außerdem könnte die Verwirrtheit von einem kleinen Sturz vor einer Woche herrühren, wo mein Mann aus seiner Hängematte viel. Da es dort etwas länger dauern könnte, sind wir hier nach Hause zu seinem Onkologen gegangen, da hatte er heute auch noch Termin. Der hat ihn sofort eingewiesen, Transfusion und erstmal CT bei hochgradigst neurologischen Auffälligkeiten. Es kann sein, dass er Metastasen hat, der eben doch eine Blutung, oder etwas ganz anderes.

@Zebra01 Das Palliativteam unterstützt uns leider nicht, solange mein Mann noch Therapie haben möchte

Beccamaus
31.08.2021, 08:14
Was ist das denn für ein Palliativdienst? Also da fehlen mir ja die Worte.

Halte uns auf den laufenden...ich denke ganz fest an euch. LG

plaspoo
31.08.2021, 21:34
Was ist das denn für ein Palliativdienst? Also da fehlen mir ja die Worte.

Also, sie haben erklärt, dass die Krankenkasse nicht für palliative Versorgung und Therapie zeitgleich bezahlen will. Macht Sinn für mich. ;)

Ich war heute bei ihm, nach 2 EKs ist er schon deutlich rosiger und er ist auch nicht mehr so sehr verwirrt. Morgen darf ich wohl mal mit dem Arzt sprechen. Und über den dortigen Sozialdienst lassen wir den Pflegegrad beantragen. Ich bin ein bisschen erleichtert. :tongue

Beccamaus
01.09.2021, 08:37
Na das ist ja schon mal eine Erleichterung wenn ein Pflegegrad endlich beantragt wurde, schön.

Also hier bekommt man die SAPV Verordnung wenn der Arzt diese ausstellt, ihr bekommt ja keine kurative Therapie mehr, sondern eine palliative Therapie , natürlich kann man da nebenbei schon SAPV mäßig was machen. Aber egal... es läuft ja endlich alles. Ich bin sehr gespannt was der DOC sagt...ich drücke die Daumen das es endlich mal eine pos. Nachricht ist.

plaspoo
01.09.2021, 20:16
Naja, man kann es so und so sehen... grundsätzlich ist ja wohl jedes Medikament beim metastasierenden Nierenzellkarzinom palliativ, keine Ahnung... die sapv hatten wir ja, sie waren zum Erstgespräch hier und da hatten sie es so erklärt. Solange er das Everolimus oder auch etwas anderes nehmen möchte, können die uns nicht unterstützen. Aber das ist okay, wenn er möchte, darf er das natürlich machen.
Der Dr hat nicht viel gesagt... nur dass das CT unauffällig war und er jetzt mit der dritten Blutkonserve wohl wieder ein annehmbares Blutbild hat...

plaspoo
05.09.2021, 20:05
Ich bin momentan so unsicher, wie ich es noch nie war..
Er erzählt Sachen, die einfach nich wahr sind... Irgendwas davon, dass die Klinik polizeilich abgeriegelt war, weil ein Einbrecher da war, der ein Mädel bis in die Kinik verfolgt hat, das er umbringen wollte... er hat sich dazu entschieden, sich im Bad zu verstecken...
Er sieht irgendwelche Lichtpunkte und es krabbelt etwas über die Wand und unter der Tapete vor...

Er sagt, es wurde ein Halluzinogramm gemacht mit irgendeiner coolen Maschine, die mit Kameras ausgestattet ist, kann sich aber nicht daran erinnern, dass er ein MRT hatte.

Seit neuestem braucht er wohl Schutzhosen, also Windeln, davon erzählt er auch jedem und ohne Scham.

Ich erfahre so gut wie nichts von den Schwestern, die Ärzte mal ans Telefon zu bekommen ist fast unmöglich. Ich soll mir doch über die Praxis mal einen Termin für ein Angehörigengespräch geben lassen...

Positiv ist momentan eigentlich nur, dass er wieder relativ flüssig sprechen kann und wenn er nicht so seltsame Sachen erzählen würde, könnte man ihn wieder für "normal" halten. Evtl macht er ja auch nur Blödsinn und meint diese Storys ironisch? Ich bin überfragt...

hierfalsch
05.09.2021, 21:37
Oh Mann, @Plaspoo das klingt ja alles echt belastend. Ich kenne mich nicht aus und nehme daher von wilden Vermutungen Abstand - schließlich ist von 'schwarzer Humor um besser mit einer beschissenen Situation umgehen zu können' bis hin zu gottweißwas quasi ALLES im Rahmen des vorstellbaren. Ich wollte Dich nur wissen lassen, dass Du hier gelesen wirst. Herzliche Grüße - und ich bin sicher, dass Dein Mann total froh ist, Dich zu haben. Auch wenn die Welt gerade Kopf steht...

Beccamaus
06.09.2021, 08:15
Hallo Plaspoo, ich denke fast das er BTM erhält und er dadurch so wirr redet, oder halt wirklich im schlimmsten Fall Metastasen im Kopf :-( Wenn er ein MRT hatte, wirst du ja hoffentlich bald Gewissheit haben. Aber wenn du zu Besuch bist, redet da kein Arzt mit dir bei dieser Diagnose??? Also, ich verstehe das gar nicht. Dränge auf ein Arztgespräch, das können sie dir als Ehefrau doch nicht verwehren??

plaspoo
08.09.2021, 23:48
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll...

Ich hatte am Montag ein Arztgespräch, mein Mann war auch dabei. Bisher wissen sie nicht, warum die EKs nicht ausreichen, er hatte am Montag wieder eines... Inzwischen also so 6... diese Verwirrungszustände lagen am Ehesten an einer Hyperkaliämie, das stabilisiert sich so langsam.
Der Arzt hat nochmal deutlich gesagt, dass wir jetzt definitiv palliativ denken müssen und alles was man klären kann, klären sollten. CT und MRT waren unauffällig, keine Blutung, keine Metastasen.

Der Sozialdienst hat uns den PG2 beschafft, es gibt aber wohl noch eine abschließende Begutachtung durch den MDK, wo der PG dann genau festgesetzt wird.

Heute früh hat mich der Sozialdienst angerufen, dass sie ihn am liebsten in einem Hospiz anmelden wollten, da ist er aber dagegen, er will nach Hause. Ich habe dann ein langes Telefonat mit meinen Mann geführt, weil er schon wieder Sachen erzählt hat, die nicht so stimmen, er hatte mir nämlich auf den Anrufbeantworter gesprochen. Unter anderem hatte er dem Sozialdienst wohl gesagt, dass er zuhause ja doch schon das Palliativteam hat. Da hab ich ihm erstmal gesagt, dass das mit dem Palliativteam erst klappt, wenn er nicht mehr therapiert wird. Das hatte er wohl falsch verstanden...

Wir werden es also mal zuhause versuchen, in der Hoffnung, dass er nicht zu früh wieder stationär sein muss...
ich versuche einen Pflegedienst zu organisieren, muss allerdings Dienstag und Mittwoch arbeiten, das wird hart, und ich weiß noch nicht, wie ich das machen soll, ich hoffe, er ist soweit fit, dass er alleine bleiben kann...

Beccamaus
09.09.2021, 08:27
Ok, ist natürlich verständlich das dein Mann gern nach Hause kommen möchte. Hast du deine Eltern oder gar seine Eltern in der Nähe die bei ihm sein könnten, wenn du auf Arbeit bist? Wie lange bist du denn immer weg? Also meine Mama hat sich ab den Tag wo mein Vater def. nicht mehr so fit war, krank schreiben lassen. Fast 1 Jahr war sie krank geschrieben, aber ich glaube dafür hat jeder Verständnis auf Arbeit und wenn nicht, wäre es mir auch egal. Immerhin geht es um euch und um eine Zeit die ihr nie wieder bekommt.

plaspoo
13.09.2021, 13:13
Wir werden ihn schweren Herzens wohl doch nicht nach Hause holen, sondern im Hospiz anmelden. Eine gute Freundin von ihm ist Palliativmedizinerin und arbeitet im Palliativteam an ihrem Wohnort (ich wusste das gar nicht, dachte, sie ist "nur" Anästhesistin). Sie hat sich die Zeit genommen, war hier und hat 2h mit ihm geredet, sie durfte ausnahmsweise in die Klinik und ihn besuchen.

Sie hat mit ihm sehr deutlich geredet und mit mir auch. Die Blutwerte sind zwar noch stabil, aber man sieht an dem ein oder anderen Wert schon, dass es nicht gut ist und auch nicht mehr gut wird. Sie hat gesagt, über kurz oder lang wird er ein Leberversagen entwickeln. Wenn er noch 3 Monate hat, dann haben wir Glück (obwohl sie natürlich hofft, dass sie sich täuscht).

Auch die Dame vom Sozialdienst fände es nicht sinnvoll, ihn nach Hause zu holen, aus der Sorge, ob er dann noch freiwillig in ein Hospiz gehen würde. Lieber ihn dort anmelden und dann zwischendurch an einem guten Tag mal nach Hause mitnehmen.
Aber sie hat jetzt schonmal erwirkt, dass ich ihn im Hof der Klinik und trotz Corona mit den Kindern besuchen darf.

Beccamaus
13.09.2021, 14:15
Das ist alles sehr traurig :-( Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es in deinem und vor allem in den Kopf deines Mannes vorgehen muss. Der Gedanke, dass jemand so etwas zu einem selber sagt, ist unvorstellbar. Aber wir alle, die hier sind, kennen solche Sätze. Bei meinem Papa hat die Prognose damals voll zugetroffen :-( Wie geht es deinem Mann denn jetzt??? Wie geht es deinen Kindern denn damit? Sind die auf das alles "vorbereitet"?

Wie schon mal erwähnt war mein Daddy die letzten 3 Monate im Hospiz und es war eine wundervolle, intensive Zeit und er musste zu keiner Zeit irgendwas ertragen weil sofort reagiert werden konnte. Letztendlich war es bei meinem Vater von heute auf morgen zu einem Leberversagen gekommen (schätze ich so ein), wenn das kommt, kommt es wirklich schnell. Klar, er war etwas gelblich... aber nicht extrem auffallend, der Tod kam für uns sehr "unvorbereitet", weil es ihn bis dahin recht gut ging. Was ich damit sagen will, bereitet euch vor und tut bei jedem Abschied als wäre es der letzte. Ich habe mich 3 Monate immer so verabschiedet, dass ich später nichts bereue. I

plaspoo
13.09.2021, 17:30
Die Kinder wissen das, was sie erfragen, ich lüge sie nicht an. Aber ich erzähle auch nicht großartig viel mehr. Sie wissen, Papa hat Krebs und Krebs kann töten. Aber dass das dieses Jahr noch sein könnte, hab ich ihnen nicht erzählt, das weiß ich selbst ja auch nicht...
Ich war so froh, dass sie sich heute sehen konnten. Wir haben zusammen Eis gegessen und die Kinder saßen auf seinem Schoß. Ich bin froh, dass wir die Gelegenheit hatten. Meine größte Angst war, dass er in der Klinik verstirbt, ohne vorher die Kinder nochmal gesehen zu haben, da bin ich jetzt schon etwas erleichtert. Jetzt kann die nächste Zeit kommen und wir sehen, wo es uns hinbringt.

Christin12
16.09.2021, 22:08
Hallo Plaspoo,
es tut mir sehr leid, was ihr durchmachen müsst.
Wie alt sind eure Kinder?

Lass mich bitte etwas dazu schreiben:

Wenn ich richtig gelesen habe, ist es der Wunsch deines Mannes, zu
Hause zu sein. Möglicherweise ist es sein letzter Wunsch.
Ein Palliativteam kann ihn auch sehr gut zu Hause versorgen.
Wie Beccamaus schrieb, könntest du dich krankschreiben lassen und
für deinen Mann da sein. Es gibt auch eine Pflegezeit, die dein Arbeitgeber
dir gewähren kann.
Mir tut es in der Seele weh zu lesen, dass der Wunsch deines Mannes nicht
erfüllt werden wird. Versuche es doch wenigstens. Vielleicht sagt er ja irgendwann selbst, dass er ins Hospiz möchte.
Ich wünsche euch viel Kraft und noch viel gemeinsame Zeit.

toastbrot81
16.09.2021, 22:35
Oh man, tut mir alles sehr sehr leid.

Dass ihr Euch doch für das Hospiz entschieden habt, war sicherlich nicht einfach. Ja, der Wunsch war ein anderer. Ich sehe das aber etwas anders als meine Vorrednerin, ohne das aber böse zu meinen. Es geht manchmal zu Hause einfach nicht. Gerade wenn schon Gespräche geführt wurden und zum Hospiz geraten wurde ... klar, krankschreiben geht. Für eine kurze Zeit ja. Aber nicht jeder kann sich halt irgendwann die Runterstufung auf Krankengeld leisten. Gerade wenn sowieso noch das andere Einkommen fehlt. Auch kann das emotional nicht jeder. Mein Vater hätte das zu Hause letztes Jahr mit Mama nicht geschafft. Er hätte keine Nacht wirklich geschlafen aus Sorge irgendein Anzeichen von Mama zu verpassen und keine Hilfe rufen zu können. Ganz zu schweigen von dem emotionalen Aspekt,dass der Partner in der Wohnung stirbt. Damit kann auch nicht jeder umgehen.
Soviele Aspekte, die in die Entscheidung einfließen. Und die Entscheidung war vermutlich nicht einfach.

Ich hoffe, dass ihr bald einen Hospizplatz kriegt oder vielleicht schon gekriegt habt. Ich war letztes Jahr fast jeden Tag da, es war ein bisschen wie zweites zu Hause. Hab mich da sehr wohl gefühlt. Ja, es kamen auch mal ein schlechtes Gewissen hoch, dass Mama halt nicht mehr zu Hause war. Gleichwohl wusste ich aber, dass sie die tolle Betreuung dort zu Hause halt nicht in dem Maße bekommen hätte.

Alles Liebe Euch

plaspoo
16.09.2021, 23:15
Guten Abend,

eigentlich wollte ich ihm tatsächlich seinen Wunsch erfüllen, zuhause zu sein, ursprünglich wollte er auch zuhause sterben.
Unsere Kinder sind 2, 5 und 8 Jahre alt, sie sind einfach zu klein, sie brauchen wenigstens zuhause "Normalität".

Eine Krankschreibung ist noch nicht sinnvoll, eben aus dem Grund, dass man momentan nicht sagen kann, ob es 2 Tage, 2 Wochen oder 2 Monate sind. Sobald man es besser abschätzen kann und ich mich nicht mehr wohlfühle mit dem Arbeiten, werde ich mich aber natürlich aus der Arbeit zurückziehen, auf die ein oder andere Weise. Zum Glück kommt mir mein Arbeitgeber sehr entgegen, sodass ich, zumindest ab November, mich zurückziehen kann, ohne jemandem zu schaden.

Soweit ich weiß, hat er es akzeptiert, ins Hospiz zu gehen. Mein Plan ist, dass wir ihn, wenn er dort eingezogen ist und es ihm soweit gut geht, dann hole ich ihn tageweise nach Hause.

plaspoo
17.09.2021, 16:47
Am Montag zieht er ins Hospiz.
Inzwischen ist er total ödematös, er ist kurzatmig und nur auf kurzen Strecken mobil. Der Kopf funktioniert aber zum Glück wieder ganz gut.

Christin12
17.09.2021, 20:19
Das ist sehr traurig.
Eure Kinder sind tatsächlich zu jung, um das zu Hause mitzuerleben.
Ein Hospiz ist eine gute Einrichtung, wenn es nicht anders geht. Ich
wünsche euch viele gute Tage, an denen du ihn nach Hause holen und
für ihn da sein kannst. Er hängt sicher sehr an den Kindern und sie an
ihm.
Pass aber auch auf dich auf.

Dirk_Berlin
21.09.2021, 12:08
Liebe Plaspoo,

ich wünsche dir viel Kraft in der schweren Zeit.

LG Dirk

Christin12
27.09.2021, 20:40
Liebe Plaspoo,

wie geht es euch?
Gefällt es deinem Mann im Hospiz?

plaspoo
28.09.2021, 15:33
hallo, ja, es gefällt ihm im Hospiz. Er hält sich recht stabil. Am Freitag hab ich ihn mal mit zu meinen Eltern nach Hause genommen, meine Schwester hat eine kleine Abschiedsfeier gegeben, weil sie nach Kanada auswandert. Es war wahnsinnig anstrengend für ihn, Treppen gehen geht kaum noch. Aber er und die Kinder und ich, wir haben es genossen, dass es recht "normal" war. Seitdem bin ich aber extrem erkältet, so dass ich gar nicht mehr bei ihm war. Er bekommt viel Besuch von Freunden und Verwandten, das ist echt schön und wäre sicherlich weder im Krankenhaus, noch hier zu Hause so unkompliziert möglich.

Christin12
29.09.2021, 19:26
Schön zu lesen, dass er sich wohlfühlt und viel Besuch bekommt.
Das ist ja auch wichtig, gerade jetzt, wo du nicht zu ihm kannst.

Gute Besserung für dich und alles Gute für deinen Mann.
Ich wünsche euch, dass er noch sehr lange stabil bleibt.

sanne2
04.10.2021, 18:09
Hallo liebe plaspoo.
Wie geht es euch inzwischen?
Wie kommst du persönlich damit zurecht?
Und deine Kinder?
Wie geht es deinem Mann momentan?
Ich muss so häufig an euch denken.

Ganz liebe Grüße,

Sanne

Nur wem es droht seinen Partner zu verlieren, und dann noch mit Kindern, kann dich wirklich verstehen. Euch wünsche ich noch eine einigermaßen schöne Zeit.

plaspoo
04.10.2021, 23:04
Hallo, mir geht es recht gut, ich kann mich noch ganz gut Ablenken. Ich darf nur nicht so genau darüber nachdenken, sonst kommt die Angst und die Trauer wie ein Lastwagen und überrollt mich, bisher hab ich es aber noch immer geschafft, davor irgendwas anderes zu machen. Ich versuche mein Gehirn zu beschäftigen, indem ich mir grauenvolle fanfiction ausdenke und aufschreibe. Abends im Bett liegend ist es am schwersten. Ich geh extra spät schlafen, damit ich schnell einschlafe. Mehr als 4-5h Schlaf pro Nacht sind es momentan nicht.

Die Kinder halten sich auch ganz gut, sie fragen auch nicht viel oder wollen ständig zu ihm, für sie geht es bisher ganz normal weiter.

Mein Mann lässt sich schwer einschätzen... Er hat jetzt noch Clostridien und dadurch ganz üblen Durchfall, jetzt bekommt er Metronidazol. Dadurch will er nicht besucht werden und auch telefonieren ist ihm zu anstrengend. Ich hab ihn also nur am Freitag kurz gesehen, als ich seine Wäsche ausgetauscht habe. Ich hoffe, dass wir morgen mal wieder hin können. Ich habe die Befürchtung, dass er diese Endgültigkeit immer noch nicht akzeptieren kann und geduldig darauf wartet, dass es ihm wieder "gut" geht, bevor er Besuch zulassen will.

plaspoo
10.10.2021, 23:00
Gestern Abend kam ein Anruf vom Hospiz, dass er unruhig ist, er war auch schon gestürzt (zum Glück ohne sich zu verletzen), er sei sehr verwirrt. Sie haben ihm Morphin und Midazolam gespritzt. Kurz drauf kam noch ein Anruf, dass sie nicht wissen, ob er die Nacht überlebt.
Heute Früh war ich mit den Kindern nochmal da, er hatte wohl nochmal Midazolam erhalten und fest geschlafen, es war echt schwer. Vor allem unser Großer war geschockt, die zwei Kleinen konnten ganz normal mit der Situation umgehen. Ich denke, er hat die Kinder gehört, er hat sich mehrere Male durch das Medikament durchgekämpft, um irgendwie zu reagieren...
Jetzt jagt mir jeder Telefonanruf einen Schauer über den Rücken. Ich weiß nicht, was ich nachts machen soll... Sollte ich mit den Kindern hin, wenn sie mich anrufen? Oder soll ich das den Kindern ersparen und erst dann hin, wenn er es geschafft hat?

Oh mann, ich hoffe, dass er ohne Stress gehen kann, wenn es soweit ist und dass ich dann spontan weiß, was richtig ist...

Dirk_Berlin
11.10.2021, 09:46
Leibe Plaspoo,

ich wünsche Dir ganz viel Kraft in der schweren Zeit.

LG Dirk

Beccamaus
11.10.2021, 10:31
Liebe Plaspoo, ich war jetzt 3 Wochen nicht hier und es tut mir leid das zu lesen. Bei meinem Papa hat es genauso angefangen, er wurde unruhig, ist gestürzt und hat dann durch die Medikamente nur noch geschlafen.

Es tut mir im Herzen weh, dass du bald mit 3 kleinen Kindern allein bist, deine Kinder ohne Papa aufwachsen müssen und vor allem dein Mann ohne euch ist. Das Leben ist so unfair, so viele Menschen sterben derzeit an Krebs und die ganze Welt kennt nur noch Corona :-( Aber der Glaube, dass es ihn endlich besser geht und er, halt nur auf eine andere Weise, immer bei euch ist, ohne Schmerzen, sollte euch ein wenig trösten.

Die Frage was du nachts machen sollst, kann dir wohl keiner beantworten. Ich bin Krankenschwester, habe viele Menschen begleitet, bei meinem Papa habe ich es nicht gekonnt und nicht gewollt. Ich wollte ihn einfach nie so vor mir sehen, wollte diese Bilder nicht im Kopf haben. Ich würde meinen Kindern diese Bilder auch nicht vorsetzen wollen. Ich weiß es ist normal, es gehört zum Leben dazu, aber ich kann nur von meiner ganz persönlichen Meinung sprechen. Du sollst dich da zu nichts gezwungen fühlen weil manche der Meinung sind, dass muss so und so sein. Hör einfach auf dein Herz. Schade ist das dein Mann nie über das was er möchte gesprochen hat, aus diesem Grund weist du auch gar nicht, was er wollte. Mein Papa wollte allein sein, dass hat er immer betont. Er war auch schon zu Lebzeiten ein Mensch, der Krankheit oder Schmerzen mit sich selbst ausgemacht hat. Aus diesem Grund hatte ich zu keinem Zeitpunkt ein schlechtes Gewissen bei der Sterbephase nicht dabei gewesen zu sein. Ich war jeden Tag da, selbst an dem Tag vor dem Tod. Papa hat sich nachts, ganz heimlich und schnell, davon geschlichen. Genau so, wie er es wollte....

plaspoo
11.10.2021, 12:20
Hallo, Beccamaus, er hat sich tatsächlich wieder berappelt und kämpft wie ein Stier... sie wollten ihn heute sogar in den Sessel setzen. Ich war kurz da umd jab mit ihm gesprochen.

Ich hab so gemischte Gefühle und so ein schlechtes Gewissen, weil ich mich einfach nicht wohl fühle, ihn so zu sehen. Er war schon immer eher der Mensch, wie du auch deinen Papa beschreibst, der sowas mit sich ausmacht. Ganz zu Beginn unserer gemeinsamen Zeit, wir waren noch kein Paar, aber ich war schwanger..., da gab es lange Funkstille von seiner Seite. Es war die Zeit der Erstdiagnose. Später hat er gesagt, er wollte mich nicht zusätzlich belasten... so war, und ist, er immer gewesen. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn gebeten habe, mich in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, meistens hat er mich vor vollendete Tatsachen gestellt.

Es tut mir im Herzen weh, ihn im Krankenhaus und jetzt im Hospiz so zu sehen, am Liebsten würde ich erst wieder was von ihm hören, wenn er gegangen ist... das geht nicht und gewisser Weise will ich das auch gar nicht... schließlich hab ich ihm mit dem Wissen um seine Krankheit und was damit zusammenhängt, vor mehr als 5 Jahren "in guten, wie in schlechten Tagen" versprochen. Ich will später auch nichts bereuen.
Aber ich gehe auf dem Zahnfleisch, ich bin sehr dünnhäutig, geh schnell an die Decke, oft müssen es die Kinder ausbaden, dass ich einfach nur schlechte Laune habe und ich weiß nicht, wie ich das ändern kann... ich versuche krampfhaft nicht zu weinen, weil ich angst habe, dass sich dann ein Loch unter mir auftut, aus dem ich nicht rauskomme.

Es tut mir echt gut, das hier alles mal nieder zu schreiben. Ich bin für alle nur die "starke" Frau, dabei fühl ich mich so schwach wie noch nie und würde mich am liebsten einfach unter meiner Decke verstecken...

Beccamaus
11.10.2021, 12:40
Ich finde es nicht gut , dass du nicht weinst. Was ist so schlimm an diesem Loch unter dir? Warum willst du die starke spielen? Du wärst sicher ein wenig belastbarer, wenn du dir selber erlaubst, Druck abzubauen indem du weinst. Du setzt dich so unter Druck. Warum ist weinen verboten, ich habe im Bett meines Papa´s gelegen und bitterlich geweint. Man sollte alles das tun, was einem in diesen Moment richtig vorkommt. Keine leeren Versprechungen, kein überspielen der Gefühle. Für die Kinder ist es auch wichtig zu erkennen wie es Mama geht. Wenn deine Kinder sehen das du weinst, können sie deine Gefühle doch auch viel besser einordnen. Deinen Mann und dir hilft es vielleicht, endlich nochmal über alles zu sprechen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, klärt unausgesprochenes. Vielleicht fällt es dir dann einfacher, ihn zu besuchen. Aber nimm dir diese Zeit, ihn zu besuchen, du wirst es sonst sicher eines Tages bereuen :-(

Christin12
11.10.2021, 20:50
Liebe Plaspoo,

vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um dich krankschreiben zu lassen.
Du merkst ja, dass du an deine Grenzen gehst. So bleibt dir auch mehr Zeit,
um bei deinem Mann zu sein.
Ich schließe mich Beccamaus an: Besuche ihn, so oft es geht. Sage ihm,
dass du ihn liebst ..., sage alles, was dir auf der Seele brennt. Erzähle ihm von schönen gemeinsamen Erlebnissen, vielleicht könnt ihr gemeinsam lachen, dass Leid für einen Moment zur Seite schieben?
Versuche alles so zu machen, dass du nichts bereust.

Es kommt danach sicher ein "hätte ich doch ...". Dann ist es zu spät.

plaspoo
11.10.2021, 23:03
Hi, ich weine nicht, weil es sich einfach falsch anfühlt, wie aufgesetzt, wenn es nicht von selbst kommt, und ich hab das Gefühl, ich kann es nicht stoppen, wenn ich es forciere. Wenn es kommt, z.B. als ich mit den Kindern geredet habe, dann kommen schon einige Tränen, das blubbert so hoch, aber ich weine nicht, versteht ihr, wie ich meine?
Ich kann mit meinem Mann leider nichts mehr besprechen. Dazu ist er inzwischen zu verwirrt und man versteht ihn auch kaum noch. Als ich es wollte, vor ein oder zwei Wochen, hat er sich geweigert, "er ist ja noch nicht tot", war seine Meinung da. Ich habe ihm einen Block und Stift gegeben und ihn gebeten, wenn er schon nicht drüber reden möchte, dann soll er bitte aufschreiben, was er denkt, was wichtig für ihn ist.

>Warum willst du die starke spielen?< Will ich ja gar nicht, aber ich will auch nicht die Schwache "spielen", ich fühle mich so schon schwach genug...

>Druck abzubauen indem du weinst< Ich habe nicht das Gefühl, dass das bei mir Druck abbauen würde...

>Versuche alles so zu machen, dass du nichts bereust.< Das versuche ich tatsächlich...


Das klingt alles so diffus und chaotisch, ich hab als Krankenschwester schon so viele Menschen beim Sterben begleitet, oder Todkranke und Verstorbene gesehen, und ich konnte immer gut damit umgehen, aber bei meinem eigenen Mann macht mich das fertig, ich will es nicht, ich will ihn so nicht sehen, ich will nicht in dieser Situation sein, ich will nicht ständig Zeit freischaufeln, um ihn besuchen zu können, weil es eigentlich nicht in den Tagesablauf passt und ich andere Sachen zu tun habe, ich will seinen Kindern nicht erklären müssen, dass der Papa nie wieder heim kommen wird, ich will nicht eine Beerdigung organisieren, ohne dass ich weiß, wie er es sich vorstellt...
Ich fühle mich wie ein kleines trotziges Mädchen, dass mit dem Fuß aufstampft und dem ich so gerne eine Ohrfeige geben würde, dass sie endlich wieder normal tickt und sich gefälligst zusammenreißt, um es ihm so angenehm wie möglich zu machen und ihm und den Kindern das Beste zu bieten, was ich bieten kann, eben ohne Rücksicht auf meine Gefühle, die müssen warten!

Beccamaus
12.10.2021, 08:07
Das sind sehr harte Gedanken die du da formulierst, ich empfehle dir auf jeden Fall dieses furchtbare Erlebnis danach professionell aufzuarbeiten. Wie gesagt, bleibe zu Hause (ich habe leider keine Ahnung warum du dich dagegen so wehrst, ich wäre schön längst krank), dann brauchst du dir keine Zeit frei schaufeln, du kannst die ganze Zeit bei deinem Mann bleiben während die Kids im Kiga/Schule sind. Wenn er nicht drüben reden wollte, dann ist es so. Dann musst du das beste draus machen und darüber hinaus das planen wo du denkst es wäre das richtige. Immerhin kennt ihr euch und du wirst instinktiv schon alles schön planen. Aber diese Gedanken würde ich noch beiseite schieben, genieße die Zeit mit deinem Mann, die Wärme und die Nähe. Was würde ich für geben, dass ich es nochmal genießen könnte, auch wenn mein Papa die letzte Zeit verwirrt war, sie spüren dennoch das da wer ist, der einen nah steht. Geh einfach mal in den Wald, schreie einmal alles aus dir raus, vielleicht geht es dir dann besser, sich slebst ohrfeigen, geht leider schlecht :-)

plaspoo
15.10.2021, 00:54
Ich hab mal wieder ne Stunde Zeit und antworte auf eure Beiträge...

>Du brauchst dringend professionell Hilfe im Anschluss< Die bekomme ich aber nicht, zumindest empfanden die Psychologen, an die ich mich vor Monaten mal gewandt habe, mich eher als Zeitverschwendung und Belastung... So kam es zumindest rüber. Meine Hoffnung war ja, dass mir die Mutter Kind Kur in der Hinsicht was bringt, aber auch da kam nichts bei rum. Ich brauch niemanden, der mir Sachen erklärt, die ich schon weiß. Und solange sich niemand die Mühe macht, in mir mehr als nur eine "starke" Frau zu sehen, wird auch niemand (Professionelles) auf die Idee kommen, mir helfen zu wollen, glaubt mir, das habe ich schon versucht... Mein Hausarzt war bisher der einzige, der tatsächlich beschreiben konnte, wie ich mich fühle. Ich kann es nämlich nicht wirklich in Worte fassen. Und dann sitze ich vor den Psychologen, die fragen "und, wie soll ich Ihnen helfen?", worauf ich einfach keine Antwort habe, weil ich mir eben immer schon selber helfe, schon seit ich Kind bin, brauche ich keine anderen Menschen, um mir mit meinen Gefühlen zu "helfen"... Hier mit euch zu schreiben, bringt mir mehr als jeder Psychologe, mit dem ich bisher gesprochen habe.

>Ich möchte Dir nicht zu nahe treten aber ich lese nur „Ich will“!
Ich denke das Du eines Tages diese Einstellung bereuen wirst.< diese Kritik verstehe ich nicht so ganz? Ich hab doch nur geschrieben, was mir im Moment lieber wäre. Natürlich begleite ich meinen Mann und natürlich versuche ich da Zeit freizuschaufeln, wo es geht, um bei ihm zu sein, mit den Kindern und auch allein. Ich mach alles, was in meiner Macht steht, dass es ihm so gut geht, wie es momentan eben geht und ich mach alles dafür, dass nach seinen Wünschen und Vorstellungen (soweit ich davon Kenntnis habe) gehandelt wird. Ich organisiere seine Besucher, dass nicht alle auf einmal da sind und er aber so oft wie möglich jemanden bei sich hat. Ich gebe mein Bestes, um die Kinder, sowie Kindergarten und Schule vorzubereiten, ich plane Beerdigung und auch alles was danach noch so auf mich zukommt. Ich hab mit meinem Arbeitgeber schon geklärt, wie die Arbeit in Zukunft aussehen kann, hab verlängerte Betreuungszeiten gebucht, etc. Nebenbei versorge ich Haushalt und Haustiere, unter anderem meinen Hund, der mich seit über 13 Jahren begleitet, der auch kurz vor dem Tod steht und mehr Aufmerksamkeit bräuchte. Die Steuer von 2019 soll auch bis Ende des Monats gemacht sein, das hat bisher mein Mann immer gemacht... Ich bin nicht alleine hier, ich kann es leider nicht leisten, tagelang am Stück neben seinem Bett zu verbringen. Ich vertraue dem Personal insoweit, dass sie mir Bescheid geben, wenn er mich unbedingt da haben will, dann würde ich das versuchen, möglich zu machen.

>ich empfehle dir auf jeden Fall dieses furchtbare Erlebnis danach professionell aufzuarbeiten. Wie gesagt, bleibe zu Hause (ich habe leider keine Ahnung warum du dich dagegen so wehrst, ich wäre schön längst krank), dann brauchst du dir keine Zeit frei schaufeln, du kannst die ganze Zeit bei deinem Mann bleiben während die Kids im Kiga/Schule sind< ich habs oben schon geschrieben, professionelle Hilfe bringt mir nichts, wenn sie mir nicht helfen wollen. Ich bereite da mein komplettes Leben vor denen aus und dann kommt die Frage "und wo kann ich Ihnen da helfen?". Was bitte soll man da antworten? Die sollen doch diagnostizieren, was mit mir kaputt ist und mir dementsprechend helfen, woher soll ich das denn wissen, für mich ist alles "normal". Ich bin jetzt krankgeschrieben, erstmal bis zum 24ten, weil es einfach momentan so unabsehbar ist und ich es nur fair für die Kollegen finde, dass ich mich nicht mitten im Dienst oder kurz davor krankmelde. Trotz alledem ist er jetzt gerade wieder stabil und das ist ja auch gut so, wie lange das so geht, kann aber keiner sagen. Aber auch das ändert nichts daran, dass ich eben nicht stundenlang bei ihm sitzen kann. Momentan sind Ferien, das heißt, der Große ist zuhause, bei ihm merke ich, dass er sich unwohl fühlt, wenn wir seinen Papa besuchen. Ich habe Mo/Di und Do die Haushaltshilfe hier, die noch nicht alleine zurecht kommen (die eine hat noch nie im Leben eine Spülmaschine eingeräumt, die andere soll für uns kochen und hört nach der Hälfte des Rezepts einfach auf... ) und dann noch diverse andere Termine. Der Hund will auch raus und einkaufen muss ich zwischendurch auch mal. Und selbst was Essen und auch mal Duschen ist auch sinnvoll, das vernachlässige ich in letzter Zeit eh schon, Schlaf hab ich nachts auch nur so 4-5h, weil ich stundenlang wach liege und versuche die Situation für den nächsten Tag besser zu planen und hoffe, dass nicht kurz nachdem ich eingeschlafen bin ein Anruf vom Hospiz kommt und ich den verpasse.

Also, Tipps, wo ich noch mehr Zeit herbekommen kann, sind gerne gesehen.
Ich hoffe, mein Ton hier wirkt nicht zu grob, so liest es sich nämlich irgendwie, aber ich bin wahnsinnig froh, dass ich mich hier einfach ausschreiben kann und dass ihr mit mir mitgeht und mir berichtet, wie es bei euch war, und mir auch den Kopf zurechtrückt, wenn ich zuviel Blödsinn schreibe. Ich höre eben von allen immer nur, dass sie mich so stark finden, aber mir sagt keiner, ob das auch richtig so ist, oder was ich anders machen soll? Soll ich mich zwingen vor Anderen zu weinen, wirkt es dann besser? Wirke ich dann eher wie eine gute Ehefrau/Mutter? Ich hab keine Ahnung...

Christin12
16.10.2021, 20:47
Liebe Plaspoo,

es ist gut, dass du jetzt krankgeschrieben bist. Das verschafft dir Zeit,
die du dringend brauchst. Musst du um deinen Arbeitsplatz fürchten, solltest
du länger krank sein?
Ich würde dir sonst dringend nahelegen, zu Hause zu bleiben, so lange es
geht. Es dauert solange wie es dauert. Die Zeit, die du mit deinem Mann verbringen kannst, kommt nie wieder. Auch wenn er nicht mit dir reden kann, er kann dich hören, dich spüren. Halte seine Hand, lies ihm aus der Zeitung vor, sei einfach da. Verzeih mir meine Direktheit, aber ich glaube, ihr habt weniger gemeinsame Zeit, als du denkst.
Du bist derzeit extrem überfordert mit Kindern,
Haushalt, Haustier etc.. Das ist normal! Du bist in einer Ausnahmesituation.
Du planst, überlegst, organisierst und denkst dabei auch noch daran, wie
fair du deinen Kollegen gegenüber sein möchtest.
Sorry, aber das ist jetzt nicht wichtig.
Denk an dich und deine Familie. Rede mit deinem Arzt über deine
Schlafprobleme. Er kann dir etwas zur Beruhigung verschreiben. Du würdest
einen Anruf trotzdem hören. Und er kann dir vielleicht auch ein paar Tipps
geben, wie du den richtigen Weg findest ...
Schreibe hier bitte weiter. Es scheint dir gut zu tun.
Einen lieben Gruß,
Ch.

toastbrot81
17.10.2021, 21:51
Hallo Plaspoo,
in vielen Deinen Beiträgen liest man die Verzweiflung und na ja Hilflosigkeit raus. Dass es mit Psychologen nicht geklappt hat, ist daher recht schade. Vielleicht wollen die mit solchen Fragen nur rausfinden, wie sie helfen können und worauf eine Therapie abzielen könnte. Wenn aber die Chemie nicht stimmt, bringt das ja nix. Hast Du als Alternative mal im Hospiz nachgefragt? Die haben da doch sicher einen Seelsorger und/oder psychosoziale Begleitung. Ist ja auch für Angehörige und nicht nur für den Kranken selbst. Die Seelsorger Gespräche haben mir ganz gut geholfen. Da steht kein Therapieziel am Ende aber man spricht mit geschulten und erfahrenen Leuten, die sich mit dem Thema auskennen. Reine Psychologen decken ja oft ein breites Spektrum ab.

Aber schreib hier gern weiter. Hat mir letztes Jahr auch geholfen. Und wo, wenn nicht hier, kann man auch mal vermeintlich unpopuläre Gedanken äußern wie Du es getan hast. Weisst Du, letztes Jahr zu Hochzeiten der Aggressionen meiner Mutter (und wohlwissend um die Diagnose) hab ich mir auch oft gedacht "wenn doch alles schon vorbei wäre". Nein, ich wollte sie generell nicht verlieren. Aber die Krankheit war da, die Prognose auch und so sind solche Gedanken vermutlich normaler als man denkt.
Dass du trotzdem zu ihm fährst, ist gut und wichtig. Wie schon geschrieben, würdest Du Dir sonst am Ende Vorwürfe machen. Und ich denke auch, dass gar nicht mehr soviel Zeit bleibt. Klar, kann keiner wissen. Aber im Hospiz bleibt man idR ja wirklich nur paar Wochen bis wenige Monate.
Und wenn er nicht mehr antworten kann oder abwesend wirkt/ist, wird er deine Anwesenheit trotzdem mitbekommen. Vielleicht kannst Du ihm auch immer mal wieder sagen, wieso du nich lange bleiben kannst.

Dass Du krankgeschrieben bist, find ich auch gut!
Und den Blick auf deine Kollegen in allen Ehren, aber wenn du gedanklich eh woanders bist oder irgendwann zusammenklappst, ist erst recht keinem geholfen.
Also versuch die Krankschreibung doch nochmal zu verlängern.

Liebe Grüsse!

plaspoo
18.10.2021, 22:44
Hallo, meine Lieben,

mein Mann ist heute Nachmittag gegangen.

Ich war morgens mit der Trauerbegleiterin für die Kinder bei ihm, da hat er mit mir noch versucht zu kommunizieren, wir haben ihm Bilder und Videos von den Kindern vom letzten Event gezeigt, die hat er sich auch definitiv angesehen. Gegen 10 haben wir mit der zuständigen Pflegekraft ein Gespräch geführt und haben eigentlich alle 3 gesagt, es sieht noch nicht so aus, als wäre es in den nächsten 12h vorbei...
Ich war dann mit ihr noch einen Kaffee trinken, um zu besprechen, was für den Großen als weiteres Vorgehen sinnvoll wäre, ob er den Papa nochmal sehen sollte, oder nicht, etc.
Um 12 Uhr hab ich mein Fahrrad abgeholt, das noch vor dem Hospiz stand, da hat mich die Pflegerin draußen angesprochen, sie wollte mich eh anrufen, dass es sich dramatisch verschlechtert hätte. So war es auch, Atmung sehr flach, kaum Reaktion, teilweise Atemaussetzer. Der Arzt vom Palliativteam hat nochmal Morphin spritzen lassen, weil er gestresst gewirkt hat.

Ich wusste nicht, was ich machen soll, ob ich da bleiben soll, oder lieber die Kinder so schnell wie möglich heim holen, weil es mir wichtig war, dass sie sich noch im Hospiz von ihm verabschieden können, nachdem er verstorben ist, nicht erst beim Bestatter. Der Arzt hat mir die Entscheidung abgenommen, hat gesagt, so wie er meinen Mann einschätzt, wartet er, bis er alleine ist und geht dann, ich soll heim fahren und die Kinder holen.
Ich bin so gegen 14 Uhr heim gefahren, um 15 Uhr haben sie mich angerufen, dass sie ihn, nach ihrer Übergabe, um 14:39h verstorben aufgefunden haben.

Das es jetzt doch soooo schnell ging, das war schon ein Schock und ich hab auch viel geweint heute, bin mir aber sicher, dass es für ihn gut so war und ist.

Die Kinder haben es erstaunlich gut aufgefasst, der Große hat auch ein bisschen geweint, die anderen zwei gar nicht. Sie waren bei der Aussegnung mit dabei und haben noch ein paar Bilder für den Papa gemalt.
Jetzt liegen endlich alle in ihren Betten und ich werde auch gleich schlafen gehen.

Morgen muss ich dann anfangen, alles mögliche zu klären.

Ich danke euch, für die lieben Worte und Tipps, die ich jetzt leider nicht mehr umsetzen kann, aber bisher muss ich sagen, war es ein intensiver letzter Tag und, trotz aller Trauer, war es nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte.

toastbrot81
18.10.2021, 23:11
Mein herzliches Beileid!

Mehr will ich gar nicht schreiben ... ausser, dass du vermutlich auch in dem Hospiz auch nach dem Tod noch Hilfe bekommen kannst wie zB Seelsorge. Hatte bei Mamas Hospiz damals gefragt und sie sagten, es gibt keine zeitliche Grenze.
Also vielleicht wäre das für dich noch eine Option der Trauerbewältigung.

Alles Gute Euch und viel Kraft für die kommende Zeit!

Beccamaus
25.10.2021, 08:20
Mein Beileid :-( Und viel Kraft für die kommende Zeit. Meld dich einfach wenn du etwas zur Ruhe gekommen bist.

hierfalsch
25.10.2021, 16:50
Mein herzliches Beileid. Berichte gern weiter, wie es Euch ergangen ist. Und for what it's worth: Ich glaube Du hast das die letzten Monate richtig großartig gemacht.

Christin12
31.10.2021, 20:13
Liebe Plaspoo,

es tut mir sehr leid, dass du deinen Mann doch so schnell
verloren hast.
Ich habe es jetzt erst gelesen. Kommst du zurecht?
Ich wünsche dir die Stärke, die du jetzt brauchst.

sanne2
10.11.2021, 23:29
Hallo liebe Plaspoo.

Darf ich mal fragen, wie es dir momentan so geht?
Wie gehen die Kinder mir dem Tod des Papas um?
Und dir?
Nun ist ja schon ein klein wenig Zeit vergangen, wenn auch nur wirklich sehr wenig Zeit.

Ich muss oft an dich denken.

Ganz liebe Grüße,
Sanne

plaspoo
12.12.2021, 01:25
Hallo, ich denke euch für die Anteilnahme.

Die Kinder kommen ganz gut zurecht, denke ich. Wir haben unseren regulären Alltag. Der Große verarbeitet viel in der Schule beim Schreiben und Zeichnen, hat mir einer seiner Lehrer erzählt. Er hat eine regelmäßige Trauerbegleiterin. Meine Mittlere spricht einfach ausm Herzen, wenn es sie belastet und erzählt im Kindergarten ganz viel und sehr genau, aber mit einer Freude und Glücklichkeit, die die Erzieher schlucken lassen. Für sie ist es einfach jetzt so wie es ist. Und der Kleine ist, denke ich, einfach noch zu jung.

Ich selbst... keine Ahnung... ich weiß nicht, wo ich stehe.... Ich bin seit kurz nach seinem Tod eigentlich dauerkrank... Ich war um die Beerdigung erkältet, das lief dann in eine Kehlkopfentzündung, dann war ich rechtzeitig zu meinem Urlaub wieder gesund, war nach dem Urlaub einen Tag arbeiten (was mir unglaublich viel Freude und Spaß gemacht hat), und dann direkt wieder krank. Jetzt kämpfe ich seit ca 1 Woche mit einer Bronchitis, hatte seit Jahren sogar mal wieder Fieber und bekomme das nicht in den Griff.
Mein Hausarzt meint, das ist kein Wunder, mit allem was ich durchmache die letzte Zeit, ich kenne das so aber nicht von mir. Bis vor 2 Jahren war meine Gesundheit wirklich top, vielleicht 1 oder 2 Erkältungen im Jahr, aber seitdem bin ich gefühlt ständig erkältet...
Ich hab das Gefühl, dass die Zeit rast und ich zeitgleich aber zu nichts komme, ich bin vergesslich und reizbar, ich bin sehr dünnhäutig und würde mich am liebsten irgendwo verkriechen und alle anderen machen lassen.
Ich hasse es, dass mir alle sagen, wie stark und toll ich bin, so fühl ich mich nicht. Und ich finde es sehr befremdlich, dass mich Menschen, die ich gar nicht kenne, wie eine gute Freundin behandeln wollen, mit mir Kaffee trinken, etc., nur weil sie meinen Mann kannten. Diese Aufmerksamkeit, die ich bekomme, macht mich ganz verrückt und ich fühle mich so, als müsste ich jemand sein, der ich nicht bin, nur um sein Andenken nicht zu beschmutzen.
Ich finde es furchtbar, dass mir alle möglichen Leute, ob sie mich kennen, oder nicht, Hilfe anbieten, und ich aber gar nicht weiß, wobei sie mir helfen sollen, das weiß ich nichtmal bei meinen Eltern...

Auf der einen Seite möchte ich wieder fit sein, um arbeiten zu gehen, um andere Leute zu sehen, die mich besser kennen, auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob mir dann die Zeit, die ich für mich alleine hätte, ausreicht, um meinen Kindern weiterhin eine gute Mama zu sein, das läuft momentan in meinen Augen nämlich ein bisschen aus dem Ruder und ich habe Angst, meine Kinder zu überfordern/verletzen, wenn ich meine eigenen Gefühle nicht runterschlucke um für sie da zu sein.

Beccamaus
13.12.2021, 08:03
Hallo Plaspoo, ich glaube auch das dein Körper dir damit einfach sagen will "ich brauche Ruhe". Setz dich selber nicht so unter Druck, bleibe deine Zeit zu Hause, auch wenn die Arbeit Spaß macht. Aber ich persönlich würde so lange zu Hause bleiben, bis ich merke das ich mental wieder so stabil bin, dass ich Arbeit, Haushalt und Kinder problemlos schaffe. Vorher würde ich es mir und meinen Kindern nicht antun. Genieße die Zeit wenn alle außer Haus sind, komm zur Ruhe, trauer in Ruhe und setz dich nicht so unter Druck. Du musst niemanden Gefallen, nur dir selbst :-)