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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vorwürfe


18.03.2005, 22:31
Nach der 1. Erkrankung bzw. während der Zeit der Chemo habe ich in
meinem "Tagebuch" (geht nur um die Krankheit und um die Therapie)
geschrieben, das ich glaube das die Krankheit wiederkommt, ich habe mit ihm darüber gesprochen und er hat auch so gedacht. Nun
mache ich mir irre Vorwürfe, man spricht ja immer von Selbstheilung und davon das der Glaube Berge versetzen kann, Vielleicht haben wir es ja heraufbeschworen, wären wir positiver
an die Krankheit herangegangen würde er vielleicht noch leben.

Ich weiß nur eins ganz genau ohne ihn ist das Leben nicht wirklich lebenswert, vielleicht mache ich es mir absichtlich schwerer,ich will ihn wieder bei mir haben! Oder auch sterben ich kann nicht mehr.
LG Inga

19.03.2005, 00:33
liebe inga,

bitte bitte denke daran: er würde wollen, dass du lebst. ich bin mir sicher, er würde dich drüben noch lange nicht haben wollen.

wenn du jemanden zum reden brauchst, die telefonseelsorge ist 24 stunden zu erreichen:

0800 - 111 0 111 oder 0800 - 111 0 222 KOSTENFREI!
infos: http://www.telefonseelsorge.de

du hast doch bestimmt alles getan, was in deiner macht stand. es liegt nicht in deiner verantwortung, wie aggressiv die tumorzellen waren.

du, mein papa war immer positiv und hat sich nie gegrämt. und trotzdem hat hat er eine heimtückische krebsart bekommen die ihn innerhalb von 10 wochen von einem gesunden mann zu einem sterbenden menschen werden lassen. 2,5 monate - dann mussten wir ihn gehen lassen.

es wird wieder ein sonnenstrahl deine seele treffen. vielleicht aber brauchst du auch professionelle hilfe dabei. das ist vollkommen ok, du hast schließlich ein trauma erlitten.

wenn du magst, dann schreibe doch mal was über ihn.

lg, sonja

19.03.2005, 07:15
Liebe Inga, ich kenne Deine Selbstvorwürfe nur zu gut...
Ich mußte/durfte meinen Papa auch auf seinem letzten Weg begleiten, habe mir auch sehr oft vorgeworfen, ihm nicht genug Mut gemacht zu haben....
Aber ich weiß, daß Papa böse wäre, wenn ich jetzt aufgeben würde und sicherlich auch Dein Partner! Oder wollte er, daß Du aufgibst? NEIN! Sicherlich nicht. Ich bin auch Sonjas Meinung, daß Du Dir für die erste Zeit "Hilfe" nehmen solltest, es gibt Menschen, mit/bei denen Du reden kannst, gib bitte nicht auf! LG

19.03.2005, 15:21
Danke Euch beiden, was das Thema Seelsorge angeht, ich fahre
bald mit meiner Tochter zur Mutter-Kind-Kur und ich denke, das
die mir schon ein ganzes Stück weiter helfen können.
Allein für sie lebe ich noch. Sie ist jetzt 6 Monate alt und
mein ganzer Stolz, ich bin so froh das er in ihr weiterlebt.
LG

AndreaS
19.03.2005, 20:24
Liebe Inga,

ich kann so gut nachempfinden, wie du dich fühlst. Wie soll das Leben noch lebenswert sein, wenn der geliebte Partner fehlt. Die Kinder geben einem zum Glück wenigstens den Sinn und vor dieser Verantwortung dürfen wir uns auch nicht drücken, das wäre unfair und ich glaube nicht, dass wir dann drüben freudig erwartet würden.

Weißt du, leider haben wir durch unsere Gedanken keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Ich war so optimistisch - oder naiv? und habe bis zum Schluss geglaubt, dass mein Mann es schaffen wird, habe gar keine andere Möglichkeit in Erwägung gezogen, es hat ihm nicht geholfen.

Es tut so entsetzlich weh und an endlos vielen Tagen bin ich furchtbar mutlos und jede Stunde des Tages voller Sehnsucht. Wir können nur hoffen, dass es stimmt, dass es mit der Zeit ein wenig erträglicher wird. Aber ich befürchte, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben.

Ich wünsche Dir und uns allen ganz viel Kraft.
Fühl dich umarmt

LG Andrea

20.03.2005, 08:30
Liebe Inga, liebe Andrea,
auch mir ging es so, wie Euch. Keinen Gedanken an den Tod
verschwendet. Aber vielleicht konnten wir nur deswegen
die vielen Wochen der Krankheit verkraften und vor allem
mitbewältigen. Ich hatte oftmals keine Kraft mehr (so dachte
ich jedenfalls), aber es ging doch am nächsten Tag weiter.
Leider haben wir Gespräche über den Tod nicht geführt.
Wahrscheinlich wäre so manches heute erträglicher, z.B. zu
wissen, was in ihm vorging und was er dachte.
Leider war der Tod schneller da, als wir alle dachten und
begreifen können. Heute genau vor 6 Monaten verstarb mein
über alles geliebter Mann mit nur 34 Jahren.
Und liebe Inga heute geht es mir, wie eigentlich so oft, ich
wünschte er würde mich zu sich holen.
Viel Kraft für uns alle
LG Heike

24.03.2005, 00:11
Liebe Heike,Andrea und Inga
Auch ich hab meinen Mann vor 6 Monaten verloren. Im August 2004 wurden Lebermetastasen festgestellt. Im September war Er tot. Wie soll man das begreifen? Mein Thomas ist zu Hause gestorben, in unserem Bett.Es ist kaum zum aushalten und je mehr Zeit vergeht um so trauriger werde ich. Obwohl ich bis zum letzten Atemzug bei ihm war, hab ich nicht gefragt wie es ihm geht. Ob er Angst hat oder Schmerzen hat. Es tut mir so leid ,so unsagbar leid.Warum ? Es ist nicht zu begreifen, das ich ihn nie wieder sehe, ihn nie wieder anfassen darf. Ich bin so traurig, es tut so verdammt weh.Nur meine Tochter, die 23 J. alt ist, hält mich noch hier. Aber sie ist so weit weg,in Canada.Immer das schlechte Gewissen, das ich nicht genug für Thomas getan habe. Aber wir dürfen nicht verzweifeln, irgendwann scheint auch für uns wieder die Sonne. Aber wann? LG Geli

24.03.2005, 09:02
Meine liebe Geli,

es tut verdammt weh und die Sehnsucht wird täglich größer. Es ist der erste Gedanke am Morgen und der letzte in der Nacht. Auch ich habe Claus nie gefragt, ob er Angst hat. Diese Gespräche hätten für mich ein Akzeptieren bedeutet und das wollte und konnte ich nicht. Natürlich bleibt die Frage, ob man wirklich genug getan hat, ob der geliebte Partner unsere Liebe auch deutlich genug gesspürt hat. Aber manchmal bekommt man "Antworten". Ich habe eine Kiste mit alten Briefen, in all den Jahren habe ich nie mehr dort hineingeschaut. Am Wochenende - als hätte ich eine Eingebung erhalten - kramte ich darin rum und fand Briefe, die ich in all den Jahren an meinen Mann geschrieben hatte. Und irgendwie war es wie die Antwort auf meine Zweifel: Er hat gewusst, wie sehr ich ihn geliebt habe,er musste es wissen....

Weißt du, es war bestimmt besser, dass wir unsere Trauer und den Schmerz für jetzt aufgehoben haben. Die Gespräche hätten nichts gebracht, aber vielleicht hat das "Leben", das um unsere Männer herum stattgefunden hat bis zur letzten Sekunde, ihnen vieles erleichtert. Sie waren solange dabei, bis wir sie loslassen mussten, dass wir das nicht wollten, haben sie gespürt, denn der Tod war kein Thema nur die Liebe und das gemeinsame glückliche Leben.

Etwas wirr, was ich schreibe, aber die Gedanken sind nicht immer sehr sortiert.

LG
Andrea

24.03.2005, 09:48
Liebe Andrea,

ganz und gar nicht wirr. Ich habe gerade ein Buch gelesen, welches auch für Hospizmitarbeiter ist - eine Hilfe im Umgang mit Sterbenden. Dort steht, dass man mit den Sterbenden über den Tod reden soll, bzw. sie drüber reden lassen soll und ihnen nicht Hoffnung macht, wo es keine Hoffnung mehr gibt. denn dies führt zu einem Nicht-Loslassen und den Todeskampf kann sich schmerzhaft in die Länge zeihen. Zum Sterben braucht der Mensch eine ruhige Atmosphäre und soll spüren, dass er gehen darf. MENSCH, DANN HABEN WIR ALLES FALSCH GEMACHT! Denn ein Akzeptieren der Situation war bei und nicht ok, fast Verrat. Auch unsere Mama hat bis zum schluss an dem Familienleben teilgenommen. Das Thema Tod konnten wir nicht zulassen. Auch wenn sie mal sagte "ich schaffe es nicht", antwortete immer jemand, DOCH, ALLES WIRD GUT! Selbst wollte man dem Tod auch nicht ins Auge sehen, sondern mitkämpfen - bis der Tod kommt! Ich glaube, dieses Verhalten ist ok! Unsere Lieben wissen seit ihrem Tod eh, dass wir sie über alles lieben, können fühlen wie verzweifelt und oft überfordert wir waren und verstehen, warum wir wir gehandelt haben. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, ob ich micht richtig verhalten habe, weil ich es nicht so getan habe wie in dem Buch. Auch wenn Mama lange nicht mehr essen und trinken wollte, bin ich sobald ihre Augen geöffnet waren mit kleinen Sachen hin - ich wusste doch, dass sie mir sonst nicht mehr auf die Beine kommt. In dem Buch steht, man soll den Menschen, dann nicht mehr mit Essen und Trinken kommen, sondern akzeptieren, dass der Tod unausweichlich geworden ist. ich konnte das nicht!! Wir haben bis zum Ende gekämpft! Dieses Kämpfen soll nicht gut sein für den Sterbenden - aber das ist so leicht gesagt!
So Andrea, DAS war wirklich ein wirrer Kommentar ,-)

Liebe Grüße,
Mareen.

AndreaS
24.03.2005, 15:29
Hallo Mareen,

wollte deine Mama über den Tod sprechen? Nein? Warum hättest du es dann tun sollen? Ja? Dann hast du es bestimmt getan, genau in dem Maße, wie sie es wollte. Ein "Ich schaffe es nicht" habe ich auch mit "DOCH" beantwortet. Weißt du, es ist alles gut gemeint, was die schlauen Bücher uns erzählen, uns lehren wollen. Aber es gibt keine alleinige Wahrheit, außer vielleicht, dass während wir einen Menschen auf seinem letzten Weg begleiten alles, was wir tun und sagen aus Liebe geschehen sollte. Das wünsche ich mir von meinen Kindern. Sie brauchen mir nicht zu erzählen, dass ich sterben werde, das werde ich - denke ich selbst wissen - so wie es deine Mama und mein Mann gewusst haben - sie waren keine kleinen Kinder, die uns gebraucht haben, um ihnen zu erklären, was Sache ist. Wir haben sie geliebt bis zuletzt, das ist Sterbebegleitung wie sie leider viel zu selten passiert. Zu trinken und zu essen anbieten, aber sie nicht dazu zwingen, einfach da sein, aus dem Gefühl heraus handeln. Wir haben, denke ich , unser bestes getan, mehr als wir wissen auch die Hospitzratgeber nicht, noch war keiner, der noch Bücher schreiben kann an der Stelle eines Sterbenden, wie sollen sie also besser wissen als wir, was für unsere Lieben richtig oder falsch gewesen ist

Ich denke, wir verstehen unseren Wirrwarr gegenseitig ganz gut ;-)

LG
Andrea

25.03.2005, 12:45
Liebe Andrea
Ich danke Dir für Deine garnicht so wirren, sondern hilfreichen Zeilen. Ich bin dankbar, das ich diese Seite gefunden habe, denn ich bin kein PC Profi. Das war Thomas, er konnte alles. Jetzt merke ich erst richtig, was er alles getan hat für mich.Manchmal glaube ich, das ich das alles nicht schaffe ohne ihn. Ich habe so viele Ängste in mir.Aber ich bin mir sicher, das Thomas auf mich immer noch aufpasst und stolz ist, wenn ich wieder etwas geschafft habe. Liebe Andrea,Thomas hatte schon ein mal Krebs, das war Ende 2003 2004 wurde er erfolgreich operiert und wr wieder gesund.Letztes Jahr war er zu Ostern in der Reha. Da hat er mir schon so gefehlt.Aber er war noch mal davon gekommen. 2Monate hat er wieder gearbeitet, wir waren glücklich haben Pläne gemacht.Dann die Lebermetastasen. Er hatte keine Chance. Nun haben wir wieder Ostern. Mein Thomas ist wieder weg, dieses mal für immer. Oh gott es ist kaum auszuhalten. Liebe Andrea, ich wünsche Dir ganz viel Kraft ,das wünsche ich auch der Inga. Danke, das es euch gibt.
LG Geli

AndreaS
26.03.2005, 09:17
Liebe Gerli,

in meinem Schmerz ergeht es mir hn und wieder so, dass Worte mir für eine gewisse Zeit Trost geben. Vor allem,wenn man spürt, dass der Verfasser weiß, wovon wir alle reden. Unter den vielen Beileidskarten, die mich erreicht haben, war eine, die irgendwie anders war, die mich innehalten ließ und zum Nachdenken brachte. Ich habe den Text schon an anderer Stelle geschrieben, aber ich habe nach deinem Beitrag das Bedürfnis, sie dir quasi unmittelbar als Antwort zu schreiben:

Du kannst Tränen vergießen,
weil er/sie gegangen ist.
Oder Du kannst lächeln, weil er gelebt hat.
Du kannst Deine Augen schließen und beten,
dass er wiederkehrt.
Oder Du kannst die Augen öffnen
und all das sehen, was er hinterlassen hat.
Dein Herz kann leer sein, weil Du ihn nicht sehen kannst
oder Du kannst voll der Liebe sein, die ihr geteilt habt.
Du kannst Dich vom Morgen abwenden drehen und im Gestern leben
oder Du kannst wieder glücklich werden wegen des Gestern.
Du kannst Dich an ihn erinnern, nur daran, dass er gegangen ist
oder Du kannst sein Andenken bewahren und es weiterleben lassen.
Du kannst weinen und Dich verschließen, leer sein und Dich abwenden
oder Du kannst tun, was er gewollt hätte: lächeln, Deine Augen öffnen,
lieben und weitermachen.

Mir haben diese Zeilen sehr gut getan und immer wenn es mir besonders schlecht geht, versuche ich mich daran zu erinnern. Der Schmerz ist so groß und immer wieder kommen die Tränen und der berühmte Kloß in Hals-und Magengegend. Wenn ich dann vor dem Bild meines Mannes stehe und weine, meldet sich eine Stimme in mir und der große Wunsch, dass ich, wenn ich an den liebsten Menschen in meinem Leben denke, ich nicht weinen möchte. Er hat mich glücklich gemacht und wir haben immer gerne gealbert und gelacht. Tränen passen nicht zu unserem gemeinsamen Leben. Aber leider ist diese Stimme in mir nicht immer laut genug und der Schmerz und der Kummer,eben diese Zeit nie wieder haben zu dürfen gewinnt Oberhand. Das ist im Augenblick Teil unseres Lebens und auch das müssen wir akzeptieren, wir haben keine Wahl.

Hier im Forum gibt es eine weitere Ruprik mit Sprüchen und Texten. Vielleicht helfen sie dir ebenso wie mir. Dort (glaube ich) habe ich auch diese Zeilen gefunden, die widerspiegeln, wie es uns geht:

Lass Deiner Seele Zeit,
Verlorenes zu beweinen.
Alles, was du in dir fühlst,
will durchlebt sein:
Angst und Wut,
Trauer und Empörung,
Unsicherheit und Entschlossenheit.
Alles gehört zu dir,
ist Zeichen deines Lebendigseins.
Auch wenn die Angst widerspricht:
Der Tag wird kommen,
da du befreit aufatmen wirst.
Du gehst auf ihn zu
mit jedem Schritt,
den du tust.

(A. S. Nägeli)

Auch ich bin sehr froh, dass es Euch gibt. Eine bessere Hilfe kann ich mir gar nicht vorstellen....

Ich wünsche uns allen erträgliche Stunden

LG
Andrea

27.03.2005, 12:05
Hallo alle zusammen!

Ich sitze hier und heule, weiß eigendlich garnicht was euren Einträgen noch hinzufügen soll. Mein Mann ist nach fast 4 Jahren Krebs (12 OP`s, Bestrahlung, Chemo) vor vielen Tagen gestorben... Nein es sind noch nicht so viele Tage, mir kommen diese 16 Tage wie eine Ewigkeit vor und doch lese ich nach 6 Monaten fühlt es sich auch noch nicht besser an!
Bei mir ist es auch so, ich weiß dass ich immer versucht habe das Beste aus der Situation heraus zu holen und ich weiß, dass er es auch gewußt hat. Aber ich denke dann immer - vielleicht hätte ich eher.. oder in einem Krebszentrum... oder ich hätte auf passen müssen, dass sie ihm in der Klinik sein Mittel geben... Ich war mit ihm in der Klinik, er war durch Morphine sehr durcheinander, er hat immer nach meinen Augen gesucht, hatte er sie gefunden dann wurde er ruhiger - erst einmal und dann wollte er sich immer alle Schläuche rausreißen und hat gesagt:"Komm`Mäuschen, wir gehen heim-ich will diese Scheisse hier nicht mehr!" Ich habe ihm versprochen, dass ich ihn nicht allein lasse, habe ich auch nicht - aber ich konnte ihn nicht mit heim nehmen - ich hätte ihn nicht so medizinisch versorgen können! Er wollte nicht sterben, er hat gekämpft wie ein Löwe und ich habe ihm nicht helfen können. Die Ärzte haben gesagt sie können ihm nicht mehr helfen, nur Schmerzbehandlung und so habe ich zugesehen, wie sein Körper ihn langsam vergiftet hat und sein liebes Herz bei 42,5°Fieber dann doch aufgegeben hat! Die Vernunft sagt ich habe ihn nicht verraten, aber das Gefühl schreit etwas anderes. Ich kann auch mit den Prognosen und der Entscheidungsfreiheit, die ich habe wie ich mein Leben weiterleben kann oder sollte, nichts anfangen - ich finde es so ungerecht, endlich hatte ich DEN Mann gefunden und wir wären gern 100 Jahre miteinander geworden...! Er hat soviel Sinn für die Kleinigkeiten im Alltag gehabt, so dass er mir in jeder Stunde fehlt. Er hat die Frühjahrssonne so geliebt...
Ich höre jetzt auf, von meinem Gejammer wird euch auch nicht besser! Was soll ich euch wünschen - alles hört sich so platt an?!
Viele Grüße Petra

AndreaS
27.03.2005, 14:49
Liebe Petra,

nichts hört sich platt an und als Gejammer wird es keiner von uns empflnden. Aber vielleicht wird es doch ein wenig "besser", wenn du es raus lässt, egal, was du zu erzählen hast, tu es, vielleicht lässt der Druck ein wenig nach.

Fühl dich umarmt!

Liebe Grüße
Andrea

27.03.2005, 20:15
Hallo Petra,
auch mein Mann (47) ist vor 3 Monaten an Krebs verstorben. Ich konnte ihn leider aus den selben Gründen wie du nicht nach Hause holen. Er war ebenfalls durch Morphine manchmal verwirrt, hat sogar am Schluss seine Söhne nicht mehr erkannt. Als meine Kinder ihn zum letzen mal besuchten schrieb er mir auf einen Zettel(er konnte schon länger nicht mehr sprechen) er möchte wissen was das für Männer sind. Meine Söhne waren natürlich dann fix und fertig. Mein Mann wollte noch nicht sterben, er hat gekämpft wie ein Löwe, aber der Krebs war einfach stärker.
Wir hatte noch so viele Pläne, wollten es uns etwas schöner machen, die Kinder sind ja jetzt groß u.s.w.-. Im Juli hätten wir Silberhochzeit gefeiert und wollten dann zum 1. mal in Urlaub fliegen. Für mich ist mit dem Tod meines Mannes die Welt zerbrochen. Jetzt aber bin ich so weit, daß ich weiß es war eine Erlösung für ihn und auch für mich und meine Kinder. Wir hätte das nicht mehr lange ertragen. Ich bin mir sicher unseren Männer geht es dort wo sie jetzt sind viel viel besser. Liebe Petra ich weiß wie du dich fühlst aber glaube mir du kommst jetzt langsam zur Ruhe und du wirst den Tod deines Mannes akzeptieren lernen. Es tut immer noch sehr weh aber man lernt damit umzugehen. Ich habe von Freunden Bücher bekommen (z..B. v. Kübler-Ross). Ich habe die dann alle gelesen und es hat mir sehr gut getan. Wenn du über deine Trauer schreibst ist das nicht jammern sondern ein erster Weg zur Trauerverarbeitung. Darum schreibe so oft und so viel wie du möchtest, alles was dir jetzt ein wenig guttut ist sehr sehr wichtig.
Ich wünsche dir viel Kraft und umarme dich

Gitte

28.03.2005, 11:55
Hallo Gitte und Andrea!

Danke für eure lieben Zeilen. Ich bin schon froh, dass ich hierher schreiben kann. Meine Freundinnen sind zwar alle sehr lieb und besorgt, aber mit 40 Jahren haben sie natürlich alle eine Familie(komplett mit Mann) hinter sich. Mich nerven dann unheimlich diese Trostversuche von wegen "für ihn ist es besser"...-ich bin dann so sauer, dass sie das so sagen und selbst noch keinen in der Familie verloren haben. Ich bin sicher ungerecht und ich habe auch Angst, dass ich eine verbitterte Person werde - aber ich bin so wütend über unseren Lebensverlauf - wir heben schon so viel Schlimmes hinter uns, wir hatten nur den Traum zu leben - stinknormal - zusammen leben! Ich tu mir selber leid - ich weiß es - ich weiß er hatte Krebs - nicht mehr zu heilen und für meinen Liebsten ist es eine Erlösung! Aber er war neben meinen schon großen Töchtern, mein Leben und meine Hoffnung in das Leben. Ich weiß nicht was das werden soll. Ich will auch nicht ohne ihn sein, aber es wird mir nichts nützen, mich anzustellen wie ein bockiges Kind - er kommt nicht wieder - unfassbar - ich werde seine liebevolle, tiefe Stimme nie wieder hören???!!!!
Vielen Dank, dass ihr da seid! Ich hoffe ich lerne es wie ihr!
Petra

28.03.2005, 14:23
Liebe Petra
Ich weiß Ganz genau, was Du grad durch machst. Es ist so unbegreiflich, so grausam, das man das Gefühl hat man muß dran ersticken.Ich habe vor 6 monaten meinen lieben Mann verloren. Mir kommt es vor als wäre es gestern passiert. Im August 2004 war Thomas gesund, im September ist er gestorben, zu Hause in unserem Bett. Ich habe das Gefühl, Wahnsinnig zu werden. Wenn ich meine Tochter nicht hätte, die leider sehr weit weg ist, würde ich meinem Mann folgen. Aber solche Gedanken sollten wir nicht haben, unsere Männer wären damit bestimmt nicht einverstanden. Ich glaube daran, das mein Thomas mich sieht und genau weiß, wie traurig ich bin. Auch Dein Mann, liebe Petra, sieht Deine Trauer und ist bestimmt ganz traurig darüber. Es ist schön, das wir uns haben und uns gegenseitig ein bisschen aufbauen. Eines Tages werden wir aufwachen und merken, das es uns besser geht. Bis dahin wird es noch ein langer schwerer Weg werden. Aber denk dran, wir haben uns und wir werden uns gemeinsam aufbauen. Das gleiche möchte ich auch der Inga und Der lieben Andrea sagen.
Seid alle umarmt
Bis zum nächsten mal
LG Geli

AndreaS
28.03.2005, 15:04
Liebe Petra,

all deine Gefühle fühlen wir auch. Die Wut, stellenweise Neid, Leere, vielleicht eine gewisse Todessehnsucht, um endlich wieder mit unseren Männern vereint zu sein. Es stimmt, die Trostversuche der anderen machen einen wütend,natürlich ist es besser so, aber warum musste es überhaupt zu der Situation kommen, dass der Tod besser als das Leben ist? Dann siehst du andere, wo du dich ganz unchristlich fragst, wieso dürfen diese abscheulichen Menschen noch leben und mein Mann musste sterben. Und du erschrickst über deine bösen Gedanken. Aber sie gehören zu dir, sind nötig, um "gesund" zu werden. Ich fühle mich wie amputiert, fühle mich in der Gesellschaft unserer bisherigen Freunde, allesamt Paare, unwohl, habe das Gefühl alle starren mich an, weil ich "unvollständig" bin. Auch bei Spazierengehen ging es mir am Anfang so. Ich wusste gar nicht, wohin ich schauen soll, wenn mir Paare begegnet sind, so wie Claus und ich noch vor 1 Jahr. Neulich habe ich gemerkt, dass es sich verändert,der Spaziergang alleine hat sich "normal" angefühlt und da merkte ich, dass ich einen großen Schritt nach vorne gegangen bin, natürlich immer noch mit riesigen Abstürzen und Rückschritten, ganz klar. Aber mein Selbstbewusstsein als ungewollter "Single" kommt allmählich wieder. Gemeine Gedanken beherrschen mich oft immer noch aber auch sie helfen mir. Wenn ich heute Paare sehe denke ich bspw. oft voll "Mitleid" dass sie es auch noch treffen wird, jeder wird früher oder später diesen Schmerz spüren, keiner kommt daran vorbei. Und dann fühle ich mich "überlegen" weil ich bereits fühle,was sie noch nicht einmal erahnen können, weil keiner - auch wenn er sich noch so bemüht - sich vorstellen kann wie weh es wirklich tut.
Was Gerli schreibt stimmt:Unsere Männer haben uns geliebt und sie wollten, dass es uns gut geht.Unsere Trauer wird sie betroffen machen, vielleicht fühlen sie sich sogar "schuldig", weil sie ja Anlass für unsere Tränen sind. Andererseits tut mir die Vorstellung, dass sie unseren Schmerz sehen und fühlen können auf abartige Weise gut, denn nun können sie ganz und gar fühlen, wie sehr wir sie geliebt haben. Liebe Petra, du wirst seine Stimme hören,er wird dir sagen,was du tun sollst.Du musst nur hinhören und es annehmen. Mir geht es oft so, dass Claus mir wie früher sagt "wo's lang geht. Und dann kann ich sogar lächeln, weil ich spüre, dass er bei mir ist, mich niemals verlassen wird. Und das bisschen Zeit, bis wir gehen dürfen, bekommen wir auch noch rum, mit ihrer Hilfe, aber alles zu seiner Zeit. Unser Job hier ist noch nicht zu Ende...

Ich umarme euch alle

LG Andrea

28.03.2005, 15:40
Liebe Geli und liebe Andrea,
ihr sprecht die Worte aus die in meinem Kopf und Bauch durcheinanderquirlen...! Ja - Neid hab ich früher kaum gekannt, aber nun bin ich neidisch auf die armen alten Ehepaare, denen es vergönnt ist zusammen alt zu werden. Sauer bin ich auf die, die ewig an ihrem Partner rumnörgeln wegen "Kleinscheiss" und nicht wissen was es heisst sich noch zu haben!
Wenn ich alles so lese, haben wir ja noch "Glück" gehabt, wir hatten fast 4 Jahre von der Diagnosestellung. Aber es ist richtig, warum musste es dazu kommen? Es hat über 8 Monate gedauert, bis endlich die Diagnose Peniskarzinom gestellt wurde - für einen 37 jährigen Mann untypisch und der absolute Hammer! Dabei waren wir gerade dabei unser Leben in den Griff zu kriegen. Nach einer sehr schmerzhaften Ehescheidung, hatten wir uns beide total am Ende kennengelernt. Wir waren gute Freunde und meine drei Töchter hat mein Liebster sofort als vollwertige Personen behandelt und sich den Problemen und fragen gestellt. Wir lebten in getrennten Wohnungen, da er ein Suchtproblem hatte. Er war so ehrlich - auch mit sich und seinem Zustand, so wurde er mit zwei Rückfällen trocken - um zu LEBEN! Dann diese Diagnose! Ich dachte - das macht er nicht mit - Sexualität war wichtig und für ihn undenkbar eine Penisteilamputation...! Aber das Wunder ist passiert, dieser schwere Alkoholiker hat KEINEN Tropfen Alk mehr angerührt und hat gekämpft - für uns soviele OP`s ertragen, immer wieder aufgestanden, kein Jammern über riesige Narben und Schmerzen! Wut hatte er auch und wollte schreien... Er hat gesagt, wenn es einen Gott gibt, dann ist er nicht für uns! Alles musste er sich hart erkämpfen, selbst seinen Tod! Ich finde keinem Sinn in all dem. Ja, meine Kinder (fast 17,20,22)- aber wer bin ich ich? Ich fühle mich auch amputiert, halb und sinnlos! Die körperliche Nähe hat uns der Krebs schon vor 4 Jahren total beschnitten, aber er war der liebevollste und aufmerksamste Mann den ich kenne! Er war mein bester Freund !!! Meine Töchter leiden auch sehr unter dem Verlust, hat er ihnen doch soviel Zeit und Aufmerksamkeit in einer der wichtigsten Zeit ihres Lebens geschenkt. Er hat auch zu mir gesagt, für sich allein hätte er schon aufgegeben. Über die Angst haben wir nicht so viel gesprochen, wir hatten sie beide, haben auch zusammen geweint.
Ja, ich bin froh, dass es euch gibt und ich weiss, dass esDinge in eurem Erlebten gibt, von denen ich denke, das hätte ich nicht ausgehalten und durchgestanden.
Morgen gehe ich wieder auf Arbeit, gleich langer Tag von 8:00 bis 18:00 - ich habe so Angst vor den Kondulationen, überhaupt ob ich einfach wie "vorher" funktioniere!
Bis bald - herzlichen Dank - Petra

30.03.2005, 00:25
Liebe Petra
Die Arbeit wird Dir gut tun, Du hast dann nicht die Zeit, ständig zu grübeln. Ich bin leider arbeitslos, das erste mal in meinem Leben. Ich hab den Fehler gemacht( ehrlich, wie ich Dumme immer bin) und habe meinem Chef erzählt, wie schlimm krank mein Mann ist. Das ich vielleicht , nur vielleicht mal kurz fehlen muß, wenn es meinem Thomas noch schlechter gehen sollte. Da wir nur ein kleiner Betrieb sind, meinte mein netter Chef, das es dann besser ist, wenn er sich eine neue Mitarbeiterin sucht. Ich habe ja noch 3 wochen Urlaub zu bekommen und dann sollte ich mich sofort arbeitssuchend melden. Ich konnte nicht ahnen, das Thomas in meinem Urlaub stirbt.Hätte ich geahnt, das er, nach feststellung der Krankheit nur noch 4 Wochen zu leben hat , hätte ich doch niemals mit meinem Chef geredet. Nun hab ich nichts mehr, keinen Mann und keine Arbeit. Mein Leben ist total kaputt.Mein ehemahliger Chef, der ein kalter gefühlloser Mann ist, wird bestimmt 100 Jahre . Mein Thomas, der keiner Fliege was getan hat, ist nur 47 Jahre geworden. Es gibt keine Gerechtigkeit auf dieser Welt und einen Gott, ich weiß nicht. ER ist nie da wenn man ihn braucht. Liebe Petra, ich wünsche Dir viel Kraft an Deinem ersten Arbeitstag.Vielleicht magst Du mir davon erzählen.
Ganz liebe Grüsse Geli

30.03.2005, 00:51
Meine liebe Andrea
Schön, das Du kleine Fortschritte machst. Ich bin leider noch nicht so weit. Alles was ich alleine machen muß, fällt mir sehr schwer. Wir haben alles gemeinsam gemacht. Ich bin neidisch auf andere Paare, genau wie Du. Warscheinlich achte ich im Moment besonders darauf. Denn so viele haben bestimmt auch ihren Kummer. Und die vielen alten Menschen, die schon Jahre Krebs haben,leben, leben und leben.Den fiesen Menschen passiert auch nichts. Aber unsere lieben Männer, die nimmt man uns einfach. Darüber bin ich manchmal so wütend, das es weh tut. Aber wenn es Dir auch so geht, wird es wohl ok sein. Morgen habe ich einen Termin bei meiner Therapeutin. Mein Arzt hat mich dahin überwiesen, weil es mir so schlecht ging. Viel hat es noch nicht gebracht. Es ist das 6. mal.
Meine liebe Andrea, bleib stark und sei ganz doll gedrückt von mir, seid alle gedrückt!!
GLG Geli

30.03.2005, 09:06
Meine liebe Gerli,

weißt du, warum mir dieses Forum u.a. so gut tut? Weil jeder, der die Beiträge liest, dies irgendwie aus einem anderen Blickwinkel tut, wieder neue Gedanken einbringt, die die Möglichkeit zum Nachdenken und Umsortieren bieten.

Du schreibst von der Ungerechtigkeit. Stimmt, wenn man es von dieser Seite aus betrachtet, unfassbar. Auch mein Mann durfte nur 49 Jahre werden und es gab keinen Menschen - einschließlich meiner Eltern, der mich jemals so bedingungslos geliebt hat, warum musste er gehen?

Betrachtet man es nun von einer anderen Seite, schwer aber versuch es mal, dass der Tod nicht die "Strafe" sondern eine Art Belohnung ist (Kübler-Ross schreibt es so ähnlich - zumindest habe ich es für mich so ausgelegt) passt es wieder. Unsere Männer haben begriffen, das Leben und die Liebe verstanden, sie brauchten keine Zeit mehr auf der Erde, um zu lernen. Das würde auch wieder erklären, weshalb so viele Unsympathen so alt werden (einschließlich meinem Vater), sie haben noch nix begriffen auf dieser Welt, stehen noch so weit weg vom Erkennen, dass sie noch leben müssen.
Und wir Hinterbliebenen haben vielleicht durch den Tod unserer Lieben die Chance zu begreifen. Ich weiß, klingt ziemlich dämlich, aber wenn ich so denke, wird es erträglich und ich sage zu Claus "Hilf mir, damit ich begreife, um was es geht"
Was deinen Job betrifft: Könntest du mit diesem Menschen noch zusammen arbeiten? Auch ihn wird es treffen, früher oder später, und er ist noch weit weg vom Begreifen. Deine Arbeitslosigkeit wird nicht von Dauer sein, da bin ich sicher. Nimm sie als "Auszeit", die dir hilft, gesund zu werden. Und dann schau nach vorne und krempel die Ärmel wieder hoch. Noch ist keine Zeit dafür, akzeptiere es und geh einen Schritt nach dem nächsten.

Ich umarme dich

Andrea

30.03.2005, 11:18
Liebe Geli,
Na klasse das ist bei dir super schief gelaufen! Vor ähnlicher Frage stehen wohl früher oder später alle Angehörigen, so auch ich. Und ich habe es genauso gemacht wie du. Nur, ich habe glücklicherweise zwei Superchefs und auch Kollegen. Obwohl bei uns die Hölle los ist was das Arbeitspensum betrifft, hat er gesagt ich soll erst mal machen wie ich es brauche und wir sehen dann wie wir Fehlstunden mit Urlaub oder Verschiebung der Arbeitszeit wieder ausgleichen. Auch die Kolleginnen haben z.T. noch Arbeit von mir übernommen, obwohl sie selbst zu kämpfen hatten. Ich muss allerdings sagen, es war gerade zwei Wochen so, ich habe immer versucht es durch Gleitzeit auszugleichen und habe möglichst wenig gefehlt, weil ich dachte vielleicht kommt es ja noch schlimmer, dass ich den guten Willen aller noch nötiger habe, wenn er mehr Pflege bräuchte. Als er dann so durcheinander war habe ich gerade begonnen darüber nachzudenken, mit dem Chef zu sprechen ob ich vorübergehend Halbtags arbeiten kann. Im Zweifelsfall hätte ich auch die Arbeit geschmissen, in ein Heim wollte ich ihn auf keinen Fall geben! Ja – es kam nun alles anders…
Du hast nun so furchtbar viel Zeit … zum grübeln… oder wie versuchst du dich zu beschäftigen? Und deine Tochter so weit weg – ja ich glaube das ist schrecklich! Ja, es laufen viele gefühllose Leute rum und ich habe manchmal die Ahnung, denen geht es besser!? Ich frage mich dann immer: wäre ich bereit ähnlich „gefühllose“ Entscheidungen zu treffen? Wäre ich bereit mit dem resultierenden Gefühl, der Konsequenz dieser Entscheidung zu leben? Wohl nicht, sonst wären wir weniger sozial und fühlen uns letztendlich doch besser damit – oder? Und doch, du hast Recht, der Eindruck entsteht, dass es immer die lieben Menschen erwischt. Warum kriegen nicht Kindesmissbraucher Peniskrebs? Es ist so ungerecht und ich bin sehr sauer auf das Leben, aber es nützt mir nix!

Ich bin schon froh meine Arbeit zu haben und doch, da wir beim Thema „VORWÜRFE“ sind: ich fühle mich schrecklich, wenn alles so „normal“ – wie „vorher“ weiter geht, es geht natürlich nicht genauso weiter – aber es sieht oft so aus! Ich weiß nicht ob ich mich verständlich machen kann. Morgens stehe ich nach einer schlaflosen Nacht auf, angstvoll und kraftlos und möchte eigentlich Keinen („Fremden“) sehen. Dann frage ich mich wieso denn dieser Pflegedienst zum abklemmen der künstl. Ernährung nicht kommt – mein Liebster ist nicht da… Die vergangenen Monate war er, wenn er nicht im Krankenhaus war immer zu Hause bei uns, hat mich mal auf Arbeit angerufen, SMS geschrieben, wenn ich Feierabend hatte mit einem Cappuccino auf mich gewartet. Jetzt mache ich mir „VORWÜRFE“ ihn manchmal wegen Überstunden, die für einem Arztbesuch o.ä. gebraucht habe, warten lassen habe. Er hat mich verstanden, aber er war auch traurig, dass alles so war wie es war und das tut mir so schrecklich weh!

Hier auf Arbeit sind alle sehr nett, sie haben mich mit oberflächlichen Beileidsfloskeln weitestgehend verschont. Die Arbeit ist zu einem großen Berg gewachsen und ich habe wie gesagt das Gefühl einfach „weiterzumachen“. Aber ich muss sagen, irgendwas haben auch diese schlimmen Tage im Krankenhaus mit meinem Gefühl gemacht. Ich funktioniere z.T. einfach – ohne Gefühl – leer und ich habe Angst eine abgestumpfte, verbitterte Person zu werden (zu sein?).

So, das muss es erst mal gewesen sein für heute.
Viele Grüße – bis bald - Petra

30.03.2005, 15:13
Hallo Petra, Geli u. Andrea
Vieles was in eurem Forum steht könnte von mir geschrieben sein. Es ist wirklich sehr schwer ohne den Partner weiter zu leben. Als mein Mann auf der Palliativstation lag funktionierte ich wie ein Roboter, war innerleich einfach wie Tod.
Obwohl ich ja wußte daß er sterben wird, war es für mich als es so weit war ein totaler Schock.
Habe wohl in Gedanken immer noch gehofft. Nach der
Beerdigung wurde ich dann sehr ruhig. Ich denke ich war einfach nur froh daß es "endlich" vorbei war. Nach ca. 3 Wochen trat dann das Gegenteil ein. Habe seitdem eine schlimme Unruhe in mir.
Muß immer etwas zu tun haben. Nachts kann ich schlecht schlafen, morgens bin ich dann wie gerädert. Bei schönem Wetter ist es gleich noch schlimmer. Mein Mann mochte den Frühling so gerne, für mich wird er zur Qual.
Die Bücher der Kübler Ross habe ich auch gelesen.
Gleich haben sie mich schon getröstet aber mit der Zeit fange ich an zu zweifeln.
Ich denke aber doch daß der Tod unserer Männer doch einen Sinn haben muß, vielleicht können wir den jetzt nur noch nicht verstehen.
Geli finde es gut daß du zu einer Therapeutin gehst. Die Therapie wird dir sicher etwas bringen, es dauert halt seine Zeit.
Andrea deine Theorie daß der Tod vielleicht Belohnung und nicht Strafe sein könnte geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Sollte es so stimmen wäre es für uns auch etwas leichter zu ertragen.
Petra dein Gedanke mit der verbitterten Frau hat mirAnlaß zum Grübeln gegeben. Auf alle Fälle werde ich mich bemühen das zu vermeiden.
Mich würde noch interessieren ob ihr in eurer Familie oder Freundeskreis jemanden zum aussprechen habt. Bei mir ist es leider nicht so.
Meine Mutter und meine Schwester wechseln immer das Thema und meine Söhne (21 u. 14 Jahre) sprechen überhaupt nicht über den Tod ihres Vaters.
Mir ist aufgefallen daß ich fast nur über mich geschrieben habe aber ich mußte das alles einfach loswerden.
Ich wünsch euch alles Gute
Gitte

31.03.2005, 00:19
Liebe Andrea
Ich werde mir auch mal das Buch kaufen, vielleicht hilft es mir auch. Hab schon Ford und Moody(Leben nach dem Tod. Hat mir gut getan, mich aber auch traurig gemacht. Denn wenn es stimmt, was da geschrieben steht, das der Verstorbene noch alles mit bekommt, auch vor seinem Tod, dann muß ich mir noch mehr Vorwürfe machen. Denn ich habe nur stumm vor seinem Bett gehockt, hab Thomas nicht in den Arm genommen,nicht gefragt, wie es ihm geht.Warum hab ich so gehandelt? Das bin nicht ich!! Ich war die ganzen 5 Wochen so. Er ist einmal aufgewacht und hat gesagt, er habe so schöne Bilder gesehen im Traum und wenn er wieder gesund ist, holt er mir einen Stern vom Himmel. Ich hab Thomas nie gefragt was er für Bilder gesehen hat. Unverzeihlig!
Andrea, mußte Dein Claus lange leiden? Entschuldige, das ich so viel von mir schreibe.
Ich drücke Dich ganz doll
Geli
Liebe Petra
Schön, das Du so eine tolle Arbeit hast. Da kannst Du echt froh sein.Ja, ich hab viel Zeit, bin aber auch viel unterwegs. Thomas und ich haben 6 Jahre leidenschaftlich getanzt. Es war unser geliebtes Hobby. Wir haben da durch viele liebe Menschen kennen gelernt. Unser Tanzlehrer hat mich gefragt, ob ich ein bißchen helfen möchte. Nun bin ich 5 abende dort und helfe ihm. Nachts sclafe ich selten,steh morgens wie erschlagen auf.Die Lust auf leben ist wie abgestellt. Und das besch.... Leben geht weiter, als wäre nichts passiert. Schrecklich! Ich glaube auch wenn das so weiter geht, werde ich ganz verbittert.Aber damit wäre Thomas auf keinem Fall einverstanden. Er hat meine fröhliche aufgeschlossene Art geliebt. Aber wie kann ich fröhlich sein?? Thomas ist tod!
Ich drücke Dich
Geli
Liebe Gitte
Mir geht es genau wie Dir auch ich funktioniere nur noch. Das habe ich vor seinem Tod und jetzt erst recht.Ich bin völlig leer und fertig. Keine Nacht richtig schlafen, abends traurig ins Bett und morgens mutlos raus.So oft verzweifelt und je länger es dauert umso größer wird meine Sehnsucht.6 Monate sind schon rum und allmählich begreife ich wohl, das Thomas nicht nur mal weg ist, sondern nicht wieder kommt, nie mehr!! Seine Schuhe, seine Sachen alles ist noch da, nur der Mensch, dem das alles gehört, ist verschwunden. Ausgelöscht als hätte es ihn nie gegeben. Oh Gott, es ist so grausam!!! Bald ganz bald kommt der August, wo dieser widerliche Krebs festgestellt wurde.Und dann der September, der mir den Mann genommen hat. In diesem Monat habe ich auch noch Geburtstag. Nie wieder ist Thomas dabei. Ach ihr Lieben, ob es wohl mal besser wird mit uns?
Liebe Gitte auch Dich drücke ich ganz fest
Jetzt kommt wieder die lange dunkle Nacht

Schlaft alle gut
Geli

03.04.2005, 19:09
Hallo Geli und Gitte!
Wie war das Wochenende für euch? Tolles Wetter und viele schrecklich nette Familien und Ehepaare unterweg - `ne?! Ich fühle mich zu Hause zwar besser, aber obwohl ich genug zu tun hätte bringe ich nichts fertig. Mein zweier Haushalt sollte ja nicht so kompliziert zu schaffen sein, aber trotzdem habe ich überall Unordnung! Wahrscheinlich ist was dran, dass eine Wohnung so aussieht wie das Seelenleben des Bewohners!
Liebe Gitte - ich kann schon mit meinen Töchtern reden,weil sie den Verlust auch so empfinden. Am Anfang fühlt man sich noch so als wäre der Geliebte im Krankenhaus oder so. Aber immer wieder schlägt die Wahrheit wie eine Granate ein und jegliche Kraft ist sofort verschwunden und ich weiß nicht wie weiter. Wir haben allerdings festgestellt, dass sich bei uns einseltsamer Automatismus eingestellt hat. Wenn einer traurig ist versucht er erst mal mit sich das auszumachen und "tapfer und stark für den anderen zu sein". Das tun wir, weil wir den anderen, der evtl. gerade mal nicht so schlimm in diesem Zustand ist nicht wieder mit runter ziehen wollen. Das ist irgendwie verständlich, aber ob das so richtig ist und wie man damit umgehen soll weiß ich auch nicht. Mit der Unruhe und dem schlechten Schlaf geht mir auch so und ich würde mir so sehr wünschen, dass er wenigstens im Traum zu mir kommt!

Liebe Geli - es ist schlimm, wenn man sich fragt warum habe ich nur nicht... - mir sind auch schon einige Dinge eingefallen, ich versuche mir dann immer zu sagen: überleg`mal wie viel du jetzt grübelst. In den Zeiten der Krankheit hatte man sich um so viele Dinge zu kümmern, Ängste zu unterdrücken, Arbeit und gesundheitliche Überlegungen anzustellen - manchmal war mein Kopf wie leer, ich wollte manchmal auch gar nicht mehr denken, weil mir vom vielen Probleme wälzen alle Kraft fehlte. Mein Mann hat gewußt, dass ich ihm alles geben will was ich kann und er hat mir auch alles gegeben was er konnte. Und doch werden wir beide manchmal an unsere Grenzen gestoßen sein und haben dem anderen nicht alles geben können was er gebraucht hat.

Mit dem Buch von Kübler Ross - ich muss es mir erst kaufen, aber aus der kurzen Beschreibung heraus regt sich in mir der Widerspruch: Wenn diese Menschen noch länger leben müssen, bis sie "ausgelernt" haben, warum ist dann ihr langes Leben oft keine Strafe und nicht von so viel Schmerz und Leiden wie das kurze Leben unserer schnell lernenden Angehörigen? Warum gleicht ihr kurzes Leben eher einer Bestrafung und das der "Langlebigen" als lohnendes Leben?

Ich bin heute wieder total daneben und habe überhaupt keine Kraft für die nächste Arbeitswoche getankt-ich weiß nicht wie ich das auf Dauer schaffen soll!

Liebe Grüße Petra

04.04.2005, 23:30
Liebe Petra
Ich war Ostern bei meinen Eltern. Meine Schwester und mein 8jähriger Neffe waren auch da. Es war schön und gleichzeitig furchtbar. Wir haben in Familie gemacht, aber meine kleine Familie war nicht da! Ansonsten war ich nicht draussen. Ich wollte nicht.Zu Hause bringe ich auch nichts auf die Reihe. Alles will ich machen, mache aber eigendlich nichts. Für wen denn?? Für mich, denke ich dann. Aber es ist mir doch soooo egal!! Petra, eines Tages träumst Du von Deinem Schatz. Mein Thomas war auch schon bei mir. Es war so real, als ob er wirklich da war. Er hat mir gesagt, das es schön dort auf der anderen Seite ist, das es ihm gut geht. Du mußt nur Geduld haben. Übrigens, zum Buch Kübler. Das selbe hab ich auch gedacht. Verstehe ich auch nicht!
Sei umarmt( Andrea, geht es Dir gut? Gitte,Heike und Inga, euch auch?
LG Geli

05.04.2005, 16:46
Hallo Petra, hallo Geli, hallo alle Verbündeten

mir ist aufgefallen, dass wir alle eine Gemeinsamkeit in unserer Partnerschaft aufzuweisen haben: Wir alle waren mit unseren Männern glücklich und haben zufrieden gelebt. Wir haben die Zweisamkeit genossen.

Ich empfinde es sehr wohl als Strafe (wenn es überhaupt auf einen so einfachen Nenner zu bringen ist) Schaut sie euch doch mal an, die alten Grisgrame, Ist das keine Strafe, so unzufrieden durch die Welt zu laufen? Wir haben unser Glück gefunden und haben es erlebt. Wir haben begriffen, dass das ein Geschenk ist. Und wenn ich die Wahl hätte für mich und meinen Mann, dass wir mit weniger Liebe und Freude zusammenleben aber dafür 20 oder 30 gemeinsame weniger intensive und lieblosere Jahre mehr hätten, ich würde mich auf diesen Deal nicht einlassen. Ich möchte keine Sekunde unseres Glücks eintauschen gegen ein paar Momente mehr Dahinleben.
Das einzige, was ich mich frage ist, warum wir diesen Schmerz nun ertragen müssen, welche Lehre kann dieser Weg für uns bereithalten. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur - und das tröstet mich heute manchmal -dass wir oft gesagt haben: Wenn wir jetzt gehen müssten, würden wir sagen, es ist ok. Wir hatten ein schönes Leben.

Wie immer, Wirrwarr im Kopf, aber ich hoffe, ihr versteht

LG
Andrea

06.04.2005, 01:43
Eure Zeilen sprechen mir aus dem Herzen.
Meine Frau Juliane ( 27 )ist am Ostersonntag um 03:30 in meinen Armen zu Hause ganz friedlich gestorben. Seit der Diagnose Nierenkrebs sind 3 Jahre vergangen. Es war unsere intensivste u. schönste Zeit. Wir haben unsere Liebe gelebt. Wir haben nie über den Tod gesprochen, weil wir immer wußten das wir es schaffen. Heute bin ich unendlich dankbar so viel Liebe u. Glauben erfahren zu haben.
Doch die Leere ist unerträglich u. wird immer schlimmer!

Stephan

06.04.2005, 19:39
Liebe Geli,Andrea und Stephan!
Ja man kann es auch so sehen - wobei ich denke, diese Liebe ist uns nicht nur als Lohn geschenkt worden, sondern wir haben uns entschlossen so intesiv leben und lieben zu wollen und haben auch etwas dafür getan. Wir haben uns nicht in den depressiven Gedankenstrudel reißen lassen, haben uns Gedanken gemacht wie wir unseren Partnern helfen und eine Freude machen können(und umgedreht sie haben das auch getan). Für uns war es schon ein Geschenk diese fast acht Jahre, die wir zusammen leben konnten, aber es war die meiste Zeit etwas zwischen uns, wie beschrieben, erst die Sucht, dann der Krebs. Viel Zeit zum Genießen hatten wir nicht in knapp 4 Jahren-12 OP`s...

Dumm ist, dass die alten Grisgrame es nicht mal wissen, was und warum sie es verpassen. Sicher sind sie unglücklich, aber doch deswegen, weil sie meinen die böse Welt hätte sich gegen sie verschworen... Und eine solche Natur hatten wir wohl nicht, eine solche Partnerschaft wäre sowieso bei uns nicht gelaufen, dann hätten wir uns wohl getrennt anstatt zu leiden. Naja egal - für mich hinkt der Vergleich.

Ja - die Leere... ich glaube ich bin dabei eine Mauer zu bauen und verdränge, mit Arbeit und auch sonst..?! Ich will auch gar nicht mit meinen Freundinnen zusammen sein, ich denke sie verstehen mich sowieso nicht, wollen mich nur möglichst schnell "wieder aufrichten" - ich tue ihnen Unrecht - ich wüßte auch nicht was ich mit mir anfangen sollte...

Stefan - wie bist du in den letzten Stunden zurecht gekommen und was hat das mit dir gemacht? Darf ich das fragen? Oder gibts dafür ein anderes Forum? Ich weiß nicht, ich glaube ich komme gar nicht klar mit diesem Trauma.

Liebe Grüße an euch - Petra

07.04.2005, 02:07
Liebe Petra!

Zuerst möchte ich Dir von unserem Weg erzählen.
Die Ärzte hatten Juliane von Anfang an aufgegeben.
Metastasierender Nierenzellkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Sie schickten uns nach Hause u. gaben uns 6 mit viel Glück vielleicht 9 Monate. Heute weis ich, daß ich das damals gar nicht richtig wahrgenommen oder vieleicht verdrängt habe. Nach 2 OP`s u. einer qualvollen ambulanten Imun-Chemotherapie gaben die Ärzte uns endgültig auf und boten uns noch eine Knochenmarktransplantation an. Das wäre bei diesem Krebs noch nie gemacht worden, aber man könnte es ja versuchen. Wir sind heulend aus der Praxis u. haben noch am gleichen Tag gemeinsam u. bewußt entschieden, daß wir keine Versuchskaninchen der Ärzte mehr sein wollten.
Dieser Entscheidung folgten 2 wundervolle u. ausgefüllte gemeinsame Jahre. Wir konnten uns noch viele Wünsche erfüllen u. waren sehr glücklich. Juliane war seit dieser Zeit nie wieder im Krankenhaus. Wir hatten bis zum Schluß Pläne.
Der Tod kam dann schnell u. völlig unerwartet. 2 Tage vorher haben wir noch gemeinsam in der Sonne im Garten gesessen. Heute weiß ich, daß Juliane die letzten Tage wußte das Sie stirbt. Ich frage mich manchmal, warum habe ich das nicht gesehen. Ich hatte Hoffnung bis zum letzten Tag. Oder habe ich es nur verdrängt. Ich weiß es nicht u. wahrscheinlich ist es auch nicht so wichtig.
Vieleicht kannst Du meine Gedanken von gestern jetzt besser verstehen.
Wie geht es mir heute?
Ich war auf dem Friedhof. Die Blumen waren immer noch da u. auch noch gar nicht verwelkt. Ich habe mit Juliane gesprochen u. Ihr von meinem Leben ohne Sie erzählt. Irgendwie hatte ich dabei das Gefühl, daß Sie nicht da unten liegt.
Danach habe ich den ganzen Nachmittag mit Julianes kleiner Schwester Johanna(7) verbracht. Sie war immer unser Sonnenschein, eigene Kinder blieben leider ein Traum der nicht mehr in Erfüllung ging. Johanna kann über Julianes Tod noch gar nicht sprechen. Das Zusammensein mit Ihr gibt mir viel Kraft u. vorallem eine Aufgabe für die es sich lohnt zu leben. Irgendwie habe ich gespürt, daß Juliane in uns weiterlebt.
Ich glaube es geht mir besser als gestern. Ich weiß das mich der Schmerz noch lange begleiten wird. Wir müssen Ihn als Teil von uns akzeptieren u. zulassen.Ich hoffe das ich auf dem richtigen Weg bin u. mir nicht nur etwas einrede.
Liebe Petra, danke für Deine Fragen. Ich würde mich freuen Dir irgendwie helfen zu können.

Stephan

07.04.2005, 08:39
Hallo Stepan,

mich haben deine Zeilen tief bewegt, kamen die Erinnerungen wieder hoch. Claus hatte auch ein metastierendes Nierenzellcarzinom, uns blieben jedoch ab Diagnose nur noch 8 Monate. Ich kann noch heute nicht an den Onkologen denken, ohne dass sich mir der Magen rumdreht. Er war ein selbstgefälliges A..., dem wir angemerkt haben, dass er an uns wohl nicht viel verdienen wird und sich dementsprechend wenig engagierte. Als mein Mann sehr geschwächt nach der ICT zur Nachuntersuchung bei ihm war, gab er uns den "guten" Rat, an den Flughafen zu fahren und last - minute in die Sonne zu fliegen. Ein Schlag ins Gesicht. Mein Mann konnte sich kaum auf den Beinen halten, wir fühlten uns regelrecht auf den Arm genommen.
Aber wir hatten in unserem Hausarzt einen guten Freund, der unsere Entscheidungen mittrug. Wie wichtig er in den letzten Monaten war, kann ich eigentlich erst jetzt wirklich erkennen. Ohne ihn, ohne seinen Einsatz ohne die Risikobereitschaft und seine Präsenz im Notfall, wäre Claus wieder ins Krankenhaus gekommen - und dort hätte er sterben müssen. Dass sein Wunsch, zu Hause bleiben zu können erfüllt werden konnte, verdanken wir diesem wunderbaren Menschen, diesem Arzt, von dessen Sorte es leider viel zu wenige gibt.

Trotz des schlechten Zustandes meines Mannes, habe ich nicht geglaubt, dass er sterben würde, ich dachte bis zuletzt, irgendwie schaffen wir es. Und dann haben wir den Kampf verloren am letzten Schultag, die Kinder und ich zu Hause, bei ihm. Und seither? Wechsel zwischen Erstarren,Betäubung, Verdrängung, Erkennen, unendlicher Sehnsucht, Zusammenbrüchen, wieder aufrappeln und weitergehen. Die ganze Palette der Trauer, sie erwischt mich seit einem halben Jahr immer in unterschiedlicher Heftigkeit. Das einzige, was mir wirklich hilft, ist das Bewusstsein, dass ich ihr begegnen durfte, bereits mit 16 Jahren, der großen Liebe meines Lebens und das erfüllt mein Herz mit einer gewissen Zufriedenheit, denn leider ist dies nicht jedem vergönnt.

Ich wünsche uns allen Kraft und einen erträglichen Tag.

Liebe Grüße
Andrea

21.04.2005, 21:05
Hallo alle miteinander,
wenn ich mal ganz ehrlich sein darf, wenn ich mir so die Geschichten durchlese wird alles noch schlimmer, jetzt macht mich
nicht nur mein eigentliches Schicksal traurig sondern auch das der anderen.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, was ich auch mit meinem verstorbenem Mann besprochen habe, etwas zu bewirken, gerade im Bereich Hilfe für junge Angehörige, wir fanden nämlich das es da ein deutliches Defizit gibt, uns hätte es sicherlich geholfen andere "junge Betroffene" zu treffen/uns auszutausachen.
Nun bin ich nicht sicher ob ich dazu überhaupt in der Lage bin ohne daran zu zerbrechen, ich habe schließlich noch eine 7monate
alte Tochter(mein einziger Sonnenschein, weil er in ihr weiterlebt) für die ich da sein muß

22.04.2005, 21:39
Hallo alle zusammen!
Wollte eigentlich schon öfter mal wieder schreiben, aber ehrlich gesagt bin ich so leer und kaputt, fast denke ich "gefühllos". Damit funktioniert man zwar für seine Umwelt recht gut, aber ich weiß gar nicht wer ich bin, ich fühle kaum etwas, mir ist vieles egal. Meine Töchter sind wohl die einzigen, die diesen Panzer noch durchbrechen können. Ich weiß auch überhaupt nicht wie ich mich fühlen soll - es scheint alles doch immer wieer kaputt zu gehen. Wir haben uns so geliebt und das war`s jetzt?!

Geli-wie geht es dir?

Inga - ich weiß nicht wann du deinen Mann verloren hast, aber vielleicht ist es zu früh, dein eigener Schmerz und die Erschöpfung zu gegenwärtig um schon wieder an andere zu denken. Sicher wird es in ein paar Wochen oder Monaten auch noch nicht zu spät sein, wenn du das dann noch möchtest. Sicher hilft es, wenn man für andere ein trost ist, aber vielleicht sind die Kraftreserven vorerst ausgeschöpftund du mußt sie erst auffüllen(lassen?)?

Ich habe mir ein Fahrrad gekauft, in der Hoffnung etwas für meine Figur und meine Seele zu tun. Nun muß ich nur noch fahren...! Naja - ihr merkt schon so richtig was Gescheites habe ich heute wieder nicht zu sagen - tja wo nicht ist...!
Ich wünsche euch eine erholsame Nacht!
Gruß Petra (2)