PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Atemnot? Woher?


10.04.2005, 19:17
Hallo,

ich bin nicht selbst betroffen sondern eine Angehörige... und da hier so viele Menschen so unglaublich viel über die Krankheit Krebs wissen, traue ich mich jetzt einfach mal, eine Frage zu stellen. Denn ich bin ziemlich verzweifelt!

Meine Mutter (53 Jahre) hatte vor ca. 9 Jahren das erste Mal Brustkrebs. Leider kann ich die ganzen Diagnosen nicht so professionell ausdrücken... Ihr wurde die Brust entfernt und nach einigen Jahren wieder aus der Rückenmuskulatur aufgebaut. Der Krebs hatte noch nicht gestreut, aber es waren schon Krebszellen im Blut.
Dann kam an der aufgebauten Brust 4 Jahre nach der Ersterkrankung eine Metastase zurück, die ohne Abnahme der Brust operiert werden konnte. 2 Jahre danach dann das erste Mal Kurzatmigkeit -> Wasser in der Lunge -> Pleuraerguss.
Ein halbes Jahr später: Das gleiche am anderen Lungenflügel.
Nochmal ein Jahr darauf: Ein handballgroßer Tumor im Bauch, um den Darm herum. Das war für uns der größte Schock, diesmal dachten wir, jetzt ist es vorbei. Es folgte eine Lungenembolie (wieder heftige Atemnot und Erstickungsanfälle!), meine Mutter konnte gerettet werden.
Die Dauer-Chemos schlugen sehr gut an und sie berappelte sich wieder sehr gut. Wir vergaßen fast, dass sie krank ist. Der Tumor war nur noch so groß wie ein Ei und sie hatte eine gute Lebensqualität.

Jetzt vor einem Monat der Schock! Sie magerte plötzlich rapide ab und bekam wieder Atemnot. War total schwach.
Dramatische Verschlechterung des Befunds im Bauchraum, evtl. Knochenmetastasen, Aszites. Sie wurde punktiert, doch die Atemnot wurde nicht viel besser.
Vor wenigen Tagen musste sie wieder ins Krankenhaus. Hängt am Sauerstoff, ohne geht es zur Zeit nicht. Doch sie finden kein Wasser im Bauch, keins in der Lunge. An der Lunge ist alles ok. Jetzt hat sie Bluttransfusionen bekommen, weil es hieß, daher kommt die Atemnot (zuwenig Blut).
Doch bisher keine Verbesserung.

Für mich ist der Gedanke, dass sie permanent mit dem Atmen kämpft, total schlimm. Das ist eine Horrorvorstellung!! Ich verstehe nicht, wieso die Ärzte da nichts finden können.
Sie können nichts machen und dann muss sie sicher bald wieder aus dem Krankenhaus raus, doch wie soll das funktionieren?

Hat jemand eine Idee, was da los ist?
Für mich und meinen Vater als Laien ist das alles so schwer zu verstehen. Meine Mutter kennt sich mit der Krankheit perfekt aus, aber sie sagt uns auch nicht immer alles... und zur Zeit hat sie sowieso keine Kraft...

Vielen Dank für eine Antwort!
Grüße von einer sehr traurigen Tochter
Maryleen

Tanja L.
10.04.2005, 19:43
Hallo Maryleen

Ich bin keine Ärztin...kann dir also keinen Rat geben oder dir sagen, was das sein könnte.
Zwischen deinen Zeilen lese ich aber Verzweiflung...und das tut mir sehr leid.
Ich habe diesen Thread kopiert und ihn an Dr. Ralf Nowak, unseren Gyn-Doc geschickt.
Bitte hab ein wenig Geduld, ich weiß nicht, ob er sofort antworten wird...
Kann sein, daß er Dienst hat oder eben wegen dem WE nicht online ist.

Sende dir ganz liebe Grüße

Tanja L.

10.04.2005, 19:44
Liebe Maryleen!
Es tut mir sehr, sehr leid, dass es Deiner Mutti so schlecht geht. Dass Du wegen allem sehr traurig bist, kann ich sehr gut verstehen. Aber es ist auch schön, dass Deine Mutti eine so fürsorgliche Tochter hat!!!
Deine Fragen kann ich Dir leider nicht beantworten. Aber ich habe Dir mal den Thread "Fragen an Dr. NowakWnach oben geschubst. Vielleicht kann er Dir ja helfen.
Ganz liebe Grüße
Biggi

10.04.2005, 19:47
Liebe Maryleen!
Mein Beitrag und der von Tanja müssen sich irgendwie gekreuzt haben. Nun hat ja Tanja schon das in die Wege geleitet, was ich Dir vorgeschlagen habe. Naja, doppelt hält besser!!!

Alles Gute und baldige Hilfe
wünscht Euch Biggi

Tanja L.
10.04.2005, 21:16
Hallo Biggi

Seh ich genau so http://www.cosgan.de/images/smilie/froehlich/a020.gif

Wie geschrieben...kann sein, daß es ein Weilchen dauert...

Liebe Grüße

Tanja L.

11.04.2005, 00:18
Hallo Maryleen,
das tut mir sehr leid für Deine Mutter. Ich kann mir gut vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man hilflos dabei steht und nichts machen kann.

Mir fällt auch nicht allzu viel ein, was ursächlich für die Atemnot sein könnte.
Ich gehe mal davon aus, daß man die entsprechenden Untersuchungen gemacht hat, wenn man kein Wasser gefunden hat.

Im Grunde denke ich bei Atemnot außer an die üblichen Komplikationen noch an Lunge, Leber, Herz und Blut/Gerinnung.

Ist denn mit dem Herzen alles in Ordnung?

Ferner wären Medikamente eine Möglichkeit. Hier entweder eine Reaktion, also eine Unverträglichkeit auf einen einzelnen Stoff - oder womöglich eine Interaktion.

So hat man bei Zytostatika häufig längeranhaltende Nebenwirkungen. Wenn Cisplatin z. B. mit dem Zytostatikum Bleomyzin kombiniert wird, können die Nieren versagen oder Atemnot auftreten, weil Bleomyzin langsamer abgebaut wird.

Atemnot kann auch bei Anämien und Eisenmangel auftreten, das führt dann bei körperlicher Anstrengung zu Atemnot und zu einem Herzrasen u. erhöhter Pulsfrequenz.
Ich habe aber noch nie gehört, daß man dann beatmet werden muß.

Tut mir wirklich leid, daß mir auch nicht mehr dazu einfällt, man müßte einfach noch mehr Details wissen, aber selbst dann wäre es ein Raten.

Alles Gute für Euch, Claudi

11.04.2005, 19:34
Hallo,
danke für die schnellen Antworten.

Die Situation hat sich nochmal drastisch verschlimmert. Wir wurden heute ins Krankenhaus gerufen und es heißt, dass man nichts mehr tun kann... Es kann sich noch um Stunden handeln oder auch um Tage...

Scheinbar wurde uns am Wochenende nicht alles gesagt oder aber es kam erst heute raus: Die Atemnot kommt wohl vom Herzen, d.h. sie hat Wasser in der Herzkammer und das drückt irgendwie auf die Lunge (???) und staut diese.
Punktiert werden kann sie nicht mehr. Dazu ist sie zu schwach.
Eine Chemo ist in diesem Zustand scheinbar auch nicht möglich. Es ist alles eine riesengroße Katastrophe.
Uns gehts allen völlig beschissen. Ich bin gerade ziemlich versteinert, deswegen kann ich das so nüchtern aufschreiben.

Wie geht das nun weiter?
Sie hängt am Sauerstoff. Mittlerweile auf Stufe 10. Sie kämpft mit jedem Atemzug. Das ist so furchtbar!!! Wieso muss das ein Mensch ertragen???

Die Ärzte sagen, das wird alles bald schlimmer und dann kann man irgendwann den Sauerstoff nicht höher drehen und dann werden sie ihr Medikamente zur Beruhigung verabreichen. Dann ist sie nicht mehr ansprechbar.

Meine Mutter hat das aber in dieser Deutlichkeit nicht gesagt bekommen. Sie hofft immer noch darauf, dass ihr die Bluttransfusionen helfen können. Wir (mein Bruder und ich) waren heute kurz bei ihr. Aber sie soll nicht wissen, dass es schon so schlimm steht. Bzw. es soll ihr schonend beigebracht werden.

Wir sind fix und fertig.
Einen lieben Menschen so leiden zu sehen, das bringt uns an den Rand der Verzweiflung.

Lieben Gruß
maryleen

11.04.2005, 21:29
Liebe Maryleen,
Ich denke, das ist wirklich ein sehr fortgeschrittenes Stadium, und es wäre wohl an der Zeit,den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Deine Mutter wird über kurz oder lang sterben, und ich hoffe, dass sie leicht sterben kann.
Ich selber habe vor 17 Jahren meinen Ehemann am Krebs verloren, und ich weiss, wie schlimm es ist, einen geliebten Menschen sterben zu sehen.
Am meisten tut es mir heute leid, dass ich ihm nicht die Sorge um uns (mich und 2 kleine Söhne) nehmen konnte,wir haben einfach nicht über die Möglichkeit des Sterbens gesprochen, obwohl es zu sehen war, dass es nicht gut ausgehen wird.
Er hat sich schuldig gefühlt,dass er gehen musste,das hat er mir eine Stunde vor seinem letzten Atemzug gesagt.
Also, frag Deine Mutter, was sie will.
Müssen Therapien denn wirklich bis zum Ende ausgereizt werden?
Vielleicht will sie ja jetzt darüber reden,was sie bedrückt,die Sorge um die Familie, dass alles auseinanderfällt, wenn sie nicht mehr ist.
Vielleicht will sie über ihre Angst vor dem sterben(als Vorgang) sprechen, Angst vor Schmerzen,Angst vor dieser erbärmlichen Luftnot.
Sprecht unbedingt mit den behandelnden Ärzten wegen einer ausreichenden Schmerzmedikation, auch wenn das bedeutet, das möglicherweise Opiate eingesetzt werden.
Setzt euch an ihr Bett, lasst sie nicht mehr alleine,es muss immer jemand da sein.
Was ihr jetzt versäumt, könnt ihr nie wieder gutmachen.
Sie muss ohne Angst loslassen können.
Sagt ihr, dass sie gehen kann, sie soll aufhören zu kämpfen.
Sprecht mit ihr, sagt dass ihr sie liebt, und dass sie sich keine Sorgen machen soll.
Weine, wenn Du weinen musst.
Lasst euch nicht nach Hause schicken, bleibt da.
Wenn Du arbeiten müsstest, nehme Urlaubstage oder lass dich krankschreiben.
Ich fühle mit euch,bin traurig.

Lieben Gruss aus Gelsenkirchen
moni

12.04.2005, 13:36
Liebe Moni,

Du hast recht - es ist alles ganz furchtbar und wir wissen eigentlich, dass sie bald sterben wird. Wir wissen: Es kann noch ein paar Stunden oder noch ein paar Tage gehen.
Wir wissen auch, dass sie "ruhig gestellt" wird, wenn es soweit kommt, dass sie nicht mehr genug Luft bekommt. Sie wird es nicht mitkriegen, wenn es soweit ist.
Meine Freundin sprach davon, dass es zu einem Multi-Organversagen kommen wird, man weiß nicht, was zuerst versagen wird. Das Herz? Die Lunge?

Es wird auch nicht mehr über eine Therapie gesprochen. Die Ärzte sagen, dass sie nichts mehr tun werden, denn alles, was sie tun, verlängert ihr Leiden nur unnötig.
Nur: Meine Mutter kämpft. Sie kämpft schon 9 Jahre lang und will auch jetzt nicht aufgeben.
Sie weiß auch nicht, dass die Ärzte nichts mehr machen werden. Dass sie sterben muss. Vielleicht fühlt sie es.
Wir können ihr das einfach nicht sagen, dass sie sterben muss. Sie sagt immer wieder: "Ich werde wieder heimkommen, dass Ihr es nur wisst!!! Ich gebe nicht auf". Da kann man einfach nicht sagen: "Nein" und sie aufklären.
Mein Vater hat sie nun ein bisschen wenigstens aufgeklärt. Sie weiß nun, dass ihr Zustand so schlecht ist, dass jederzeit etwas passieren kann. Daher finden jetzt allererste sehr behutsame Gespräche über das "Danach" statt. Aber sie weigert sich, das anzunehmen.

Es ist eine schwierige Situation.
Wir lassen sie nicht alleine.
Wir sind alle fix und fertig. Schwanken zwischen Versteinerung, Entsetzen und allem möglichen negativen.
Gruß
Maryleen

12.04.2005, 16:32
Liebe Maryleen
ich denke an Dich.
Wenn Du mal mit mir reden willst, schick mir eine Email mit Deiner EmailAdresse, damit ich Dir meine Telefonnummer geben kann.
Meine Kinder sind 21 und 25 Jahre,ich denke mal, in diesem Alter wirst Du ungefähr auch sein.

einen lieben Gruss aus Gelsenkirchen
moni

12.04.2005, 16:43
Hallo Maryleen,

vielleicht wäre es aber auch ein Weg, deine Mutter in diesem positiven Glauben zu lassen! Warum soll sie sich so wie du auch Sorgen machen und innerlich zusammenfallen? So ist sie guter Dinge und hat positive Gefühle.

Ich weiß es auch nicht, aber vielleicht kannst du ja mal drüber nachdenken..

Alles Gute
Angelika

12.04.2005, 17:31
Liebe Moni, liebe Angelika,

vielen Dank für Eure Antworten.
Zur Zeit bin ich täglich mit meinem Bruder und seiner Freundin zusammen, wir stehen uns alle gegenseitig bei.
Aber vielen Dank, liebe Moni, für Dein Angebot.

Danke auch Angelika für Deine Worte.
Ich habe gerade mit meinem Bruder und seiner Freundin gesprochen, wir sind der gleichen Meinung. Wir möchten sie gerne in diesem Glauben lassen. Wir können einem Menschen, der kämpfen möchte und positiv denkt, das nicht nehmen.
Wenn sie selbst bald darüber anders denken sollte und darüber zu sprechen beginnt, sind wir natürlich offen.

Es ist so unglaublich schwierig, das alles zu meistern.
Wir müssen jetzt alle zusammen halten.

Liebe Grüße
maryleen

13.04.2005, 01:58
Hallo, bei meiner Frau sieht es ganz ähnlich aus ich habe aus Zeitgründen nicht alle Antworten durchgelesen, aber bei ihr wird davon ausgegangen, dass die Lympfbahnen in der Lunge befallen sind. Meine Frau hängt ebenfalls am Sauerstoff, der Konzentrator hier zuhause schafft aber nur 5 lit/min, manchmal, wenn sie starke Hustenanfalle hat oder sich anstrengt reicht das nicht mehr aus. Dann wechsle ich vorübergehend auf Flaschensauerstoff, aber die Flaschen würden nicht den ganzen Tag reichen dann müßte sie womöglich doch zurück ins Krankenhaus. Auch wir haben alles Notwendige für den Notfall geregelt. Alles Gute winfried

13.04.2005, 12:51
Hallo Winfried,

das tut mir leid zu lesen!
Ich wünsche Euch beiden alles erdenklich Gute und viel Kraft!

Ich hadere sehr mit der Situation meiner Mutter.
Ich finde diese Atemnot einfach nur furchtbar und kann nicht verstehen, warum ein Gott, wenn es einen gibt, einen krebskranken Menschen auf diese Art und Weise sterben lässt.
Meine Mutter hat 9 Jahre Krebserkrankung hinter sich und nach der Ersterkrankung 5 Rückfälle. Sie hat wirklich schon genug mitgemacht. Das mindeste, was sie verdient, ist ein ruhiges Sterben, wenn man das mal so formulieren kann.
Dass Krebs im Endstadium sicherlich nicht ohne Schmerzen abgeht, ist mir klar. Und dass Sterben immer schlimm ist, auch. Aber die Art und Weise, wie sie jetzt leiden muss... mit dem ganzen Atmen... was muss ein Mensch für Angst haben, der kaum Luft kriegt und sieht, wie der Sauerstoff täglich höher eingestellt werden muss???
Das geht wirklich über meine Kräfte!! Ich bin so sauer auf XXXX ???? auf die ganze Welt. Das ist nicht fair!!

Eine Frage zu der Menge des Sauerstoffs.
Im Krankenhaus hängt meine Mutter auch am Sauerstoff und bei ihr steht der Zeiger mittlerweile auf 11 (im Ruhezustand).
Sind das dann 11 Liter pro min.? Ich kenne mich mit der Skala nicht aus, ich hab nur gesehen, dass sie bis 15 geht.

Alles Gute!
Maryleen

13.04.2005, 19:32
Hallo!!

Heute Mittag erwartete uns eine sehr schöne Überraschung im Krankenhaus. Meiner Mutter geht es deutlich besser.
Sie hat einen Zentralvenenkatheter gelegt bekommen und die Sauerstoffmaske wurde durch 2 Schläuche, die in die Nase führen, ersetzt.
Somit kann sie wieder sprechen und besser mal zwischendurch was trinken usw. und auf einmal braucht sie auch nur noch 4 lit/min und nicht mehr wie noch gestern und heute morgen 12.
Sie muss nun nicht mehr gepiekst werden sondern kriegt alles über den ZVK. Das ist alles eine sehr große Erleichterung.

Wir durfen sie auch besuchen, Gott sei Dank, und sie sah so viel besser aus als am Montag. Sie hatte auch Farbe im Gesicht und nimmt wieder Anteil an ihrem Umfeld, da sie sich nicht mehr dauernd nur aufs Atmen und das Überleben konzentrieren muss.
Toll!
Wir waren alle sehr erleichtert.
Unsere Gebete wurden wohl erhört...!

Ich kann keinem sagen, wie froh ich bin, dass sie nun deutlich leichter atmen kann.
Meine Mutter ist so eine Kämpfernatur! Ich habe ihr keine paar Stunden mehr gegeben und hielt alles für möglich... und jetzt ist es Gott sei Dank wieder besser!

Nun sehen wir, wie es sich weiterentwickelt, aber wir sind für jeden positiven Tag sehr dankbar.

Liebe Grüße
maryleen

20.04.2005, 17:21
Hallo,

wir waren für diese Verbesserung sehr dankbar.
Leider hat sich dann der Allgemeinzustand meiner Mutter wieder ganz plötzlich verschlechtert.
Es ist unglaublich, wie rasend schnell das dann alles geht.
Wir wussten ja - Krebs im Endstadium. Daran ist nichts mehr zu rütteln. Die Ärzte tun nichts mehr, weil alle Behandlung das Leid nur noch unnötig verlängern würde.

Man kann das aber nicht verstehen und nicht wahrhaben. Es ging die letzten Tage nun rapide bergab. Sie aß und trank nichts mehr, wurde nur über den ZVK ernährt. Sie musste dauernd brechen. Irgendwann konnte sie kaum noch reden. Und schlief ganz viel und tief und kam kaum noch zu sich... phantasierte... Mein Vater ist rund um die Uhr bei ihr.
Gestern war es dann soweit: Sie hat nochmal all ihre Kraft zusammengenommen und sich von uns Kindern (mir und meinem Bruder) verabschiedet. Sie brachte noch ein paar Sätze hervor und dann umarmte und küsste sie uns zum Schluss. Dann fing sie an zu weinen. Wir natürlich auch und mein Vater auch.
Es war sehr schlimm.
Aber es war ein bewegender Moment, und sehr sehr wertvoll. Irgendwann werden wir vielleicht sehr positiv darauf zurückblicken.

Seit gestern Abend bekommt sie Morphin in geringer Dosis, um die Atmung zu verlangsamen. Denn der Sauerstoff musste die letzten Tage wieder stetig höher gestellt werden. Sie hatte das Gefühl, als drücke ihr jemand den Brustkorb zusammen.
Durch das Morphin ist sie nun ruhiger. Aber sie kämpft noch immer gegen ihren sterbenden Körper. Sie gibt bis zum Schluss nicht auf, registriert erst seit gestern, dass sie es nicht schaffen kann.
Durch das Morphin ist sie nicht mehr wirklich bei Bewusstschein. Schon ohne das Medikament war sie nur noch wenige Minuten am Tag wirklich in unserer Welt - den Rest war sie schon woanders... wo immer das auch ist...

Wir sind in einem psychischen Ausnahmezustand. Ich musste das jetzt mal aufschreiben. Ich weiß nicht, in welches Forum ich damit soll. BK war die Primärerkrankung und hier hab ich vor 2 Wochen auch geschrieben, als ich noch Fragen zur Diagnose usw. hatte.
Angehörigenforum?
Irgendwie fehlt ein Forum für die letzte Phase des Lebens... denn ins Hinterbliebenenforum will ich irgendwie noch nicht.

Wir sind alle neben der Spur. Mein Vater, mein Bruder und ich. Die restliche Familie ebenfalls. Es ist so furchtbar!
Doch zur Zeit kann ich nichts fühlen. Ich bin innerlich wie tot. Kann nicht weinen, kann nicht denken, betrachte das alles wie eine Außenstehende. Außer, wenn ich sie gerade gesehen habe oder meinen Vater, wie er ständig kurz vorm Weinen ist.
Mein Körper revoltiert, mir ist schlecht, kalt, ich zittere dauernd. Doch meine Seele ist irgendwie leer.

Grüße an alle
macht jemand was ähnliches durch?
maryleen

20.04.2005, 19:46
Hallo Maryleen,

Du schreibst, es ist furchtbar. Vielleicht gelänge es Dir, das Sterben hier als die Geburt in die andere Welt zu sehen? Vielleicht könntest Du dann das Schöne an dem Geschehen entdecken?

Denn das, was Du beschreibst, habe ich mit Ehrfurcht und mit dem Bewusstsein, dass sich etwas Bewegendes und Bedeutsames zuträgt, gelesen.

Liebe Grüße,
TP

21.04.2005, 11:07
Liebe/r TP,

ja, darüber mache ich mir zur Zeit auch viel Gedanken.
Ich glaube, sie ist schon mit ihrer Seele woanders, wie auch immer dieses "woanders" aussieht. Aber es muss einfach etwas geben.

Und wir trauern hier vielleicht und haben große Angst um sie und vor dem Sterben, aber vielleicht ist es "danach" für sie viel viel besser als auf dieser furchtbaren Welt mit dieser furchtbaren Krankheit.

Mittlerweile wünsche ich ihr einfach nur noch, dass sie sanft übergeht und diese Welt hier verlassen kann.
Bisher quält sie sich hier noch sehr.

Liebe Grüße
maryleen

22.04.2005, 09:20
Hallo Maryleen,
habe mir hier alles durchgelesen und auch geweint.Ihr seid alle sehr tapfer.Denn auch ich habe (wenn man es so sagen kann)das lange Sterben von 3 Familienangehörige miterlebt.Ich bin selber BK erkrankt.
Ich wünsche euch viel Kraft.Auch für die Zeit danach.
Liebe Grüße Elke

22.04.2005, 13:33
Hallo Maryleen,
ich habe mit tiefer Betroffenheit deinen Thread gelesen, vor 7 Wochen ist meine Lebensgefährtin an BK gestorben. Unser Kampf gegen den Krebs dauerte drei Jahre.
Wie bei deiner Mutter hatte sich bei meiner Freundin Lymphwasser, hinter der Lunge, gesammelt, dieses verursachte in den letzten Tagen eine extreme Atemnot. In den letzten drei Tage bevor sie starb wurde ihr noch ca. 3,5 Liter Laymphwasser per Punktion entnommen. Danach hatte sich ihr Zustand rapide verschlechtert. Die Schmerzen konnten meiner Freundin nur noch mit einer starken Morphiumdosis genommen werden.
Das einzige was mich tröstet war das meine Freundin nicht lange leiden musste, sie starb sechs Stunden nach der Morphiumzugabe.
Ich wünsche deiner Mutter das sie sanft und ohnen Schmerzen gehen kann und euch die Kraft den Verlust zu ertragen.
Liebe Grüße
Alex

22.04.2005, 22:34
Hallo!!

Vielen vielen Dank für die Antworten!
Ich würde so gerne noch näher drauf eingehen und meine Gedanken schreiben, aber mir fehlt die Kraft.

Meine Mutter ist gestern mittag für immer eingeschlafen... und es war friedlich, sie hörte einfach auf zu atmen und ließ los.
Es passierte also 1,5 Tage nach der ersten Morphiumdosis und sie hat keine Schmerzen gehabt, soweit wir das beurteilen können.
Und ich bin sehr dankbar für den Abschied, den sie uns noch vor der ersten Gabe von Morphin schenkte.

Nun sind wir alle in einem dichten Nebel des Nicht Begreifens gefangen und nur ab und zu setzt das Begreifen ein, nur kurz, dann fließen sofort die Tränen und es kommt eine Panik hoch, doch dann verschwinden wir wieder im Nebel.
Alles sehr unwirklich.

Ich bin froh, dass Ihr Leiden ein Ende hat.
Aber ich verstehe es gar nicht, dass sie nicht mehr da ist. Ich glaube, mein Verstand hat das noch gar nicht wahrgenommen.
Wir organisieren und organisieren und halten uns daran nun fest... muss ja so viel getan werden nun und ich möchte die Trauerfeier und das ganze drumherum so schön als möglich machen und unterstütz meinen Vater bei jedem Gang und überhaupt bei allem, zusammen mit meinem Bruder.

Das Loch kommt wohl danach.
Liebe grüße
maryleen


@Alex
Mein herzliches Beileid!!!
Das hört sich wirklich sehr ähnlich an... ich hoffe, es geht Dir täglich ein bisschen besser!!

@Elke
Danke für Deine Worte.
Ich wünsche Dir viel viel Kraft, gegen die Krankheit zu kämpfen und alles alles Gute! Jeder Fall ist anders und meine Mutter hat durch Kampf wirklich so viel noch erleben können und in vielen Fällen kann der Krebs ganz besiegt werden!! Glaube an Dich!

22.04.2005, 22:44
Liebe Maryleen,
ich möchte Euch auf diesem Wege mein tiefstes Mitgefühl aussprechen.
Es ist immer furchtbar wenn jemand diese Welt verlässt.
Aber ich bin sicher,das Eure Mutter jetzt in einer Welt lebt,wo es keine Krankheit und keinen Schmerz mehr gibt. Nur noch Frieden.
Ich umarme Euch ganz fest und wünsche Euch allen ganz viel Kraft
Elli

Monika Rasch
22.04.2005, 22:46
Auch wenn es sich jetzt etwas platt anhört, aber Deiner Mutter tut nichts mehr weh,sie muss nicht mehr kämpfen.
Für Euch kommt eine schwere Zeit, ich weiss, das erste halbe Jahr ist das schlimmste,immer noch denkt man, gleich ruft sie an,ach,das muss ich Mama erzählen,soviele Gelegenheiten, in denen man an sie denken wird und immer wieder von der Trauer überrannt wird.
Aber sie würde wollen,dass ihr euer Leben weiterlebt,zwar trauert, aber doch mit der tiefempfundenen Liebe und Dankbarkeit ihr gegenüber weiterlebt und auch wieder lacht.
Weint , wenn ihr weinen müsst- aber lacht auch ohne schlechtes Gewissen.Es gibt sicher viele fröhliche Gedanken,wenn du an Deine Mutter denkst.
Deiner Mutter geht es gut.
Bleib tapfer, der grosse Schmerz, irgendwann ist er vorbei und bleiben tut Liebe.
Ich drück Dich mal und halt Dich fest
moni

23.04.2005, 08:41
Liebe Maryleen,
ich möchte dir und deiner Familie mein tiefes Beileid ausdrücken. Für deine Mutter war es der richtige Weg, sanft und ohne Schmerzen, einzuschlafen. Ich kann mich nur dem anschliessen was Moni geschrieben hat.

danke für deine Zeilen, es ist eine Berg und Talfahrt. Manchmal geht es so und an anderen Tagen weis ich nicht woher ich die Kraft nehmen soll den Verlust zu ertragen.

Liebe Grüße
Alex

23.04.2005, 10:32
Hallo Maryleen,

ich möchte Dir und Deiner Familie mein Beileid zum Ausdruck bringen.

Jetzt bist Du noch mit Organisatorischem beschäftigt; in ein tiefes Loch wirst Du erst Tage nach der Beerdigung fallen. Sicher hast Du jemanden, mit dem Du über Deinen Verlust sprechen kannst.

Es ist nicht um sonst, wenn man sagt, dass die Trauer ein Jahr dauert (früher hat sich das auch in der Kleiderordnung nach Außen ausgedrückt). Jeder der Hinterbliebenen findet sein Weg, wie er die verstorbene Person in dieser Zeit begleiten möchte - durch Erinnerungen, Meditationen, Gebet, auch Trennen. Erst dann kommt das Loslassen.

Maryleen, ich wünsche Dir alles Gute für die Zeit der Trauer und natürlich auch für spätere Zeit.

Liebe Grüße,
TP